EU: Hilfe für Griechenland:Gewappnet für den Notfall

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Die EU wird Griechenland helfen, doch sie entlässt Athen nicht aus der Pflicht. Noch besser: Der Beschluss entfaltet seinen Zauber auch dann, wenn er nicht angewendet wird.

Martin Winter

Die griechische Krise ist zwar noch lange nicht vorbei. Aber nun kann man sicher sein, dass sie niemanden, auch Griechenland nicht, in den Abgrund zieht. Die anderen Länder der EU werden im äußersten Notfall helfen. Aber eben auch nur dann. Und das ist das eigentlich wichtige Ergebnis dieses europäischen Gipfels: Jeder muss alleine versuchen, ans rettende Ufer zu kommen. Erst wenn ein Land erkennbar alle Kraft verlässt und es abzusaufen droht, wird ihm der Rettungsring zugeworfen.

Damit sich aber keiner die Sache bequem macht, weil ihm an Ende die anderen ja doch schon helfen werden, kommt die Rettung nicht zum Nulltarif. Die Finanzhilfen an das in Nöte geratene EU-Mitglied sind Kredite, die zu den auf den internationalen Finanzmärkten üblichen Sätzen verzinst werden. Und das Geld fließt auch nur dann, wenn für das betroffene Land auf den Kapitalmärkten nichts mehr zu holen ist und wenn es den Internationalen Währungsfonds mit seinen rigiden Regeln in sein Haus lässt.

Das hört sich alles ziemlich hart und kalt an für eine Union, in der so viel von Solidarität geredet wird. Doch für die Solidarität der Europäer untereinander tut in Wahrheit der am meisten, der verhindert, dass sie missbraucht wird. Unsolidarisch mit der Gemeinschaft nämlich ist, wer glaubt, sich schludrige Haushalte, eine schlechte Wirtschaftspolitik und öffentliche Verschwendung leisten zu können, weil es die Gemeinschaft am Ende schon für ihn richten wird.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf harten Bedingungen bestanden und darauf, dass die Hilfen nur als Ultima Ratio geleistet werden dürfen. Damit hat sie die EU vor zwei großen Gefahren bewahrt. Einerseits vor der, einen Präzedenzfall zu schaffen, der sie eines Tages teuer zu stehen gekommen wäre; und vor der anderen, gegen den eigenen Vertrag zu verstoßen.

Denn was die Befürworter einer rein europäischen, von Brüssel aus gesteuerten finanziellen Hilfsaktion gern zu übersehen pflegten, ist die Tatsache, dass der gerade in Kraft getretene Vertrag von Lissabon das verbietet. Allein Hilfe im äußersten Notfall - und dann auch nur zu den jetzt beschlossenen Bedingungen - lässt sich mit dem Vertrag gerade noch in Einklang bringen. Mit allem anderen wäre der Lissabon-Vertrag erneut vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gelandet und in diesem Fall kaum so glimpflich davongekommen, wie beim letzten Mal.

Griechenland weiß nun, woran es ist. Noch hat Athen nicht auf den Alarmknopf gedrückt - und wird es vielleicht auch gar nicht tun. Denn der Gipfelbeschluss besitzt einen gleich dreifachen Charme: Er spornt die eigenen Rettungsanstrengungen an. Er signalisiert den Investoren, dass sie kein fatales Risiko beim Kauf etwa von griechischen Staatsanleihen eingehen. Und Spekulanten wird das Geschäft verhagelt. So liegt der eigentliche Zauber dieses Beschlusses darin, dass er vor allem dann wirkt, wenn er nicht angewendet wird.

© SZ vom 26.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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