Dubai in Geldnöten:Schocksignal vom Persischen Golf

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Bestürzung an den Finanzmärkten: Dubai bittet seine Gläubiger um Zahlungsaufschub. Die Herausforderung der Natur - durch den Bau künstlicher Inseln - war doch zu teuer.

Irgendwo auf der Welt lauern immer Risiken. Nun sind es die jähen Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des ehemaligen Boom-Emirats Dubai, die an den deutschen Börsen Ängste geweckt und viele Anleger zu Verkäufen bewogen haben. Der deutsche Leitindex Dax fiel bis zum Nachmittag um knapp zwei Prozent.

Künstliche Palmeninsel vor Dubai: Die Regierung bittet die Gläubiger der Bauherren um Zahlungsaufschub. (Foto: Foto: Getty Images)

Besonders Aktien von Unternehmen, an denen arabische Staaten beteiligt sind, gerieten unter Druck. Auch die Finanzwerte gaben angesichts der Befürchtungen um mögliche Zahlungsprobleme nach. Allerdings blieben die Handelsumsätze wegen des amerikanischen Thanksgiving-Feiertages gering.

Commerzbank und Deutsche Bank fielen um je mehr als vier Prozent. Aber auch die Autowerte ließen Federn: Volkswagen verlor 3,2 Prozent, die nicht im Dax notierten Porsche sogar mehr als fünf Prozent. "Alles, was in arabischer Hand ist, wird im Moment verkauft", sagte ein Händler.

Hoffnung auf Hilfe erschüttert

Katar ist an Porsche beteiligt, während bei Daimler Aabar Investments aus Abu Dhabi Großaktionär ist. Möglicherweise hätten Anleger Angst, dass die Araber ihre Aktienpositionen auflösen könnten, um Liquidität zu beschaffen, sagte ein Aktienhändler. Allerdings fielen auch BMW um knapp zwei Prozent.

Die Regierung Dubais hatte am Vortag überraschend die Gläubiger der Bauherren seiner spektakulären Palmeninsel um einen Zahlungsaufschub gebeten. Das sorgte für Aufruhr an den Finanzmärkten - hatten sich doch die Anleger darauf verlassen, dass das Emirat seine von der Finanzkrise ausgelösten Probleme nicht zuletzt mit Hilfe der ölreichen Nachbarn und Partner in den Vereinigten Arabischen Emiraten bewältigen könnte.

Dubai begründete seine Bitte mit der Restrukturierung der beiden Unternehmen Dubai World und Nakheel, die gemeinsam die berühmte Palmen-Insel im Meer entwickeln und bauen sollten.

Die Dach-Holding Dubai World brauche Zeit für ihre Neuordnung und bemühe sich um einen Aufschub bei der Rückzahlung der Schulden bis mindestens 30. Mai 2010, teilte die Regierung mit.

Das spektakuläre Großprojekt galt vor der Krise als Demonstration des ungeheuren finanziellen Potentials des Landes mit seinen 1,7 Millionen Einwohnern. Die Rückzahlung der dafür aufgenommenen Schulden ist nun in der Kreditklemme aber auch der Lackmustest dafür, ob das Emirat seinen Verpflichtungen trotz des Abschwungs nachkommen kann.

Viel Vertrauen zerstört

"Dubai World hat offiziellen Angaben zufolge Schulden im Umfang von 59 Milliarden Dollar angehäuft. Dies sind drei Viertel der gesamten Staatsschulden. Ein Nakheel-Bond über 3,5 Milliarden Dollar wird demnach am 14. Dezember fällig, eine Vereinbarung über knapp eine Milliarde Dollar am 13. Mai. Ein weiterer Immobilien-Entwickler unter dem Dach von Dubai World, Limitless, muss zum 31. März 1,2 Milliarden Dollar zurückzahlen.

"Der Markt hat eine pünktliche Rückzahlung der 3,5 Milliarden Dollar erwartet", sagte Eckhart Woertz vom Golf-Forschungszentrum. Nun sei viel Vertrauen zerstört. Andere Vermögensverwalter bezeichneten das Signal aus Dubai als schockierend.

"In den vergangenen Monaten gaben die aktuellen Nachrichten den Anlegern eher das Gefühl, dass Dubai aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Verpflichtungen nachkommt", sagte Shakeel Sarwar von der Investmentbank Sico. Und Commerzbank-Experte Luis Costa sagte, er rechne nicht mit einem Staatsbankrott Dubais. "Die Partnerstaaten Dubais in den Vereinigten Arabischen Emiraten werden Dubai finanziell zur Seite stehen, nicht zuletzt das finanzstarke Abu Dhabi."

Anders klang ern Händler für Kreditversicherungen. "Das ist ein Riesending - das größte Kreditereignis auf staatlicher Seite seit dem Beginn der Krise", sagte der Mann. "Es war nicht vollständig unerwartet, aber bisher lag das Scheinwerferlicht hier eher auf der Ukraine."

Sorgen auch um benachbarte Emirate

Das osteuropäische Land taumelt seit Monaten am Rand der Zahlungsunfähigkeit, wird aber vom Internationalen Währungsfonds gestützt. An den Anleihemärkten schnellten die Versicherungssummen gegen einen Ausfall der Dubaier Schulden in die Höhe. So schossen die Kosten für entsprechende fünfjährige CDS-Derivate um 100 Basispunkte auf 420,6 Basispunkte.

Zudem kamen Sorgen auf, dass benachbarte Emirate wie Abu Dhabi aber auch Katar sowie Saudi-Arabien in ernste Zahlungsschwierigkeiten geraten könnten: Auch hier legten die Kosten für die Ausfallversicherungen deutlich zu. Die Turbulenzen zogen Kreise bis an die Aktienmärkte und bestätigten dort Anleger, die mit Skepsis auf die weitreichenden und langwierigen Ausläufer der Krise blicken.

"Hauptgrund für die aktuellen Zahlungsschwierigkeiten Dubais ist der Niedergang des heimischen Immobiliensektors - eine Folge der Finanzkrise", erklärte Commerzbank-Experte Costa. Nach dem Platzen der Immobilienblase in den USA, was als Auslöser der Finanzkrise gilt, gingen die Häuserpreise in vielen Ländern der Welt in den Sinkflug über - so auch in Dubai. Zusammen mit verschärften Kreditbedingungen und dem Rückzug vieler Investoren aus Bauprojekten führte das dazu, dass die staatseigenen Immobilienunternehmen nun in Bedrängnis geraten.

Dubai stiftete zudem Verwirrung mit seiner Entscheidung, sich aus einem Finanzierungsprogramm nur die Hälfte der Summe zu besorgen, die es vor wenigen Wochen angekündigt hatte. Die Regierung leihe sich bei zwei Banken in Abu Dhabi fünf Milliarden Dollar mit einer Laufzeit von fünf Jahren und zu einen Zinssatz von vier Prozent, hieß es.

Irritierte Experten

Erwartet worden war, dass Dubai zehn Milliarden Dollar aufnimmt und damit die zweite Hälfte des Programms gänzlich ausschöpft. Experten zeigten sich irritiert. Es sei weder klar, was Dubai mit den ersten zehn Milliarden Dollar angefangen habe, noch warum es nun auf fünf Milliarden Dollar verzichte, hieß es. "Wir haben nichts mehr gehört seit Mai, als es hieß, dass ein Teil des Geldes für eine Refinanzierung der Nakheel-Schulden genutzt worden sei", sagte Caroline Grady von der Deutschen Bank.

© sueddeutsche.de/Reuters/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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