EZB-Präsidentschaft:Der Beste für Europa

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hört auf das Wort von Bundesbank-Präsident Axel Weber. Aber muss er deshalb zwangsläufig EZB-Chef werden? Für Mauscheleien ist das Amt zu wichtig.

Marc Beise

Die Chefs großer internationaler Organisationen erhalten ein hohes Gehalt, viele Privilegien und noch mehr Aufmerksamkeit - fragt sich nur, ob sie auch wirklich Einfluss haben? In der Finanzkrise hat die Welt gelernt, wie sehr Strukturen das Verhalten von Menschen prägen, wie schnell Entwicklungen aus der Spur laufen können und welche Folgen das Handeln einiger für alle haben kann.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (links) und Bundesbank-Präsident Axel Weber. man kann nicht früh genug anfangen, den Weg zu ebnen, so die Berliner Denkweise, (Foto: Foto: dpa)

Die Wirtschaft ist eine vertrackte Angelegenheit, auf die die Obamas, Sarkozys, Merkels und erst recht die Vorsitzer der internationalen Behörden, die sich mit ihren Regierungen abstimmen müssen, wenig direkten Einfluss haben.

Wirklich wichtig ist dagegen der Präsidenten einer Notenbank, der über die Menge an Dollars oder Euros im Markt bestimmt. Der Präsident der amerikanischen Federal Reserve, Ben Bernanke, hat richtig viel Macht.

Gleiches gilt, abgeschwächt, für den Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet. Gerade weil die Dinge so komplex sind wie in der heutigen globalisierten Welt, braucht es die Bernankes und Trichets, die alle Zahlen und Theorien kennen, die zwischen Politik und Wirtschaft vermitteln, die den Geldfluss lockern oder verengen, die Märkte beeinflussen und die Öffentlichkeit unabhängig informieren.

Nicht zuletzt muss ein Notenbankchef der Politik widerstehen können, die um der schnellen Popularität beim Wähler tendenziell nicht über den nächsten Tag hinaus plant.

Politiker tun sich grundsätzlich leichter, Geld auszugeben als welches einzusammeln. Unter dem Druck der öffentlichen Meinung neigen sie dazu, Missstände zu ignorieren, statt sie beherzt zu bekämpfen.

Griechenland mit seiner ertricksten Teilnahme an der Währungsunion und, schlimmer noch, seiner seit Jahren katastrophal laxen Haushaltspolitik ist dafür das aktuelle Beispiel.

Trotz wachsender Fehlentwicklung waren die Deutschen über lange Zeit ein positives Gegenbeispiel. Sie pflegen bis heute eine vergleichsweise stabilitätsorientierte Politik, halten Löhne und Gehälter im Zaum, lassen den Unternehmen Freiraum und halten die Wirtschaftskraft hoch.

Entsprechend aufmerksam beobachten traditionell die Deutschen die Entwicklung bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Ihr kommt heute eine größere Verantwortung zu denn je. Sie muss den Euro retten, der seine schlimmste Krise seit der Einführung vor elf Jahren erlebt.

Sie muss die Erholung der Weltwirtschaft absichern, die erst am Anfang steht. Sie muss den Amerikanern Paroli bieten, die die Welt immer noch als ihre Beute ansehen. Der Posten des EZB-Präsidenten ist deshalb herausragend.

Entsprechend wurde über seine Besetzung von Anfang an besonders von den Deutschen, die ihre D-Mark für den Euro geopfert haben, gewacht: Sorgt die Notenbank durch die Politik knappen Geldes für Preisstabilität? Die Deutschen hatten Glück: Der erste Amtsinhaber Wim Duisenberg, ein Holländer, wäre auch als Deutscher durchgegangen. Nachfolger Trichet ist Franzose, der aber in Frankfurt zuhause ist und in der Geldpolitik päpstlicher als die deutschen Päpste.

Wäre doch schön, heißt es nun hierzulande, wenn der nächste Präsident der Europäischen Zentralbank endlich auch ein Deutscher kraft Geburt würde. Der Wunsch ist verständlich, Deutschland hat ja kaum noch internationale Spitzenpositionen vorzuweisen.

Zwar ist jetzt der CDU-Politiker Günther Oettinger EU-Kommissar geworden, der aber bisher eher mit seinen Englisch-Übungen auf Youtube Aufsehen erregt. Horst Köhler, der ehemalige IWF-Direktor, ist längst in Deutschland zurück, auch der CDU-Politiker Klaus Töpfer, der mal der Welt oberster Umweltschützer war, und der SPD-Politiker Wolfgang Roth, der die Europäische Investitionsbank leitete. Nun also soll Bundesbankchef Axel Weber auf den EZB-Chefposten rücken.

Zwar wird der Posten erst 2011 frei, aber man kann nicht früh genug anfangen, den Weg zu ebnen, so die Berliner Denkweise.

In der EU werden bereits die Weichen gestellt, im komplizierten Wechselspiel der Mitgliedstaaten hängt eine Personalentscheidung an der anderen. Ich gebe dies, du gibst das, so geht das. Qualifikation spielt eine nachgeordnete Rolle, alles ist "reine Politik".

Politiker ist Axel Weber nicht, sondern Wirtschaftsprofessor. Er kam eher aus Verlegenheit ins Amt, als sein Vorgänger Ernst Welteke über eine Spesen-Affäre stolperte. Weber hat mit Elan begonnen, hat die Bundesbank organisatorisch gestrafft und seinen Platz in der deutschen Öffentlichkeit gefunden.

Die Affäre um Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin, der mit markigen Sprüchen Aufsehen erregte, hat er schwach gemanagt. In der Berliner Regierung gilt er dennoch als Held - weil er in der Finanzkrise an Statur gewonnen hat. Er ist bestens verdrahtet, seine Schüler sitzen in Kanzleramt und Finanzministerium in wichtigen Positionen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hört auf sein Wort. Aber muss er deshalb zwangsläufig EZB-Chef werden?

Man würde gerne noch ein wenig über die Sache reden, ehe Merkel und Sarkozy ihren Deal machen nach dem Motto: Merkel kriegt ihren Kandidaten und Sarkozy seine Politik. Für solche Mauscheleien ist das Amt zu wichtig.

© SZ vom 16.02.2010/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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