Apple: Ergebnisprognosen:"Die Profis haben es versemmelt"

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Sechs Milliarden Dollar: Der letzte Quartalsgewinn von Apple hat alle Dimensionen gesprengt - die professionellen Analysten waren überfordert. Ein paar Blogger lagen mit ihren Prognosen allerdings goldrichtig.

Bastian Brinkmann

Wer den Kurs der Apple-Aktie vorhersagen wollte, musste sich in den vergangenen Monaten eigentlich nur zurücklehnen und den Daumen hochhalten. Im vergangenen Quartal hat der Konzern satte sechs Milliarden Dollar Gewinn gemacht, der Umsatz sprang auf fast 25 Milliarden.

Das Apple-Logo im Dunklen: Etliche Blogger brachten vor der Veröffentlichung des Quartalsergebnisses mehr Licht in die Finanzen des Technologiekonzerns als die Analysten der Wertpapierhäuser. (Foto: REUTERS)

Eine ganze Reihe von hochbezahlten Profi-Analysten rechnen und knobeln jedes Mal, welche Zahlen der Konzern in seinem Vierteljahres-Bericht vorlegen wird. Doch diesen Milliarden-Gewinn für Apple haben sie nicht kommen sehen - im Gegensatz zu Amateur-Bloggern, die im Internet ihre eigenen Prognosen veröffenlichen.

"Die Amateure haben es gerockt, die Profis versemmelt", schreibt ein Journalist des US-Magazins Fortune, der fast 50 Analysen verglichen hat. Er hat ein Ranking veröffentlicht: Auf den ersten 13 Plätzen landen Blogger, erst dann folgen klangvolle Namen der Finanzindustrie wie UBS, Morgan Stanley und die Deutsche Bank.

Am weitesten von der Realität entfernt: der Analyst von Goldman Sachs. Seine Umsatzprognose lag 2,7 Milliarden Dollar unter der Zahl, die Apple bekanntgab.

Seit Jahren sind die Analysen der Blogger exakter als die der Profis: In den vergangen elf Quartalen haben sie genauer Umsatz und Gewinn vorhergesagt, hat der venezolanische Blogger Daniel Tello berechnet. Er selbst hat auch eine Prognose abgegeben, und keine schlechte: 6,32 Dollar Gewinn pro Aktie war sein Tipp - tatsächlich waren es 6,40 Dollar.

Gezielt gestreute Gerüchte

Apple versteht es wohl wie kein zweiter Konzern, Blogger zu seinem Gunsten einzusetzen. Es gehört zur Marketingstrategie des Technologiekonzerns, Gerüchte über neue Produkte zu streuen - diverse Blogs stürzen sich gerne auf diese Themen. Auch das finanzielle Wohl und Wehe der Firma wird eng begleitet.

Man könnte die Blogger vielleicht mit Fußballfans vergleichen, die ihrer Mannschaft immer einen Sieg zutrauen - oft schätzen sie optimistischer als die Profis. Die Huffington Post hat eine Grafik zusammengestellt, die zeigt: Den Umsatz hat fast jeder Blogger zu optimistisch veranschlagt. Auch der Venezolaner Tello lag hier fast 600 Millionen Dollar daneben.

Doch auch in Zeiten, als die Apple-Aktie unter Druck war, lagen die Blogger vorne. Im Oktober 2008 verkündete der Konzern, dass das Geschäft mit Mac-Computern schlecht lief - und lag damit unter allen Prognosen. Unterm Strich kamen die besten Vorhersagen jedoch auch damals nicht von den Profis, sondern von den Bloggern.

Die Analysten der Wall Street sind im Allgemeinen eher konservativ und haben auch bei den jetzigen Vorhersagen für die Anzahl der verkauften Produkte tiefgestapelt. Pluspunkt für sie: Ihre Prognosen stimmten beim iPad - weil der Konzern mit der Produktion nicht hinterherkam.

Eine andere Erklärung für ihr Verhalten: Aktienkurse können einbrechen, obwohl Rekordgewinne gemeldet werden - wenn diese nämlich hinter dem zurückbleiben, was Analysten vorhergesagt haben. Ihre Prognosen haben einen starken Ankereffekt. Sind sie niedriger, werden sie leichter übertroffen, was den Kurs steigen lässt. Das freut dann oft die Kunden, die bei den Banken der Analysten beispielweise in Apple investiert haben.

Starker Herdentrieb

Wissenschaftler haben außerdem gezeigt, dass Analysten einem starken Herdentrieb unterliegen. Keiner bricht gerne als Einziger nach oben aus, sondern prognostiziert lieber ein Ergebnis, das im Mittelfeld liegt.

Kurioserweise richteten sich die Prognosen außerdem oftmals nicht nach Erwartungen an die Zukunft, die sie ja eigentlich beurteilen sollen, sondern nach der aktuellen Lage, wie eine neue Studie der Fachhochschule Ostfalia in Wolfsburg zeigt. "Analysten sind gefangen im Hier und Jetzt", urteilten die Forscher. In 98,5 Prozent der untersuchten Fälle hätte die Prognose den tagesaktuellen Status quo reflektiert, statt analog zum Wetterbericht robuste Vorhersagen zu treffen.

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