Bad Neustadt an der Saale:Bei den Verhandlungen zwischen Land und Rhön drängt die Zeit

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Christian Höftberger, CEO der RHÖN-KLINIKUM AG. (Foto: Daniel Peter/RHÖN-KLINIKUM AG/dpa/Archivbild)

Bei den Verhandlungen zwischen dem Land Hessen und dem privaten Betreiber des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) drängt die Zeit. Die neue...

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Gießen/Marburg/Wiesbaden (dpa/lhe) - Bei den Verhandlungen zwischen dem Land Hessen und dem privaten Betreiber des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) drängt die Zeit. Die neue Vereinbarung muss bis Ende Juni stehen. Es geht um hohe Millionenbeträge, aber auch um Arbeitsplätze.

Das Land Hessen hatte im Januar erklärt, die privatisierten Unikliniken mit bis zu knapp einer halben Milliarde Euro zu fördern, um die Entwicklung der Häuser abzusichern. Im Gegenzug sollte das UKGM „eine optimale Gesundheitsversorgung, die Qualität von Forschung und Lehre sowie den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und die Ausgliederung von Betriebsteilen garantieren“. Beide Seiten haben eine Absichtserklärung (Letter of Intent) unterzeichnet, die nun in eine rechtsgültige Vereinbarung überführt werden muss.

„Wir stehen uneingeschränkt zur Absichtserklärung und den dort gemachten Zusagen für die nächsten zehn Jahre“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Rhön Klinikum AG, Christian Höftberger, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Wir sind in den vergangenen Verhandlungsrunden wichtige Schritte hin zu einer Einigung gegangen“, sagte Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne).

Das Land Hessen hatte Investitionsfördermittel für das UKGM in Höhe von bis zu 45 Millionen Euro pro Jahr für einen Zeitraum von zehn Jahren in Aussicht gestellt. Rhön hatte Eigenmittelinvestitionen in Höhe von mindestens 22 Millionen Euro pro Jahr angeboten.

Außerdem will der Konzern sich verpflichten, dass alle Gewinne im Unternehmen bleiben, Erlöse also nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Auf der Hauptversammlung am Mittwoch versprach Höftberger: „Wenn wir die Anschlussvereinbarung abschließen können, verbleiben alle Gewinne des UKGM am UKGM und werden wieder investiert. Wir würden uns dann damit faktisch wie ein gemeinnütziger Betrieb verhalten, auch betriebsbedingte Kündigungen und die Ausgliederung von Abteilungen blieben dann ausgeschlossen.“

Die Verhandlungen kämen gut voran und seien sehr konstruktiv, sagte Höftberger. Die meisten strittigen Punkte seien weitgehend ausgeräumt, „aber vielleicht brauchen wir mehr Zeit“. Das Wissenschaftsministerium hält eine Einigung bis Monatsende „prinzipiell weiter für möglich“, schließt aber auch eine Fristverlängerung nicht aus. Woran es inhaltlich noch hakt, wollen beide Seiten wegen der vereinbarten Verschwiegenheit nicht verraten.

Insgesamt ist der Ton versöhnlicher als zu Beginn des Monats. Damals hatte Rhön „deutlich weitergehende Forderungen“ des Landes beklagt, die man nicht erfüllen könne - davon ist nun keine Rede mehr. Auf Unverständnis stieß auch der Vorschlag, das Papier von 2017 vorsorglich zu kündigen. Die Vereinbarung verlängert sich automatisch um ein Jahr, wenn sie nicht bis Jahresmitte gekündigt wird.

Eine Fortschreibung würde nach Darstellung Höftbergers unter anderem bedeuten, dass das UKGM „auch weiterhin nicht die gesetzlich vorgesehenen Investitionsmittel für Universitätskliniken in Deutschland erhalten würde“. Daher habe man überlegt, „das aus der Welt zu räumen, wenn man gemeinsam an einer neuen Vereinbarung arbeitet“.

Dorn findet das nach wie vor falsch: „Eine Kündigung des Zukunftspapiers würde zu einer großen Unruhe unter den Beschäftigten führen“, sagte die Ministerin. Hinzu kämen „erhebliche negative finanzielle Folgewirkungen“ für Rhön und UKGM, „etwa für die seit 2017 geschuldeten Baumaßnahmen, die dann bis 2024 fertig gestellt werden müssten“.

Sollte die avisierte neue Vereinbarung nicht zustande kommen, so Dorn, „würde die Rhön AG auf Landesmittel in Höhe von knapp einer halben Milliarde Euro verzichten, Mittel, die wir zur Verfügung stellen wollen, ohne dass wir gesetzlich dazu verpflichtet wären“.

Der Betriebsratsvorsitzende Klaus Gerber, hofft, „dass das Land eine gute Vereinbarung im Sinne der Beschäftigten erreicht“. Wenn die Gelder flössen, müssten die Konzerne auch die entsprechenden Garantien erfüllen: Alle Arbeitsplätze müssten erhalten bleiben, es dürfe keine Ausgliederungen in GmbHs geben, „das wäre eine Katastrophe“.

Die Beschäftigten seien verunsichert, sagte Gerber, es gebe aber keinen Grund zur Panik. Wer am UKGM arbeite, habe einen sicheren Arbeitsplatz, in vielen Bereichen würden sogar Mitarbeiter gesucht.

© dpa-infocom, dpa:220610-99-611597/5

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