Formel-1-Affäre:Spiel nicht mit dem Schmuddelkind

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CVC ist einer der mächtigsten Firmenkäufer der Welt. Die 50-Millionen-Dollar-Affäre um den früheren BayernLB-Vorstand Gribkowsky und Formel-1-Chef Ecclestone bringt den Investor in Bedrängnis.

Martin Hesse

Vor etwa zwei Wochen bekamen die Geldgeber der Beteiligungsgesellschaft CVC eine kurze Mitteilung. Es gebe keinen Grund zur Beunruhigung wegen der jüngsten Berichte über die Formel 1, hieß es darin sinngemäß, wie ein CVC-Investor berichtet. CVC gehe davon aus, dass nichts dran sei an Vorwürfen, dass es beim Verkauf der Formel 1 von der BayernLB an den Finanzinvestor zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Man werde aber alles gewissenhaft prüfen.

Dem Finanzinvestor CVC gefällt die Affäre um Formel-1-Chef Bernie Ecclestone gar nicht. (Foto: dpa)

CVC ist einer der mächtigsten Finanzinvestoren der Welt. Verwaltetes Vermögen: Fast 50 Milliarden Dollar. Besitz: Mehr als 50 große Unternehmen in aller Welt. Bisher genießt die amerikanisch-europäische Beteiligungsgesellschaft einen fast tadellosen Ruf. Doch dieser Brief im Januar deutet darauf hin, dass CVC plötzlich ein kleines Problem hat. Wenn es schlecht läuft, könnte daraus ein ziemlich großes Problem werden.

Anfang Januar war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft gegen den früheren BayernLB-Manager Gerhard Gribkowsky wegen Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung ermittelt. Gribkowsky soll 50 Millionen Dollar für Gefälligkeiten im Zusammenhang mit dem Verkauf der Formel1 erhalten haben. Es gibt Hinweise, dass das Geld von Formel-1-Chef Ecclestone kam. CVC wie auch Ecclestone und die Formel1 haben dementiert, in solche Zahlungen verwickelt zu sein. Weiteren Erklärungsbedarf sieht CVC derzeit nicht.

Doch nicht alle Geldgeber von CVC glauben, dass Ecclestone nichts mit den dubiosen Zahlungen zu tun hat. "Ich vermute schon, dass da etwas dran ist", sagt der Manager eines Dachfonds, der Geld bei CVC angelegt hat. Und er gehe davon aus, dass der Formel-1-Eigentümer das lückenlos aufklärt. "Ich bin nicht beunruhigt." Und das, erklärt der Manager, habe auch mit dem guten Ruf dieses Finanzinvestors zu tun. Bei anderen hätte er längst zum Telefon gegriffen.

Die Geldgeber von CVC spielen jetzt drei Szenarien durch. Erstens: Weder Ecclestone noch CVC hat mit den Zahlungen an Gribkowsky etwas zu tun. Zweitens: Ecclestone hat Gribkowsky geschmiert, ohne dass CVC davon wusste, dann müsste sich der Formel-1-Eigentümer schnell von Ecclestone trennen. Drittens: CVC war in die Zahlungen involviert, etwa um den Verkaufsprozess zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen.

Firmenkäufer begeben sich durchaus in Grauzonen, wenn sie ein lukratives Geschäft wittern. Üblich ist, dass Finanzinvestoren das Management nach einer Übernahme an der Firma beteiligen. Es komme aber auch vor, dass Finanzinvestoren vor einer Übernahme an Vorstände des zum Verkauf stehenden Unternehmens herantreten, sagt ein Beteiligungsmanager. "Wenn ihr es schafft, den Deal zu uns zu ziehen, dann kann das sehr lukrativ für euch sein", heiße es dann. Hier ist die Grenze überschritten, weil schon vor dem Kauf mit Zusagen gelockt wird, um andere Bieter auszubooten.

Erstaunt war man in der Finanzbranche schon, als CVC im November 2005 plötzlich neuer Eigentümer der Formel 1 wurde. Erst recht verwunderte, dass Ecclestone danach plötzlich wieder fest am Steuer saß, nachdem er zuvor von der BayernLB und den Autoherstellern in die Zange genommen worden war: Die Bank beschnitt Ecclestones Macht, die Rennstallbetreiber drohten sogar mit dem Aufbau einer eigenen Rennserie.

Ein gemeinsamer Freund hatte CVC-Partner Donald Mackenzie und Ecclestone damals zusammengebracht, erstaunlich schnell waren sich beide Seiten einig. "Wir haben uns die Formel 1 auch angeschaut", sagte der Manager einer anderen Beteiligungsfirma. Aber er habe schnell abgewunken, weil niemand wisse, wie viel Geld Ecclestone in dem undurchschaubaren Firmengeflecht für sich abzweige. Auch andere machten einen Bogen um Ecclestone nach dem Motto, spiel nicht mit dem Schmuddelkind

CVC trauen viele in der Finanzszene einen schmutzigen Deal nicht zu. Das Risiko, mit Bestechung in Verbindung gebracht zu werden, sei für eine Beteiligungsfirma dieser Größe zu hoch. Rund ein Drittel des Geldes, das CVC in mehreren Fonds verwaltet, kommt von staatlichen Pensionsfonds aus den USA und anderen Ländern. Sie unterliegen strengen ethischen Standards. Würde CVC mit Bestechung in Verbindung gebracht, könnten solche Geldgeber den Hahn zudrehen oder die Fondsmanager absetzen.

Hat Ecclestone CVC also an der Nase herumgeführt wie andere Eigner zuvor?

CVC gilt als ein Investor, der so etwas nicht zulässt. Bei dem deutschen Konzern Evonik sicherte sich CVC sogar als Minderheitsinvestor weitgehende Vetorechte. Lange Zeit galt CVC auch wegen dieses strikten Kurses als sehr erfolgreiche Beteiligungsgesellschaft. Die Renditen lagen oft über 30 Prozent. Doch zuletzt hat der Ruf Kratzer bekommen. CVC zahlte zu viel für das Spezialbauunternehmen Dywidag Systems International (DSI) und bürdete der Firma zu hohe Schulden auf. In der Finanzkrise konnte DSI den Schuldendienst nicht mehr leisten, die Gläubiger übernahmen die Mehrheit. Ähnlich ging es CVC bei dem Kofferhersteller Samsonite, nur dank einer Umschuldung überlebte die Firma.

"Ecclestone ist das Schmiermittel"

Weiterer Ärger käme CVC ungelegen. Ob die Formel 1 sich bislang finanziell gelohnt hat, ist nicht bekannt. Doch ein Herz und eine Seele sind CVC und Ecclestone nicht. Schon im Sommer 2009 gerieten sie aneinander. Als Ecclestone die Führungsqualitäten Adolf Hitlers lobte, geißelte Martin Sorrell, Chef der Werbeagentur WPP und CVC-Vertreter im Aufsichtsrat der Formel 1, die Aussagen als abstoßend und erzwang eine Entschuldigung. Englische Medien berichteten damals, Sorrell habe hinzugefügt: "Jeder andere Vorstandschef in jedem anderen Unternehmen hätte gehen müssen."

Der Vorfall beschreibt den Konflikt, in den CVC auch durch die Gribkowsky-Affäre wieder gerät: Erhärtet sich der Verdacht gegen Ecclestone, müsste der Formel-1-Eigentümer den Chef entlassen. Doch CVC braucht Ecclestone, so wie ihn alle bisherigen Eigentümer gebraucht haben. "Ein plötzlicher Rauswurf könnte den Wert der Formel 1 drastisch mindern", sagt ein Investmentbanker. "Ecclestone ist das Schmiermittel für die ganze Formel 1."

© SZ vom 27.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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