Man hat sie noch im Kopf, die Auto- und Menschenschlangen in den Teststraßen und vor den Arztpraxen. Besorgte auf der Suche nach Gewissheit, ob sie denn infiziert sind mit Sars-CoV-2 oder nicht. Da ist zum einen die Hürde, überhaupt an einen Corona-Test zu kommen, zum anderen die quälende Wartezeit von mehreren Tagen, bis man das Ergebnis aus dem Labor bekommt. Vor Weihnachten wurden die Testanbieter dann schier überrannt von Menschen mit dem Wunsch nach den neu zugelassenen Corona-Schnelltests. Stäbchen in die Nase, höchstens eine halbe Stunde warten, dann weiß man Bescheid, ob man den Besuch bei der Familie doch lieber absagt und sich erst einmal in Quarantäne begibt.
Und obwohl es nicht erlaubt war, kauften sich schon damals einige Menschen diese Antigen-Schnelltests und machten das heimische Wohnzimmer zur Corona-Teststation. Seit Mittwoch gibt es die diese Einschränkung nicht mehr. Die Verordnung zur Abgabe von Medizinprodukten wurde insoweit geändert, als es jetzt für jeden möglich ist, sich einen Corona-Schnelltest zu kaufen. Was erst einmal nach einer großen Erleichterung und einem neuen Werkzeug im Kampf gegen die Pandemie klingt, ist es bei genauerem Hinsehen zumindest kurzfristig nicht. Anders als etwa in den USA gibt es nämlich in Deutschland noch gar keinen Test, der für den Heimgebrauch zugelassen ist. Es wird also noch mindestens ein paar Wochen dauern, bis es solche Jedermann-Tests auch tatsächlich zu kaufen gibt.
Zumindest gibt es erste Studien, für die sich Laien selbst testen mussten - etwa in einer Teststraße. "Das hat sehr gut funktioniert", sagt Claudia Denkinger, Infektiologin am Universitätsklinikum Heidelberg. Dennoch sei es wichtig, alle Tests vor der Zulassung für den Heimgebrauch auf ihre Benutzerfreundlichkeit hin zu untersuchen - "der Teufel steckt da oft im Detail". Denn Antigen-Tests erkennen Infizierte mit hohen Viruslasten sehr zuverlässig - also dann, wenn sie wahrscheinlich besonders ansteckend sind - allerdings sind sie der Standard-PCR-Methode, bei der ein Abstrich im Labor analysiert wird, unterlegen. Wenn sie dann nicht idiotensicher durchzuführen sind, ist das Ergebnis noch weniger aussagekräftig.
Wenn sich nun jeder selbst testet, könnte der Überblick vollkommen verloren gehen
Überhaupt stellt sich die Frage, wie man denn weitermacht, wenn die Infektionszahlen weiter sinken, man über Lockerungen von Maßnahmen nachdenkt, aber dabei eben nicht gleich wieder in die nächste Welle laufen will. "Bei den Tests sind Qualität und Geschwindigkeit entscheidend", sagt Florian Klein, Virologe an der Uni-Klinik Köln. Gerade wenn jemand hochinfektiös ist, kann der Schnelltest dazu beitragen, diese Person schnell zu isolieren, bevor sie das Virus weitergibt. "Es muss aber auch klar sein, welche Konsequenz ein Ergebnis hat." So dürfe ein negativer Schnelltest nicht zu falscher Sicherheit verleiten. Aber auch bei einem positiven Resultat müsse der Betroffene sofort wissen, wie es dann weitergeht. Experten empfehlen, jeden positiven Schnelltest per PCR zu überprüfen. Aber auch im Alltag stellen sich viele Fragen, auf die eine Teststrategie eine Antwort finden muss: Was passiert, wenn etwa ein Schnelltest in der Schule positiv ausfällt? Wen muss ich auf welchem Weg informieren, wenn mein Selbsttest zu Hause eine Infektion anzeigt?
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Seit der Zulassung der Schnelltests zeigen sich schon erste Schwierigkeiten, das gesamte Infektionsgeschehen einzuschätzen. Die Laborkapazitäten für PCR-Tests von etwa zwei Millionen pro Woche werden im Moment nur etwa zur Hälfte ausgeschöpft - was auch daran liegt, dass das Robert-Koch-Institut nur noch für Menschen mit Symptomen einen Corona-Test empfiehlt. Doch wie viele Antigen-Tests im Moment durchgeführt werden und wie hoch dort die Positivraten sind, wird derzeit nicht deutschlandweit erfasst. Es droht ein noch größerer Blindflug, wenn sich bald auch noch jeder selbst testen kann, aber niemand weiß, wie viele dieser Tests überhaupt stattfinden oder wie oft sie anschlagen.
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"Es ist auch ganz wichtig, dass diese Tests für jeden zugänglich sind, dass sie also kein Geld kosten und die Konsequenzen abgefedert werden", betont Tobias Kurth, Direktor des Instituts für Public Health an der Berliner Charité. Schon jetzt sind nur etwa in Bayern PCR-Tests für jedermann auch ohne Symptome oder Kontakt mit einem Infizierten kostenlos. Für einen Antigen-Schnelltest muss man mit etwa 40 Euro rechnen, auch die Heimtests dürften pro Testkit bei etwa 15 bis 20 Euro liegen. Diese Sicherheit muss man sich also erst einmal leisten können.