Deutsche Bank: Angebot an Postbank-Anleger:Der Spatz in der Hand

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Postbank-Anleger müssen sich jetzt entscheiden, ob sie ihre Aktien an die Deutsche Bank verkaufen - oder auf bessere Zeiten warten. Was Analysten raten.

Harald Freiberger

Die Aktionäre der Postbank erhalten in diesen Tagen Post von ihrem Kreditinstitut. Sie müssen sich bis 4. November entscheiden, ob sie das Angebot der Deutschen Bank annehmen. Diese will die Mehrheit an der Postbank erwerben und zahlt Anlegern 25 Euro pro Aktie. Konrad Becker, Bankenanalyst bei Merck Finck, rät seinen Kunden zuzugreifen. "Lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach", ist seine Devise. Die Aussichten, dass Anleger zu einem späteren Zeitpunkt einen höheren Preis erzielen könnten, seien sehr vage.

Die Deutsche Bank bietet Postbank-Anlegern 25 Euro je Aktie an - ob sich das Geschäft für die Aktionäre lohnt, ist ungewiss. (Foto: dapd)

Die Deutsche Bank hält derzeit 29,95 Prozent an der Postbank. Es ist so gut wie sicher, dass sie mit ihrem Angebot an die Aktionäre über die wichtige Schwelle von 30 Prozent kommt. Dann kann sie die Postbank konsolidieren, das heißt, deren Ergebnisse in die eigene Bilanz überführen. Damit muss die Deutsche Bank den freien Aktionären der Postbank auch kein höheres Angebot mehr machen, wie es derzeit noch nötig wäre. Grundlage dafür ist ein Vertrag mit der Post, die noch knapp 40 Prozent an der Postbank hält.

Laut dem Vertrag kauft die Deutsche Bank im Februar 2012 der Post einen großen Teil der Postbank-Aktien zum festen Preis von 45 Euro ab. Diesen Preis müsste sie den freien Aktionären - sie halten rund 30 Prozent - nach dem Wertpapierhandelsgesetz schon ein Jahr vorher anbieten, also im Februar 2011. Da die Deutsche Bank nun aber das Angebot von 25 Euro macht, entfällt diese Pflicht, sofern sie über die 30-Prozent-Schwelle kommt.

"Es ist unwahrscheinlich, dass die Deutsche Bank im laufenden oder nächsten Jahr ein höheres Angebot vorlegt", sagt Analyst Becker. Deshalb sei Abwarten allenfalls für Investoren mit einem sehr langen Anlagehorizont sinnvoll. Dann könne es durchaus eine Chance geben, dass die Deutsche Bank einige Euro mehr für die Aktie bietet, um die Postbank schließlich mit 100 Prozent zu kontrollieren.

Abwarten als Risiko

Das Szenario könnte so aussehen: Derzeit hält die Deutsche Bank knapp 30 Prozent an der Postbank; wenn in den nächsten Wochen 10 bis 20 Prozent der freien Aktionäre das Angebot annehmen und 2012 schließlich die knapp 40 Prozent der Post dazukommen, hätte die Deutsche Bank dann 80 bis 90 Prozent der Aktien. Um die restlichen Papiere einzusammeln, könnte sie über die Börse weitere Aktien aufkaufen - oder aber ihr Angebot aufstocken.

Verlassen können sich Anleger darauf allerdings nicht. "Es ist ein riskanter Weg, denn wenn die Deutsche Bank über 95 Prozent kommt, hat sie die Möglichkeit eines sogenannten Squeeze-outs, mit dem sie den verbliebenen Aktionären ein Pflichtangebot macht, das diese nicht ausschlagen können", sagt Becker.

Dieses Pflichtangebot würde sich nach dem Durchschnittskurs der vorangegangenen Monate richten. Damit wäre der Kurs kaum höher als derzeit, denn richtiges Potenzial nach oben traut Becker der Postbank-Aktie bis 2012 kaum zu. Auch von dieser Seite sei die Chance also gering, dass Aktionäre künftig einen höheren Preis erzielen können.

"Das Geschäftsmodell der Postbank, Privatkunden einfache Produkte anzubieten, ist gut", sagt der Analyst. Aber die Profitabilität der Postbank sei schwach, weil toxische Wertpapiere in Höhe von rund sechs Milliarden Euro das Institut belasteten. Für diese muss die Bank künftig auch mehr Eigenkapital vorhalten. Nicht von ungefähr wendet die Deutsche Bank fast acht ihrer rund zehn Milliarden Euro, die sie aus der Kapitalerhöhung einnimmt, für die Kapitalisierung der Postbank auf.

Philipp Häßler vom Analysehaus Equinet argumentiert ähnlich wie sein Kollege Becker. "Ich könnte mir vorstellen, dass die Deutsche Bank nachlegt, aber nicht vor 2012", sagt er. In den nächsten zwei Jahren wäre das in die Aktie investierte Geld damit totes Kapital - eine für Privatanleger nicht gerade reizvolle Aussicht.

© SZ vom 12.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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