Vorsicht vor Verlust:Wenn der Fonds geschlossen wird

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Investmentanbieter wie die Allianz Global Investors verschmelzen ihre Produkte. Viele Anleger erhalten deswegen bald Post. Wie sie reagieren sollten.

M. Völklein

Hunderttausende Fondsanleger werden in den nächsten Wochen und Monaten Post bekommen. In dem Brief teilt die Bank oder die Fondsgesellschaft dem Anleger mit, dass der Fonds, in dem er Geld investiert hat, in naher Zukunft geschlossen wird. Und dass man voraussichtlich das Geld auf einen anderen Fonds übertragen werde.

100 Fonds will der Anbieter Allianz Global Investors schließen oder verschmelzen. Damit liegt das Unternehmen im Trend. Allgemein sollen rund 900 der 6000 Publikumsfonds verschwinden. (Foto: Foto: AP)

Die Fondsbranche räumt auf in ihrem Bestand, "allerdings nicht immer zum Vorteil des Kunden", warnt Lothar Gries von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Auf welche Punkte Fondsanleger achten sollten - hier die sieben wichtigsten Fragen und Antworten.

Wieso werden Fonds geschlossen?

In den vergangenen Jahren erlebte die Fondsbranche einen unglaublichen Boom. Sie brachte ständig neue Fonds für spezielle Märkte und Regionen auf den Markt. Und die Anleger kauften ihnen diese ab. Doch mit der Finanzkrise endete auch der Boom bei den Fonds.

Nun beginnt das Aufräumen: Vor allem Fonds, die ein Volumen von weniger als zehn oder 15 Millionen Euro aufweisen, werden geschlossen. Dort sind die Kosten für das Fondsmanagement und die Verwaltung zu hoch, so dass sich der Fonds für die Gesellschaft nicht lohnt.

Wie reagieren die Fondsfirmen?

Zwei große Fondsanbieter haben Streichlisten erstellt: Die Deutsche-Bank-Tochter DWS zum Beispiel will 100 ihrer etwa 300 Fonds schließen, davon die Hälfte auf andere Fonds verschmelzen.

Auch der Anbieter Allianz Global Investors möchte die Zahl seiner Fonds in diesem Jahr um 100 auf dann 400 reduzieren - dies allerdings auch, weil die Allianz-Tochter von der Commerzbank die Fondsgesellschaft Cominvest geschluckt hat und nun das Angebot insgesamt strafft. Auch viele ausländische Anbieter misten aus. Das Münchner Analysehaus Fonds Consult erwartet, dass bis Mitte 2011 rund 900 der 6000 Publikumsfonds für Privatanleger verschwinden.

Was passiert genau bei der Schließung eines Fonds?

Ein Fonds ist im Grunde nichts anderes als ein großer Topf, in den die Anleger Geld eingezahlt haben. Dieses Geld verwendet der Fondsmanager dazu, um zum Beispiel Aktien zu kaufen oder auch Unternehmensanleihen, je nach dem, wie der Investmentfonds exakt ausgerichtet ist.

Wird ein Fonds nun geschlossen, verkauft der Manager die Aktien oder Anleihen und holt so wieder Geld in den Topf. Dieses Geld wird dann an die Anleger ausgeschüttet. "Es ist also keinesfalls so, dass das Geld komplett weg ist", sagt SdK-Fachmann Gries, der zuletzt auch zahlreiche Anrufe von besorgten Fondsanlegern erhielt, die genau dies befürchtet hatten. Allerdings kann es natürlich sein, dass der Fonds Verluste gemacht hat, etwa wegen des Kursrutsches an den Börsen in der Finanzkrise. Dann bekommt der Anleger unter Umständen weniger raus, als er investiert hatte.

Was passiert bei einer Verschmelzung?

In vielen Fällen werden die Fondsfirmen den Kunden aber gar nicht darüber informieren, dass sie den Fonds schließen - vielmehr werden sie ankündigen, dass sie den Fonds verschmelzen mit einem anderen Fonds, der künftig weiterbestehen wird. "Ein solches Angebot sollte man genau prüfen", rät Gries. Zum einen sollte man sich die Wertentwicklung des neuen Fonds in der Vergangenheit anschauen.

Außerdem kann es sein, dass bei dem neuen Fonds deutlich höhere Gebühren fällig werden, warnt Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen. Unter Umständen könne es günstiger sein, die Anteile zu verkaufen und in einen anderen Fonds zu investieren, etwa in einen Indexfonds, auf den keine Gebühren fällig werden. Das sei meist günstiger trotz der dann womöglich später anfallenden Abgeltungsteuer.

Was ist mit der Abgeltungsteuer?

Viele Anleger haben kurz vor dem Jahreswechsel 2008/09 noch Fonds gekauft, um damit nicht der pauschalen Abgeltungsteuer von 25 Prozent zu unterliegen. Eine Fondsschließung kommt aber einem Verkauf gleich; zieht der Anleger sein Geld aus einem alten Fonds ab und legt es neu an, muss er von da an auf mögliche Kursgewinne Abgeltungsteuer zahlen. Und: Liegt der Kauf keine zwölf Monate zurück, greift der Fiskus ebenfalls zu, und zwar nach den bis Ende 2008 gültigen Steuerregeln für Kapitalerträge. Lediglich bei einer Verschmelzung gilt der Bestandsschutz: Steuern werden dann nicht fällig.

Lässt sich das konkret ausrechnen?

Verbraucherschützer Gottschalk gibt ein Beispiel: Ein Anleger investiert 10.000 Euro in einen Indexfonds, der langfristig eine Rendite von sieben Prozent bringt.

Nach zehn Jahren hat er einen Gewinn von 28.813 Euro. Bei einem Fonds mit Kosten von zwei Prozent und der gleichen Rendite bleiben nach zehn Jahren nur 17.127 Euro. Selbst wenn er vom Gewinn des Indexfonds noch 25 Prozent Abgeltungsteuer abzieht, bleibt beim Indexfonds mehr für den Anleger übrig als beim gemanagten Fonds.

Auf welche Dinge müssen Anleger noch achten?

Sobald der Brief von der Bank oder der Fondsfirma beim Anleger eintrifft und ihn über die anstehende Schließung oder Verschmelzung des Fonds in Kenntnis setzt, sollte er weitere Informationen einholen - und dann rasch entscheiden, rät Anlegerschützer Gries.

Denn je länger der Anleger wartet, zum Beispiel mit einem Verkauf der Anteile, weil er sich auf eine Verschmelzung nicht einlassen möchte, desto eher kann es sein, dass der Preis für die Fondsanteile fällt. "Sobald eine Schließung angekündigt wird, gehen viele institutionelle Investoren umgehend raus aus dem Fonds", weiß Gries. Das wiederum kann den Rücknahmepreis für die Fondsanteile drücken.

© SZ vom 15.07.2009/kfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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