Wolfgang Kubicki:Steuerberater für Vaduz

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Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki zieht in Vaduz die Strippen. Er schlägt eine Amnestie für Treuhänder in Liechtenstein vor - und berät selbst die dortige Regierung.

Hans Leyendecker

Im Bundestag und in den Länderparlamenten gibt es Hunderte Anwälte, aber kaum einer der Spitzenpolitiker übt den erlernten Beruf so intensiv aus wie Wolfgang Kubicki, der FDP-Fraktionsvorsitzende im Kieler Landtag. Die Nation lernte den Juristen vor ein paar Jahren als sehr ausgebufften Verteidiger im Prozess gegen frühere VW-Manager kennen. Ohne Kubickis geradezu virtuosen Beistand wäre sein Mandant Klaus-Joachim Gebauer, der bei VW als eine Art Kammerdiener von Leuten wie Peter Hartz fungiert hatte, mit ziemlicher Sicherheit zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Bei Beginn des Ermittlungsverfahrens schien der frühere Chefanimateur der Arbeiterklasse wie geschaffen zu sein für die Rolle des Hauptschuldigen.

Seit Jahren Mandate in Liechtenstein

Seit etlichen Jahren hat der 58-jährige Kubicki, der ebenso eitel wie erfolgreich ist, Mandate in Liechtenstein, von denen die Öffentlichkeit nichts weiß. Er berät Banken, Unternehmen und auch die liechtensteinische Regierung über neue Wege beim Umgang mit dem deutschen Steuerrecht.

Dass der frühere Operettenstaat auf dem Weg zu einem anständigen kleinen Fürstentum ist, das sich künftig in ausländischen Steuerangelegenheiten kooperativ verhalten will, hat viele Gründe, ist aber zumindest ein bisschen dem Einfluss des Mannes von der Förde zuzuschreiben. In Liechtenstein forderte zunächst die auf Exporte setzende Industrie bilaterale Steuerabkommen mit anderen Ländern. Die Banken zögerten erst und stimmten dann zu. Nur die Fraktion der Treuhänder mauert noch.

Im Bundeskabinett wurde vorige Woche der Gesetzentwurf unterzeichnet, der die zukünftige Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in Steuersachen zwischen beiden Ländern regeln soll. Das klingt langweilig, ist aber rückblickend ein gewaltiger Fortschritt. Weitere Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen sollen folgen. Am Ende soll der automatische Informationsaustausch stehen. Alles in allem: Der Zwergstaat ist auf einem guten Weg.

Details noch offen

Viele Detailfragen sind aber noch nicht gelöst. Im Hintergrund wirbt Kubicki in Berlin um Verständnis für die Liechtensteiner und in Vaduz drückt er aufs Tempo. Der Mann mit dem bestgepflegten Drei-Tage-Bart an allen deutschen Küsten, der früher lieber einen Freund verlor, als eine Pointe zu unterlassen, zieht wieder einmal ein paar Strippen.

Vor ein paar Wochen hat der in dritter Ehe mit der in Juristenkreisen angesehenen Strafrechtlerin Annette Marberth-Kubicki verheiratete Anwalt der liechtensteinischen Regierung eine 15 Seiten umfassende "gutachterliche Stellungnahme" zu einem aus Sicht der Vaduzer vertrackten Problem vorgelegt: Ist es möglich zu verhindern, dass liechtensteinische Treuhänder oder Bankmitarbeiter in deutschen Steuerstrafverfahren als Gehilfen Aktenzeichen bekommen?

Die Frage ist ziemlich aktuell. So ermittelt beispielsweise die Bochumer Staatsanwaltschaft in dem Verfahren gegen Kunden der Vaduzer LGT Treuhand mittlerweile gegen rund 70 Geldfüchse aus Liechtenstein und Umgebung wegen Verdachts der Beihilfe. Das deutsche Großverfahren, das durch den zu einer Bewährungsstrafe verurteilten früheren Post-Chef Klaus Zumwinkel international Aufsehen erregte, wird in deutschen Amtsstuben als Verfahren gegen einen "Dr. F. und andere" geführt. Dr. F. war in Liechtenstein Treuhänder.

Wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung musste schon vor Jahren einer der bekanntesten Liechtensteiner Treuhänder, der berühmte Professor Dr. Dr. Herbert Batliner, eine Geldbuße in Höhe von zwei Millionen an deutsche Institutionen zahlen. Die Flut der Selbstanzeigen in den vergangenen Monaten hat neue Hinweise auf weitere Gehilfen in der Schweiz, aber auch in Liechtenstein gebracht.

Einfach mal erklären

In seinem Papier für die Vaduzer Regierung erläutert Kubicki die rechtlichen Grundlagen in Deutschland und erklärt auch nachvollziehbar das deutsche Strafrechtsverständnis. Er kommt zu dem Schluss, dass nach der in Deutschland geltenden Rechtsprechung "für die meisten Dienstleister in Liechtenstein, soweit sie deutsche Kunden betreuen, der Beihilfetatbestand zur Steuerhinterziehung verwirklicht worden ist".

Es gebe bei den Rechtsprinzipien beider Länder viele Übereinstimmungen, aber auch einen wesentlichen Unterschied: In Deutschland ist Steuerhinterziehung ein strafbares Vergehen, in Liechtenstein nicht. Wenn Liechtenstein künftig den deutschen Behörden Informationen in Steuerstrafverfahren gibt, bestehe die Gefahr, so Kubicki, dass das Fürstentum "seine Staatsbürger der Verfolgung eines ausländischen Staates ausliefere".

Der Kieler Anwalt schlägt "im Rahmen eines zu vereinbarenden künftigen Informationsaustausches", der weit umfassender als die jetzt noch zu ratifizierende Lösung ist, eine Amnestie für die liechtensteinischen Gehilfen vor. Sie soll für die Fälle von Beihilfe gelten, die "bis zum Abschluss der Vereinbarung nach deutschem Strafrechtsverständnis begangen wurden".

Ist eine solche Amnestie in Deutschland vorstellbar? Kubicki argumentiert, ein solcher Schritt der Bundesregierung würde eine wirklich große Lösung mit Vaduz vermutlich "rasch" ermöglichen. In Liechtenstein wehren sich noch immer die Treuhänder, die mit der Anlage geheimer Stiftungen Geschäfte gemacht hatten, gegen zu große Kooperationen mit Deutschland.

Ob das Bundeskabinett oder zumindest seine Parteifreundin, die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, einer solchen Speziallösung für Liechtenstein zustimmen würde, scheint im Moment sehr zweifelhaft. Aber Kubicki, der ein bekennender, kritischer Freund des 2003 verstorbenen Jürgen W. Möllemann ist, hat am Ende schon manche verlorene Schlacht gewonnen.

© SZ vom 18.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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