Gesundheit:Experten-Treffen: Kampf gegen Antibiotikaresistenzen

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Berlin (dpa) - Die Vorstellung ist gruselig: Eine eigentlich harmlose Infektion wird zum großen Problem, weil herkömmliche Antibiotika nicht mehr anschlagen. Besonders in Krankenhäusern kommen sogenannte multiresistente Keime vor.

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Berlin (dpa) - Die Vorstellung ist gruselig: Eine eigentlich harmlose Infektion wird zum großen Problem, weil herkömmliche Antibiotika nicht mehr anschlagen. Besonders in Krankenhäusern kommen sogenannte multiresistente Keime vor.

„Wir sehen eine Tendenz, die sehr beunruhigend ist“, sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, bei einem von der Paul-Ehrlich-Gesellschaft und der Unimedizin Rostock ausgerichteten parlamentarischen Abend in Berlin. „Wir müssen alle Pfade beschreiten, um die Herausforderungen annehmen und bewältigen zu können.“

Erst jüngst schreckte die Nachricht auf, dass in den USA Bakterien aufgetaucht sind, die auch gegen das Notfall-Antibiotikum Colistin resistent sind. Dabei dient Colistin als „letzte Therapieoption“. Aber diese resistenten Bakterien sind auch in Deutschland bekannt. Getragen von spektakulären Fällen wie etwa dem Tod von Frühchen in Kliniken sprechen einige schon vom Post-Antibiotika-Zeitalter. Doch so weit sei es noch lange nicht, entgegnen Experten.

Für Michael Kresken von der Paul-Ehrlich-Gesellschaft ist es eines der großen Probleme, dass es seit der Einführung der Breitbandantibiotika in den 1970er Jahren keine neuartigen Substanzgruppen mehr gibt. „Viele Antibiotika werden bei banalen Erkrankungen eingesetzt. Aber wir brauchen sie bei lebensbedrohlichen Infektionen auf Intensivstationen.“ Denn dort gebe es eventuell nur einen Therapieversuch.

Deshalb ist es nach Ansicht der Experten höchst bedenklich, dass in den vergangenen 25 Jahren der Anteil der verschriebenen Reserve- und Breitband-Antibiotika dramatisch gestiegen ist. Gleichzeitig betrage die Rate der multiresistenten Stämme etwa gegen moderne Cephalosporine bereits 15 Prozent. Die Situation habe sich insgesamt verschlechtert. Aber die Datenlage sei noch unzureichend, die Zahl der Laborproben müsse dringend ausgeweitet werden.

Der Rostocker Infektiologe und Präsident der Paul-Ehrlich Gesellschaft, Emil Reisinger, sieht zwar die Tendenz, dass die Resistenzen zunehmen. Aber es gebe keinen Grund zur Panik.

Der evolutionäre Wettlauf mit den Bakterien sei nicht zu gewinnen - die Erreger passen sich in der Regel auch an neue Antibiotika mit der Zeit an. Aber: „Wir müssen lernen, die Resistenzen zu reduzieren“, sagt Reisinger.

Im internationalen Vergleich stehe Deutschland den Statistiken zufolge bei resistenten Bakterien recht gut da. Aber es müsse global gedacht werden: Der unkontrollierte Verkauf von Antibiotika vor allem in Südostasien führe dazu, dass manche der Medikamente bei nahezu 100 Prozent der Bevölkerung keine Wirkung mehr zeigen. Auch in manchen südeuropäischen Ländern gebe es die Mittel im freien Handel.

Reisingers wichtigste Botschaft: „Wir müssen den Antibiotikaverbrauch bei Mensch und Tier weltweit deutlich reduzieren.“ Grund zum Handeln sieht er insbesondere in der Tiermedizin. In Deutschland liege der Antibiotikaverbrauch in der Tiermast deutlich höher als in vielen anderen Ländern. Über Ausscheidungen und das Fleisch kommen die resistenten Bakterien zum Menschen. Das sei dann nicht mehr zu kontrollieren.

Ärzte sollten zudem strenge Regeln bei der Antibiotika-Gabe umsetzen, bei dem die Medikamente im zeitlichen Rhythmus gewechselt werden. So könne die Resistenzentwicklung reduziert werden.

Kresken von der Paul-Ehrlich-Gesellschaft nimmt auch die Krankenkassen und niedergelassenen Ärzte in die Pflicht. Er beobachte, dass nach Ablauf des Patentschutzes, wenn der Preis auf 10 bis 20 Prozent des Ursprungspreises fällt, die Verschreibungen stark ansteigen. „Die vermeintlichen Sparmaßnahmen geben den Impuls dafür, dass weitere Resistenzen entstehen“. Zudem neigten viele Patienten zur vorsichtigen Einnahme von Antibiotika: „Da werden manchmal homöopathische Dosen eingenommen“. Dabei gelte der Grundsatz: „Eher eine kurze Zeit, aber hoch einsteigen.“

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