Berlin:Irritationen um Impfstoff-Lieferung: Kalayci kritisiert Bund

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Dilek Kalayci (SPD) hält Impfdosen in den Händen. (Foto: Nils Bornemann/Senatsverwaltung für Gesundheit/dpa/Archivbild)

Für Berlin wird es entgegen anderslautenden Befürchtungen des Senats nun doch weiteren Impfstoff gegen das neue Coronavirus geben. Mit dem Impfstoff-Hersteller...

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Berlin (dpa/bb) - Für Berlin wird es entgegen anderslautenden Befürchtungen des Senats nun doch weiteren Impfstoff gegen das neue Coronavirus geben. Mit dem Impfstoff-Hersteller Biontech habe vereinbart werden können, dass die nächste Lieferung - wie ursprünglich geplant - bereits am 8. Januar erfolgen werde, teilte das Bundesgesundheitsministerium am Mittwoch mit. Danach solle die nächste Lieferung am 18. Januar kommen, ab dann vorerst wöchentlich jeweils montags.

Zuvor hatten Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) wie auch Vertreter anderer Bundesländer Kritik daran geäußert, dass eine für die erste Kalenderwoche 2021 zugesagte Lieferung ausbleiben sollte. Demnach sollte es erst am 11. Januar Nachschub geben, also in der zweiten Kalenderwoche 2021. „Das bringt uns jetzt in sehr große Schwierigkeiten, da wir aufbauend auf diese Zusagen unsere Planungen gemacht haben“, hatte Kalayci erklärt.

Die Berliner CDU sieht aber auch Versäumnisse auf Landesseite. Die Hauptstadt habe rund 60 000 Impfdosen bekommen, von denen seit Sonntag erst gut zehn Prozent verwendet worden seien, sagte Tim-Christopher Zeelen, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion, am Mittwoch. „Das wäre die dringendste Aufgabe, das, was wir vorrätig haben, unters Volk zu bringen.“

Berlin sollte laut Kalayci ursprünglich ab dem 4. Januar 29 250 weitere Impfdosen erhalten. „Die hätten wir gebraucht, um mit den über 80-Jährigen anfangen zu können. Das können wir jetzt natürlich nicht, weil diese Impfdosen fehlen“, sagte sie. Es gebe auch später keinen Ersatz dafür. Deshalb würden ab Mittwoch nun zunächst allein Menschen über 90 Jahren per Brief zu den Impfungen in den neuen Zentren eingeladen. „Wenn wir die prioritären Gruppen nicht zügig genug geimpft bekommen, ist das ein Problem“, sagte Kalayci.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bat am Mittwoch um Verständnis für teils auftretende Anlaufschwierigkeiten. Dafür könne man nur um Geduld bitten. Eine weitere Impfstoff-Lieferung sollte noch am Mittwoch erfolgen - auch mit Blick ins neue Jahr hinein.

„Wir können aber jetzt nicht Menschen einladen, die wir dann nicht zeitnah impfen können“, sagte Berlins Gesundheitssenatorin. Deshalb gingen in der Hauptstadt nun zunächst nur Einladungen an die rund 23 400 Berlinerinnen und Berliner über 90 Jahren heraus. Menschen zwischen 80 und 90 Jahren sollen diese Briefe wegen der verzögerten Impfstoff-Lieferung anders als ursprünglich geplant nun erst später bekommen. Alle Einladungen haben einen Code, mit dessen Hilfe Menschen, die sich impfen lassen möchten, über ein Callcenter einen Termin in einem Impfzentrum machen können.

Seit vergangenem Sonntag sind mobile Teams unterwegs, um mit den ersten bereits gelieferten fast 60 000 Dosen für Berlin pflegebedürftige Menschen in Heimen zu impfen, dazu gibt es Angebote für Pflege- und Klinikpersonal. Da es eine Zweifachimpfung im Abstand von mehreren Wochen ist, stehen davon aber nur fast 30 000 Dosen sofort zur Verfügung, die anderen werden für den zweiten Pieks gelagert. Nach den Zahlen des Robert Koch-Instituts von Mittwoch sind in Berlin rund 6300 Menschen als geimpft gemeldet, darunter rund 4900 Pflegeheimbewohner. Im Bundesländervergleich ist das, auch gemessen an der Bevölkerung eines Landes, ein recht guter Schnitt zum Start. Der kleinere Stadtstaat Hamburg schaffte bisher zum Beispiel insgesamt 1499 Impfungen.

Nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) als Koordinator für das Impfzentrum in der Arena in Treptow sind dort Sonntag 155, Montag 289 und am Dienstag 510 Menschen geimpft worden. Für Mittwoch waren weitere 700 geplant, sagte der ehrenamtliche Präsident Mario Czaja am Mittag. Bei genügend Impfstoff und ausreichend vielen Anmeldungen soll allein dieses Zentrum später eine Kapazität von 5000 Impfungen pro Tag haben.

Über den Jahreswechsel sollte die Arena ohnehin schließen. Am 4. Januar werde es wie geplant weitergehen, sagte Regina Kneiding, Sprecherin für das DRK-Projektbüro Impfzentren Berlin. Noch sei Impfstoff da. Hinter vorgehaltener Hand ist an anderer Stelle zu hören, dass es bei der Anmeldung von Pflegepersonal Luft nach oben gebe. Gründe für das Zögern sind nicht bekannt.

Gute Planung ist wichtig in der Pandemie. Denn ist der bei rund Minus 70 Grad gefrorene erste in Deutschland zugelassene Impfstoff erst einmal aufgetaut, muss er fachgerecht aufbereitet auch gespritzt werden - ihn wieder einzufrieren geht nicht. Deshalb müssen die Zentrenmanager auch möglichst 24 Stunden vorher wissen, wer geimpft werden möchte. Ohne Anmeldung und Terminvergabe mit Zeitfenster ist eine Massenimpfung nicht zu schaffen.

Schon in den ersten Tagen sind aber auch Menschen immunisiert worden, die nicht zu den Risikogruppen gehörten. Darunter waren zum Beispiel Helfer in den Zentren oder auch Pflegepersonal in Heimen. Denn verfallen sollen überzählige Dosen auf keinen Fall. Diese Möglichkeit solle flexibel und offen gehandhabt werden, aber die Ausnahme bleiben, sagte die Senatorin.

„Bei der knappen Impfstoffmenge möchte ich mich bei den mobilen Teams auf die Pflegebedürftigen konzentrieren, denn die sterben uns bundesweit gerade weg.“ Auch an der bundesweiten Vereinbarung, wegen der Zweifach-Impfung die Hälfte aller gelieferten Dosen zunächst zurückzulegen, wolle sie wegen ausgefallener Lieferungen nichts ändern, betonte Kalayci.

Die CDU-Fraktion sieht das Krisenmanagement dennoch kritisch. Gerade die Impfungen des Personals der Pflegeheime seien nicht gut vorbereitet worden. „Denn die Impfdosen sind jetzt da, und was nicht da ist, sind die Angestellten. Das ist ein Versäumnis der Planung“, sagte Zeelen. „Darauf zu warten, dass sich irgendwer irgendwo meldet, reicht eben nicht aus.“ Einrichtung für Einrichtung, Träger für Träger hätten viel früher informiert werden müssen, wann und wo es losgehe, sagte Zeelen.

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