Pakt gegen Steuerflucht:Liechtenstein öffnet sich - aber nur ein wenig

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Das Fürstentum Liechtenstein verspricht, den deutschen Finanzbehörden zu helfen - aber nur in Einzelfällen.

Claus Hulverscheidt

Deutschland und Liechtenstein haben gut eineinhalb Jahre nach dem Skandal um Steuerflüchtlinge ein Abkommen unterzeichnet. Die Finanzbehörden beider Länder sollen sich bei der Aufdeckung von Steuerdelikten gegenseitig unterstützen. Ob damit Fälle wie der von Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel verhindert werden können, ist fraglich.

Liechtenstein und Deutschland - gemeinsamer Kampf gegen die Steuerflucht. (Foto: Foto: dpa)

Das Abkommen wurde am Mittwoch vom liechtensteinischen Regierungschef Klaus Tschütscher und dem deutschen Botschafter in Vaduz, Axel Berg, unterzeichnet. Mit dem Vertrag akzeptiert das Fürstentum die Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die in Steuerfragen einen Informationsaustausch zwischen den Unterzeichnerstaaten vorschreiben. Liechtenstein hatte diesen Austausch jahrelang verweigert. Das Land tauchte deshalb zunächst auf der "schwarzen", später auf der "grauen Liste" der OECD auf.

Regierungschef Tschütscher erklärte, das Abkommen mit Berlin biete den Bürgern Rechtssicherheit und schaffe "stabile Bedingungen für den Finanzplatz" Vaduz. Botschafter Berg sprach von einem "wichtigen Schritt" und einem "Signal in den bilateralen Beziehungen". Dass sich nur der deutsche Vertreter in Vaduz und nicht etwa Finanzminister Peer Steinbrück äußerte, macht allerdings deutlich, welchen Stellenwert die Bundesregierung dem Abkommen einräumt: Es gilt in Berlin zwar durchaus als "beachtlicher Fortschritt", ob Liechtenstein aber tatsächlich so kooperationswillig ist, wie es jetzt den Anschein hat, muss sich demnach erst in der Praxis zeigen.

Am Anfang steht der Verdacht

Tatsächlich ist es mehr als fraglich, ob der deutsche Fiskus nun alle gewünschten Informationen aus Vaduz erhält. So schreibt das OECD-Musterabkommen einen Informationsaustausch in Einzelfällen vor, nicht aber eine automatische Mitteilungspflicht. Ein deutsches Finanzamt muss also bereits einen Verdacht gegen einen Steuerpflichtigen hegen, bevor die liechtensteinischen Behörden zur Auskunft gezwungen sind.

Liegt ein solcher Verdacht nicht vor, und erhält das Finanzamt keinen Tipp, sind die Behörden im Fürstentum nicht dazu verpflichtet, eigene Erkenntnisse nach Deutschland weiterzuleiten. "Richtig ist, dass die deutschen Behörden immer einen Anhaltspunkt brauchen, um auf die Kollegen in Liechtenstein zugehen zu können", hieß es in Regierungskreisen. "Es ist nicht so, dass jedes Finanzamt in Liechtenstein die Konten aller Steuerpflichtigen aus dem jeweils eigenen Einzugsgebiet einsehen kann."

Experten sind der Meinung, dass Tausende vermögende Bundesbürger einen Teil ihres Geldes in Liechtenstein vor dem deutschen Fiskus versteckt haben. Das ist dort besonders leicht möglich, weil das Fürstentum Ausländern die Gründung anonymer Stiftungen erlaubt, die von einem inländischen Treuhänder verwaltet werden. Eine solche Stiftung hatte auch Zumwinkel genutzt. Er war aber aufgeflogen, weil sich sein Name wie der von Hunderten weiteren Bundesbürgern auf einer DVD befunden hatte, die den deutschen Behörden zugespielt worden war. Im Januar wurde der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Post wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Affäre hatte das deutsch-liechtensteinische Verhältnis erheblich belastet und sogar zu hässlichen Streitereien geführt. Damit soll nun Schluss sein.

Massive wirtschaftliche Folgen

Der Skandal um Zumwinkel hatte für das Fürstentum neben den politischen auch schwerwiegende wirtschaftliche Folgen. So zogen verunsicherte Anleger im vergangenen Jahr gut 50 Milliarden Schweizer Franken (33 Milliarden Euro) aus Liechtenstein ab. Das entsprach 19 Prozent aller verwalteten Einlagen und ist für ein Land mit nur 35000 Einwohnern, aber 15 Banken, 400 Treuhandfirmen, 47 Versicherern und 360 Investmentfonds von erheblicher Bedeutung. Die Finanzbranche steuert knapp 30 Prozent zur liechtensteinischen Wirtschaftsleistung bei.

Die Regierung sieht in dem Abkommen mit Liechtenstein einen Baustein für Verträge mit weiteren Staaten. So laufen derzeit Verhandlungen mit der Schweiz. Liechtenstein wiederum hatte in den vergangenen Monaten ähnliche Abkommen unter anderem mit den USA und Großbritannien geschlossen. Der Vertrag mit London sieht dabei Sonderregelungen für britische Staatsbürger mit Konten in dem Fürstentum vor, die sich bis 2015 dem heimischen Fiskus offenbaren. Eine solche Steueramnestie wird es in Deutschland nach den schlechten Erfahrungen früherer Jahre nicht geben. Sie wäre wohl der Öffentlichkeit auch kaum vermittelbar.

© SZ vom 03.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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