Riester-Verträge:Abgezockte Sparer

Lesezeit: 2 min

Hohe Dispozinsen, teure Riester-Produkte, übertriebene Abhebegebühren: Fachleute errechnen jährlichen Schaden von 700 Millionen Euro - und fordern stärkere Kontrolle.

Den Verbrauchern entsteht jedes Jahr ein finanzieller Schaden in Höhe von über 700 Millionen Euro durch ineffiziente Riester-Verträge, zu hohe Dispozinsen und überhöhte Abhebegebühren an Geldautomaten. Diese Summe haben Fachleute der Stiftung Warentest und des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (VZBV) errechnet.

Tief in den Sparstrumpf gegriffen: 700 Millionen Euro zahlen deutsche Sparer für ineffiziente, überteuerte Finanzprodukte und Transaktionen. (Foto: Foto: dpa)

Sie fordern eine bessere Finanzmarktaufsicht. Besonders dramatisch seien die finanziellen Schäden für Verbraucher bei der privaten Altersvorsorge, so die Experten: Vergleiche der Stiftung Warentest zeigen, dass viele Riester-Produkte zu teuer sind.

Fällt die durchschnittliche Rendite dadurch auch nur ein Prozent niedriger aus, seien die Verluste enorm. Bezieht man dies auf die staatlichen Zulagen, die bis einschließlich 2009 gezahlt wurden, summieren sich die Verluste für die Verbraucher auf 115 Millionen Euro. Nimmt man weiter eine konstante Zulagen-Summe von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr an, so wachsen die Verluste bis 2020 auf mehr als drei Milliarden Euro, bis 2030 sogar auf über elf Milliarden Euro.

Leitzins sank, die Dispozinsen nicht

Ein weiteres Ärgernis seien die überhöhten Dispozinsen. Wegen der niedrigen Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) kommen die Geschäftsbanken derzeit besonders günstig an Geld. So betrug der EZB-Leitzins im September 2008 4,25 Prozent; im Februar 2010 war es nur noch ein Prozent.

Dagegen sanken die durchschnittlichen Zinsen für Überziehungskredite an private Haushalte nach Angaben der Stiftung Warentest im gleichen Zeitraum lediglich von 11,98 auf 10,28 Prozent. Das Kreditvolumen lag im Februar 2010 bei rund 41,8 Milliarden Euro.

Bezogen auf diese Summe entstehe den Verbrauchern ein finanzieller Schaden von etwa 650 Millionen Euro im Jahr, so die Berechnungen. Auch die Schäden durch Abhebegebühren an Automaten seien immens.

Bafin könnte Fehlentwicklungen entgegenwirken

So heben Verbraucher in Deutschland laut der EZB pro Jahr rund zwei Milliarden Mal Geld am Automaten ab. Unterstellt man auch nur ein Prozent Fremdabhebungen, so finden jährlich 20 Millionen Transaktionen statt, bei denen Gebühren anfallen. Die Kosten für eine Fremdabhebung betragen inzwischen durchschnittlich sieben Euro.

Geht man davon aus, dass die tatsächliche Belastung der Banken bei maximal zwei Euro liegt, so entsteht den Verbrauchern pro Abhebung ein Schaden von fünf Euro, hochgerechnet auf alle Transaktionen sind das 100 Millionen Euro pro Jahr.

Sowohl der VZBV wie auch die Stiftung Warentest fordern deshalb, den Schutz des Verbrauchers in der Finanzaufsicht zu verankern. Die Aufsichtsbehörde Bafin könnte dann solchen Fehlentwicklungen entgegenwirken. Es reiche nämlich nicht aus, vernünftige Gesetze zu machen; die Einhaltung der Gesetze müsse gerade bei Finanzprodukten ebenfalls kontrolliert werden, argumentieren die Verbraucherschützer.

© SZ vom 29.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: