Banken: Präventive Maßnahmen:Kontrollieren, spalten, abwickeln

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Die Rettung von Geldinstituten kostet den Staat Milliardenbeträge. Was jetzt getan werden kann, damit derartige Eingriffe nicht mehr nötig werden - ein Überblick.

A. Hagelüken

Als die Bundesregierung vergangenen Herbst die marode Bank Hypo Real Estate rettete, sah sie keine Alternative. Sie fürchtete, ein Kollaps der HRE würde Sparer in Panik versetzen und der Wirtschaft schaden. Aus diesem Kalkül begannen sie und die Bundesländer eine Serie von Rettungsaktionen: HRE, Commerzbank, BayernLB, HSH und so weiter. Regierungen in anderen EU-Staaten handelten ganz ähnlich und pumpten Milliarden in ihre Finanzbranche.

Staaten baggern zur Zeit viele Geldhäuser aus dem Matsch. (Foto: SZ-Collage: Reuters, ddp)

Welche Unsummen diese Politik verschlingt, schätzte Ende Juni die Brüsseler Kommission ab. Je nachdem, wie viele Kredite und andere Finanzspritzen die Geldhäuser am Ende an den Staat zurückzahlen, kostet die Bankenrettung die EU-Staaten mindestens 800 Milliarden Euro. Und im schlimmsten Fall sogar 1,8 Billionen Euro. Anders ausgedrückt: Zwischen einem Drittel und zwei Drittel der deutschen Wirtschaftsleistung verschwinden durch den Kamin. Viele Steuerzahler dürften sich fragen, was getan werden könnte, um solche teuren Rettungsaktionen in Zukunft zu vermeiden. Hier eine Übersicht:

Banken zahlen lassen

Immer mehr Ökonomen erwärmen sich für die Idee, die Branche an den Kosten ihrer Sonderrolle zu beteiligen. Die Überlegung ist, dass es immer Institute geben wird, die gerettet werden müssen, weil ihre Pleite das ganze Geldsystem bedroht - die Verflechtung der Finanzmärkte wird eher zunehmen. Wenn manche Banken sich also auf eine Rettung verlassen können, sollten sie für dieses Privileg durch eine Sondersteuer oder Versicherungsprämie zahlen. Die Nachteile: Wenn ein einzelner Staat wie Deutschland dies im Alleingang einführt, benachteiligt er aber seine heimischen Institute.

Schärfer kontrollieren

Die klassische Antwort wäre, die Banken besser zu beaufsichtigen, damit sie nicht inSchieflage geraten. Die EU-Regierungen wollen zum Beispiel nächstes Jahr ein Frühwarnsystem installieren, bei dem ein Ausschuss den Markt beobachtet, frühzeitig instabile Institute erkennt und warnt. Die Vergangenheit zeigt allerdings, dass Aufseher dem Markt meist hinterherrennen und über die Blase von gestern philosophieren, während sich schon die Blase von morgen bildet.

Professor Martin Faust schlägt daher vor, den Banken grundsätzlich einen stärkeren Puffer gegen Risiken aufzuzwingen, die die Bank in Schieflage bringen können. Bisher müssen sie acht Prozent Eigenkapital für ihre Risiken aufweisen, das ist dem Frankfurter Finanzexperten zu wenig. Faust glaubt, dass dies sogar Geldhäuser schützen würde, die wie die HRE wegen kurzfristigen Finanzbedarfs in die Klemme geraten: "Mehr Eigenkapital schafft Vertrauen".

Schrumpfen und zerlegen

Je größer eine Bank, desto eher reißt sie das ganze Geldsystem mit und desto schwerer kann man sie deshalb pleite gehen lassen. Diese Überlegung bewegt manchen Notenbanker und Politiker, eine Schrumpfung der Finanzkollege zu fordern.

Das ginge allerdings nur international: Wenn Deutschland alleine seine Banken schrumpfte, könnten sie bei weltweiten Geschäften mit der groß gebliebenen Konkurrenz kaum mithalten. Außerdem: Was wäre eine handliche Größe, ab der man ein Geldhaus problemlos verschwinden lassen kann. Die Bundesregierung fand schon die vergleichsweise kleine Mittelstandsbank mit einer Bilanzsumme von 2008 50 Milliarden Euro zu groß, um sie pleite gehen zu lassen.

Nimmt man diese Zahlen als Maßstab, müssten sehr viele deutsche Banken sehr stark schrumpfen, um handlich genug zu sein. Was nicht realistisch klingt. Professor Faust schlägt daher vor, das Banken riskante Spekulationen auf eigene Rechnung vom Kundengeschäft abspalten und in spezielle Gesellschaften ausgliedern müssen. Die Logik wäre, dass solche Spezialgesellschaften dann einfach pleite gehen könnten, ohne das Vertrauen der Märkte zu erschüttern.

Geordnet plattmachen

Auffällig viele Finanzaufseher forderten in den vergangenen Tagen, der Staat müsse Finanzkonzerne auch mal aus dem Markt ausscheiden lassen. Nach dem deutschen Bafin-Chef Jochen Sanio äußerte sich auch Jaime Caruana entsprechend, der Generaldirektor der Bank für internationalen Zahlungsausgleich. Die Aufseher wollen wohl verhindern, dass sich wichtige Geldhäuser nach der katastrophalen Erfahrung mit der Pleite der US-Bank Lehman auf eine Rettung verlassen und ungehemmt spekulieren.

Ob ihre Ankündigungen einer "geordneten Abwicklung" von Geldhäusern mehr ist als eine Drohung, muss sich noch zeigen. Natürlich wäre es reizvoll, wenn die Regierungen marode Banken ohne größeren Schaden für die Volkswirtschaft pleitegehen lassen könnte - nur müssen die Herren ihre Ideen jetzt konkretisieren.

© SZ vom 08.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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