Skandal-Anleger betrügt Banken:Der deutsche Madoff

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Ein zweiter Fall Madoff - mitten in Deutschland: Der Fondsmanager Helmut Kiener soll Großbanken um mehr als 250 Millionen Euro gebracht haben.

Mike Szymanski und Markus Zydra

Der Aschaffenburger Psychologe und Fondsmanager Helmut Kiener muss Eindruck gemacht haben, als er 2006 in London bei der britischen Investmentbank Barclays vorsprach. Die Großbank vertraute ihm über die nächsten Jahre immerhin 220 Millionen Dollar an. Kiener hatte versprochen, das Geld gut anzulegen.

Die Barclays Bank überließ dem deutschen Fondsmanager Helmut Kiener Millionen. (Foto: Foto: AFP)

Aber am Ende profitierte wohl nur er. Getarnt durch Strohmänner und mit Transaktionen über Scheinfirmen, schaffte er mal einen Helikopter an, mal ein Flugzeug oder einfach ein Baugrundstück in seiner Heimatstadt. In seiner Wohnung in Aschaffenburg holten ihn am Mittwoch im Morgengrauen Polizisten ab. Die Ermittler halten ihn für einen der ganz großen Anlagebetrüger.

Kapital in Tarnfirmen gesteckt

Nun hat also auch Deutschland einen skandalträchtigen Hedgefonds-Manager. In Amerika haben die Behörden schon Jagd auf Bernard Madoff, Allen Stanford und Raj Rajaratnam gemacht. Sollten sich die Vorwürfe gegen den 50-jährigen Kiener erhärten, handelt es sich um einen der größten Betrugsfälle der vergangenen Jahre. 2005 waren 30.000 Kleinsparer von Phoenix-Kapitaldienst um ihr Geld gebracht worden. Kiener hingegen soll die Großbanken genarrt haben - Fachleute bei Barclays und bei der französischen BNP Paribas etwa, wo ihm auch noch 60 Millionen Dollar anvertraut wurden.

Kiener ging offenbar sehr dreist vor. Wie aus internen Unterlagen hervorgeht, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, soll er das Kapital in seine Tarnfirmen gesteckt haben. Daraus bediente er sich und kaufte - wie ihm die Behörden zum Vorwurf machen - im Juli 2008 ein Piaggio Avanti Kurzstreckenflugzeug für 4,5 Millionen Dollar.

Ein anderes Mal soll er ein Flugzeug als Sicherheit eingesetzt haben, um etwa von der Credit Suisse ein Darlehen zu erschleichen. Zudem erhielt Kiener von Barclays eine jährliche Managementgebühr von 3,5 Prozent - die Bank dachte ja, er würde die 220 Millionen Dollar verwalten. Das brachte Kiener zusätzlich 7,7 Millionen Dollar ein.

Recht vor Gericht erstritten

Normalerweise prüfen Banken ganz genau, ob sie einem Hedgefondsmanager trauen können oder nicht. Normalerweise lassen sie sich genau erklären, wie die hohen Renditen des Fonds in der Vergangenheit zustande kamen. Und Kiener versprach viel: 15 Prozent Rendite jährlich, was über die Jahre 800 Prozent wurden. Nur wie er das Geld verdiente, dass verriet er offenbar nicht. "Genau das konnte Kiener nie erklären, die Produkte waren komplett intransparent, und das wussten in Deutschland auch die meisten", sagt ein Hedgefondsexperte, der nicht genannt werden will.

Kiener war in Finanzkreisen kein Unbekannter, denn die deutsche Finanzaufsichtsbehörde Bafin hatte 2001 und 2003 die Abwicklung seiner K1-Fonds verfügt. Doch Kiener, so heißt es, erstritt sich vor Gericht immer wieder das Recht weiterzumachen. "In Deutschland hat ihm seit der Bafin-Rüge aber niemand in Profikreisen mehr vertraut", sagt der Experte.

"Wir legen Haftbeschwerde ein"

In London und Paris versagten dagegen offenbar alle Kontrollmaßnahmen, denn schon eine simple Internetrecherche hätte ergeben, dass Kiener diese Auseinandersetzung mit der Bafin hatte. Das reicht normalerweise, um draußen zu sein aus dem Geschäft. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, gehört auch die Bank JP Morgan Chase zu den Geschädigten. Die amerikanische Justiz ermittle ebenfalls.

Nach Behördenangaben besteht bei Kiener Fluchtgefahr - sie nahmen ihn deshalb in Haft. Seine Anwälte von der Münchner Kanzlei Lutz Libbertz kündigten an, gegen den Haftbefehl vorzugehen: "Wir legen Haftbeschwerde ein."

© SZ vom 30.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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