Halle (Saale):Nach Impf-Affäre: Sondersitzung des Stadtrates von Halle

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Eine Statue der Justitia hält eine Waage in der Hand. (Foto: picture alliance / David Ebener/dpa/Symbolbild)

Der Stadtrat von Halle kommt am Mittwoch (16.30 Uhr) zu einer Sondersitzung zusammen. Dabei geht es im Kern um eine zeitweise Suspendierung des...

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Halle (dpa/sa) - Der Stadtrat von Halle kommt am Mittwoch (16.30 Uhr) zu einer Sondersitzung zusammen. Dabei geht es im Kern um eine zeitweise Suspendierung des Oberbürgermeisters Bernd Wiegand (parteilos). Grund ist seine vorzeitige Impfung gegen das Coronavirus. Der Stadtrat ist der Dienstherr des Oberbürgermeisters. Eine Mehrheit der Fraktionen hatte sich im Vorfeld der ursprünglich für den 15. März anberaumten Stadtratssitzung dafür ausgesprochen, Wiegand die Ausübung seiner Dienstgeschäfte zeitweise zu untersagen. Er habe wegen seiner Impfung die Öffentlichkeit und den Stadtrat belogen, hieß es zur Begründung.

Die sogenannte Impf-Affäre von Halle sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Der Stadtrat will nun hinter verschlossenen Türen über die Suspendierung Wiegands beraten. Es sei eine Personalangelegenheit und daher werde diese im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung beraten.

Der Oberbürgermeister begründete seine Impfung vom 17. Januar damit, dass der Impfstoff an jenem Tag übrig gewesen sei. Niemand anderes habe für die Impfung spontan zur Verfügung gestanden. Der Impfstoff wäre laut OB wegen der begrenzten Haltbarkeit ansonsten im Müll gelandet. Der Oberbürgermeister hatte seine Impfung erst Wochen später öffentlich gemacht. Nach der von Bund und Land festgelegten Prioritätenliste der Dringlichkeit der Impfberechtigten wäre er noch nicht an der Reihe gewesen.

Wie sich herausstellte, wurden auch mehrerer Stadträte und Mitglieder des Katastrophenstabes in Halle vorzeitig geimpft. Zudem gab es Ungereimtheiten über den zeitlichen Ablauf der Impfung von Wiegand. Das Landesverwaltungsamt hatte im Februar wegen der Impf-Affäre ein Disziplinarverfahren gegen den OB eingeleitet. Ihm wird vorgeworfen mit seiner vorzeitigen Impfung beamtenrechtliche Pflichten verletzt zu haben. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Wiegand wegen veruntreuender Unterschlagung von Impfdosen. Der 64-Jährige weist die Vorwürfe zurück. Ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten kam zu dem Schluss, dass er nicht gegen Recht und Gesetz verstoßen habe.

Der Katastrophenstab der Stadt hatte das Vorgehen um die Impfungen angesichts der angespannten Corona-Lage in der rund 240 000 Einwohner zählenden Stadt verteidigt. Einige Stadträte entschuldigten sich öffentlich für ihre vorgezogene Impfung - denn Anspruch auf eine Impfung gegen das hoch ansteckende Virus hatten zu dem Zeitpunkt vor allem Menschen in sehr hohem Lebensalter.

Unterdessen ist die Stadt im Land die Kommune, in der die meisten Menschen laut Sozialministerium bisher gegen das Coronavirus geimpft worden sind - mit rund 39 560 Erstimpfungen und 15 744 Zweitimpfungen. Dennoch hat Halle eine Sieben-Tage-Inzidenz von 199,78 (Stand: 6. April 14.25 Uhr) und gehört damit zu den deutschen Hot-Spots. Wiegand gilt als Oberbürgermeister in zweiter Amtszeit und vorheriger Dezernent als erfahrener Krisenmanager, sein Verhältnis zum Stadtrat, dem 56 Mitglieder angehören, als angespannt.

Um Wiegand zeitweise vom Dienst zu entfernen, würde eine einfache Mehrheit bei der Abstimmung in der Sondersitzung genügen. Wie das Ergebnis den Menschen mitgeteilt wird, ob der OB vorübergehend seinen Hut nehmen muss oder nicht, und wie er jeweils darauf reagieren wird, ist noch offen.

© dpa-infocom, dpa:210406-99-104299/3

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