Kritik der Industrie:Wo bleibt der Fonds, Herr Ackermann?

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Mit einem Notfallfonds wollte Josef Ackermann der Industrie helfen - doch die Industrie klagt, zu wenig sei passiert. Nun wehrt sich der Banker.

H. Freiberger u. C. Hulverscheidt

Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, gerät wegen seines Mittelstandsfonds immer stärker in die Schusslinie. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) übte am Donnerstag offen Kritik an dem Vorschlag, weil das konkrete Konzept dazu nicht vorankomme. BDI-Präsident Hans-Peter Keitel sagte, es sei "schade, wenn es beim Ankündigungseffekt bleiben sollte".

Die Industrie schimpft über Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. War der Plan vom Notfallfonds reine PR? (Foto: Foto: ddp)

Ackermann hatte am 2. Dezember beim Konjunkturgipfel mit Kanzlerin Angela Merkel einen Fonds vorgeschlagen, über den dem deutschen Mittelstand Eigenkapital zufließen solle. Kurz davor hatte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ein Kreditprogramm über fünf Milliarden Euro für den Mittelstand angekündigt. Die Deutsche Bank erklärte sich bereit, 300 Millionen Euro in einen Fonds einzubringen. Bis kurz vor Weihnachten sollte dazu ein konkretes Konzept vorliegen. "Dieses Papier habe ich bis heute nicht gesehen", sagte Keitel. Auf die Frage, ob er enttäuscht sei, antwortete er: "Ja, natürlich."

Nur ein PR-Coup?

Ackermann reagierte am Donnerstag abend beim Neujahrsempfang seiner Bank in Berlin direkt auf die Vorwürfe. "Wir haben das Konzept noch vor Weihnachten im Bundesfinanzministerium und im Bundeswirtschaftsministerium vorgestellt", sagte er. "Noch im ersten Quartal dieses Jahres werden wir damit an den Start gehen." Das wisse übrigens auch der BDI.

Die beiden Ministerien sind dafür zuständig, die Details des Fonds zu organisieren. Aus Regierungskreisen verlautete, Deutsche-Bank-Firmenkundenvorstand Jürgen Fitschen sei zwar schon Anfang Dezember im Finanz- und Wirtschaftsministerium gewesen, er habe dabei aber kein ausgearbeitetes Konzept vorgestellt, sondern nur Eckpunkte. Seit sechs Wochen sie nicht mehr viel passiert. Die Politik sei verärgert darüber. "Da kam nichts, bisher war das ein reiner PR-Coup", hieß es. Ziel der Regierung sei es, die Konzepte von Ackermann und den Sparkassen zusammenzuführen und den Fonds schon bald aufzulegen. Deshalb werde man auf die versprochenen Zulieferungen dringen.

Beide Vorschläge unterscheiden sich insofern, als die Sparkassen ein Kreditprogramm auflegen will, während Ackermann mit so genanntem Mezzanine-Kapital plant. Dabei handelt es sich um Mittel, die bilanziell zum Eigenkapital gezählt werden, dem Geldgeber aber keine direkten Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Unternehmen einräumen.

Ungewöhnliche Umstände

Durch die höhere Eigenkapitalquote steigt die Kreditwürdigkeit der begünstigten Firma. Beim Vorschlag der Sparkassen würde den Unternehmen also direkt Kredite zufließen, beim Vorschlag Ackermanns würden erst die Voraussetzungen für höhere Kredite geschaffen. Offenbar ist es schwierig, beides zusammenzuführen. Auch aus Industriekreisen verlautete, dass es noch Unstimmigkeiten zwischen den Partnern gebe.

Ackermann hatte Anfang Dezember gesagt, dass auch andere Banken und Versicherungen eingeladen seien, sich an dem Fonds zu beteiligen. Die Genossenschaftsbanken distanzierten sich sofort von dem Fonds. Für sie stehe die Kreditvergabe an den Mittelstand schon immer im Mittelpunkt ihrer Geschäftspolitik, deshalb sähen sie keinen Anlass, zusätzlich in einen Fonds einzuzahlen. Der Sparkassenverband teilte am Donnerstag mit: "Viele Sparkassen haben inzwischen regionale Kreditprogramme aufgelegt. Daneben arbeiten wir an einem zusätzlichen Fonds, der diese Initiativen ergänzen wird." Zudem gebe es konkrete Überlegungen, Unternehmen auch Eigenkapitalhilfen zur Verfügung zu stellen.

Die Umstände der Ankündigung waren ungewöhnlich. Merkel hatte Ackermann kurz zuvor vorgeworfen, er riskiere schon wieder eine "dicke Lippe", weil er einen Rettungsfonds für Banken vorgeschlagen hatte, an dem sich auch der Staat beteiligen solle. Auch wegen der drohenden Kreditklemme wurde die Kritik an den Banken immer größer. Am Tag vor dem Gipfel bei der Kanzlerin hatte die Commerzbank ein Mittelstands-Kreditprogramm über fünf Milliarden Euro angekündigt. Beobachter vermuteten, dass Ackermann deshalb überraschend den Fonds vorgeschlagen habe, um nicht mit leeren Händen dazustehen.

© SZ vom 15.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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