Daimler:Abu Dhabi wird Großaktionär

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Erleichterung beim Stuttgarter Autohersteller: Der Staatsfonds Aabar aus dem Emirat Abu Dhabi steigt mit 9,1 Prozent ein und bringt Daimler frisches Kapital.

Dagmar Deckstein, Stuttgart

Viele Monate lang wurde spekuliert, ob es Daimler gelingen würde, noch einen weiteren Großaktionär außer dem langjährigen Anteilseigner Kuwait zum Einstieg zu bewegen. Daimlers monatelange weltweite Werbetour um neue Investoren hat jetzt zu einem ersten Erfolg geführt. Der unter der anhaltenden Autokrise leidende Konzern ist erneut am Persischen Golf fündig geworden und hat die staatlich kontrollierte Investmentgesellschaft Aabar aus dem Emirat Abu Dhabi als neuen Großaktionär ins Haus holen können.

Ein Investor aus Abu Dhabi soll Daimler aus der Krise helfen. (Foto: Foto: dpa)

Aabar will 9,1 Prozent an Daimler erwerben und steigt damit zum größten Anteilseigner des Stuttgarter Autokonzerns auf, dessen Aktien sich bis vor kurzem zu 93 Prozent in Streubesitz befanden. Größter Einzelaktionär bei Daimler ist seit 1974 das Emirat Kuwait. Es besitzt 7,6 Prozent der Anteile am Konzern. Nach der mit dem Aabar-Einstieg angestrebten Kapitalerhöhung wird Kuwaits Daimler-Anteil auf 6,9 Prozent sinken. Wie Daimler am Sonntagabend in Stuttgart mitteilte, erwarb Aabar Investments nach einer Erhöhung des Daimler-Grundkapitals um rund zehn Prozent alle neuen Aktien zum Ausgabepreis von 20,27 Euro pro Aktie.

Der Daimler-Aufsichtsrat habe der Kapitalerhöhung ebenfalls am Sonntag zugestimmt. Dem Stuttgarter Konzern fließen damit 1,95 Milliarden Euro an neuem Eigenkapital zu. Dies bedeute "eine zusätzliche Flexibilität für Investitionen in neue Fahrzeugtechnologien in einer Zeit, die durch wirtschaftliche Unsicherheit und makroökonomische Instabilität gekennzeichnet ist", erklärte der wie viele andere Hersteller unter der Absatzkrise leidende Autokonzern. "Wir freuen uns sehr, in Aabar einen neuen Großaktionär begrüßen zu können, der unsere Unternehmensstrategie unterstützt und mit uns gemeinsam strategische Projekte auf den Weg bringt2, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche.

Die künftige Zusammenarbeit von Daimler und dem neuen Großaktionär soll sich nach Konzernangaben auf Fahrzeuge mit Elektroantrieb, die Entwicklung und Produktion von innovativen Verbundwerkstoffen für die Automobilproduktion und nicht zuletzt auch auf soziale Projekte konzentrieren, etwa auf die Gründung einer Ausbildungseinrichtung in Abu Dhabi für junge Talente, die eine Position in der Automobil-Industrie anstreben. Aabar wird von der International Petroleum Investment Company (IPIC) kontrolliert, die sich im Besitz der

Regierung des Emirats Abu Dhabi befindet. Über einen Einstieg von Abu Dhabi war bereits seit Monaten spekuliert worden.

Marktwert eingebrochen

Schon Anfang Februar hatte es am Finanzmarkt das Gerücht gegeben, IPIC wolle bei Daimler einsteigen. Allerdings war damals von einem Anteil von 25 Prozent die Rede gewesen. "Daimler ist eine Marken-Ikone und ein finanziell starkes Unternehmen, das weltweit für Spitzenleistungen bekannt ist. Wir freuen uns sehr über die Gelegenheit zu diesem Investment und über das wirtschaftliche Potenzial unserer Partnerschaft. Wir sind überzeugt, dass unsere künftige Zusammenarbeit nicht nur Aabar nützen, sondern auch Abu Dhabi und den Vereinigten Arabischen Emiraten soziale und wirtschaftliche Vorteile bringen wird", sagte Khadem Al Qubaisi, der Chef der Aabar-Investmentgesellschaft.

Schon lange vor Beginn der Automobilkrise bemüht sich das Daimler-Management darum, Ankerinvestoren zu gewinnen. Seit vielen Monaten bereits bewegt sich der Marktwert des Stuttgarter Autokonzerns mit einem Jahresumsatz um die 100 Milliarden Euro gerade mal bei etwa 20 Milliarden Euro, und Daimler fürchtet deswegen schon seit längerem, zum feindlichen Übernahmekandidaten von Hedgefonds oder sonstigen Finanzinvestoren zu werden.

Der Staatsfonds aus Abu Dhabi war vor vier Jahren mit dem Versuch gescheitert, bei einem anderen deutschen Autohersteller einzusteigen. Der Fonds wollte Großaktionär bei der Volkswagen AG werden. Doch man konnte sich mit der VW-Führung nicht auf eine gemeinsame Basis einigen. Angeblich verwaltet die Investmentgesellschaft 500 Milliarden Euro und wäre damit der größte Staatsfonds der Welt.

Über einen Einstieg von Abu Dhabi war bereits seit Monaten spekuliert worden. Daimler will mit seinem neuen Großaktionär nun auch im Tagesgeschäft zusammenarbeiten: Gemeinsam soll die Entwicklung von Elektroautos sowie von Verbundwerkstoffen vorangetrieben werden. "Über konkrete Projekte wird gerade gesprochen", sagte ein Sprecher auf Anfrage. In Abu Dhabi selbst sollen junge Leute für die Autoindustrie ausgebildet werden. Finanziert werden soll dies nicht zuletzt mit dem Milliardenerlös der Kapitalerhöhung.

"Daimler ist eine Marken-Ikone und ein finanziell starkes Unternehmen, das weltweit für Spitzenleistungen bekannt ist", begründete Aabar-Chef Khadem Al Qubaisi das Engagement. Der bisherige Großaktionär Kuwait ist seit 1974 im Unternehmen engagiert. Zuletzt hatte es auch hier Spekulationen gegeben, das Emirat könne seinen Anteil ausbauen.

Weitere Details zum Einstieg der von Abu Dhabi kontrollierten Investmentgesellschaft Aabar will Daimler an diesem Montag bei einer Pressekonferenz in Stuttgart mitteilen. Daran sollen Zetsche und der Aabar-Vorsitzende Khadem Al Qubaisi teilnehmen, hieß es am Sonntagabend in Stuttgart.

© SZ vom 23.03.2009/dpa/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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