Was in der Apotheke verkauft wird, gilt als wirksam. Deshalb haben homöopathische Arzneimittel dort nichts verloren, sagt die CDU-Bundestagsabgeordnete Mechthild Heil. "Der ausschließliche Verkauf in Apotheken erweckt den Anschein, es handle sich um wissenschaftlich anerkannte Alternativen zu Medikamenten der Schulmedizin", so die Verbraucherschutzbeauftragte ihrer Fraktion. Für die meisten dieser Präparate, so Heil, liege aber kein Wirksamkeitsnachweis vor.
Auch die SPD-Abgeordnete Sabine Dittmar vermisst diesen Nachweis. Da aber Patienten, die Homöopathika wünschen, ein medizinisches Problem haben, sollten sie über solche Mittel mit einem Apotheker sprechen, der sie dann beraten kann, sagte sie der Deutschen Apothekerzeitung. Solche Gespräche wären bei einem Verkauf der Mittel etwa in einer Drogerie aber nicht gewährleistet. Ähnlich sehen es die Abgeordneten Kordula Schulz-Asche (Grüne) und Kathrin Vogler von der Fraktion der Linken.
Drei der vier Politikerinnen sind sich in dem Punkt einig, dass die Wirksamkeit homöopathischer Mittel nicht nachgewiesen ist. Auch andere Experten aus Politik und Medizin zeigen sich immer wieder kritisch. Josef Hecken vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) hat die Politik wiederholt aufgefordert, es Krankenkassen zu verbieten, die Kosten für homöopathische Therapien und Arzneien freiwillig zu erstatten. Der Vorsitzende des Gremiums, das über die vorgeschriebene Kostenerstattung der Kassen entscheidet, hält es für "fatal", dass bei Patienten der falsche Eindruck erweckt würde, die Mittel würden wirken.
In Großbritannien plant der staatliche Gesundheitsdienst NHS, homöopathische Arzneimittel nicht mehr zu bezahlen. Und in den USA müssen die Mittel inzwischen einen Hinweis tragen: Wirksamkeit nicht wissenschaftlich belegt.
Homöopathie hilft trotzdem - aber wie?
Es ist wichtig, hier zu unterscheiden, ob von homöopathischen Arzneimitteln gesprochen wird oder von der homöopathischen Behandlung insgesamt. Letztere nämlich wirkt - an dieser Aussage lässt sich kaum zweifeln, wenn unzählige Menschen von sich selbst sagen, dass sie ihr Wohlbefinden verbessert hat. Etliche sogenannte Versorgungsstudien, bei denen Patienten befragt werden, bestätigen den Effekt. Und auch wenn alle diese Fälle nur die subjektive Wahrnehmung der Betroffenen zeigen: Irgendetwas hat sich bei ihnen getan.
Als sicher gilt, dass schon das ausführliche Gespräch mit homöopathisch behandelnden Ärzten oder Heilpraktikern positive Wirkungen hat. Außerdem dürfte häufig der Placeboeffekt wirken: Der kann sich einstellen, wenn Patienten zwar glauben, sie würden eine wirksame Therapie erhalten, es sich aber tatsächlich um eine vorgetäuschte Behandlung etwa mit Scheinmedikamenten handelt.
Diese Erkenntnisse sind für alle Mediziner von Bedeutung. In der Regel ist die Zeit, die sich Ärzte für ihre Patienten nehmen, nur knapp bemessen. Von "Kümmern" kann da zu häufig keine Rede sein.
Homöopathen sind darüber hinaus jedoch überzeugt, dass auch ihre Mittel selbst einen Effekt haben. Und sie verweisen auf eine Reihe von medizinischen Studien, die das belegen sollen.
Kritiker der Behandlungsmethode berufen sich dagegen auf Untersuchungen, die das Gegenteil aussagen. Jüngstes Beispiel ist eine Überprüfung durch den australischen National Health and Medical Research Council. Die Experten werteten etliche Übersichtsarbeiten zu insgesamt 176 Studien aus und kamen zu dem Schluss, dass es keine belastbaren Belege für eine Wirkung der Homöopathie gibt.
Aber nehmen wir trotzdem an, die Sache sei noch nicht endgültig geklärt. Was wissen wir über Homöopathika eigentlich?
Mehr bewirkt mehr. In der Homöopathie ist es umgekehrt
Die Behandlung mit Medikamenten folgt der Dosis-Wirkungs-Beziehung: Mehr wirkt mehr - das gilt auch für die Nebenwirkungen. Die Dosis macht das Gift, sagte schon Paracelsus, großes Vorbild vieler Heilpraktiker. Im Alltag spüren wir den Dosis-Wirkungs-Zusammenhang deutlich etwa beim Alkohol- oder Kaffeekonsum.
In der Homöopathie ist es mit Dosis und Wirkung umgekehrt: Die Substanz, die helfen soll, wird mit Wasser oder Alkohol verdünnt, unlösliche Stoffe werden mit Milchzucker gestreckt. Homöopathen schlagen dabei die Behälter auf eine Unterlage und sprechen von "Verschütteln", das die Wirksamkeit "potenziert". Je weniger "Ursubstanz" im Endprodukt enthalten ist, umso stärker soll sie wirken.
Auf der Homepage des Verbandes der klassischen homöopathischen Ärzte (VKHD) heißt es: "Schon mit der Potenzstufe D6 sind wir bei einer millionenfachen Verdünnung angelangt und damit bei einem Verdünnungsgrad, in welchem nur noch ganz wenige Substanzen eine unmittelbare biochemische Wirkung aufzeigen. Und schon ab C12 / D23 kommen wir in einen Bereich, in welchem materielle Arzneiwirkungen noch nicht einmal theoretisch in Betracht gezogen werden können."
Eine gängige Verdünnung ist auch C200. Das bedeutet, ein Tropfen der Urtinktur wird im Verhältnis 1:100 mit Wasser oder Alkohol verdünnt - und das zweihundert Mal. Bei dieser Verdünnung müssten auf einen Tropfen der Ursubstanz also 10 hoch 400 Tropfen Lösungsmittel kommen. So viel Materie existiert allerdings in unserem Universum gar nicht. Schätzungen zufolge enthält es überhaupt "nur" etwa 10 hoch 80 Atome. Und dementsprechend weniger Moleküle und damit noch weniger Lösungsmitteltropfen. Das heißt: Es ist gar nicht möglich, eine C200-Verdünnung herzustellen.
Die extremen Verdünnungen, die die Homöopathen anfertigen, erlauben es ihnen, auch Dreck, Kot, Gift, Metalle oder zerriebene Bienen zu verwenden - was sie tatsächlich tun -, ohne dass ihre Patienten Schaden nehmen.
Manchmal wird nicht ganz so stark verdünnt, in einigen Mitteln sind noch Moleküle der "Ursubstanz" vorhanden und können auf den Körper wirken. Außerdem werden für einige Arzneien verschiedene Ausgangssubstanzen gemischt (Komplexmittel) - obwohl der "Vater" der Homöopathie, Samuel Hahnemann (1755 bis 1843), dies abgelehnt hat.