Stimmen zum iPad:"Es ist ein Kindle-Killer"

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Apple-Chef Steve Jobs hat eine gute Show hingelegt, als er am Mittwoch das neue iPad präsentiert hat, finden Experten. Nur darüber, was das Gerät kann, sind sie sich absolut uneinig.

"Ehrlich gesagt bin ich auf Steve Jobs' Rede an die Nation gespannter als auf die von Obama", schreibt ein Kommentator auf einem amerikanischen Technologie-Blog. Und wirklich dürfte das neue Apple-Produkt am Mittwoch zumindest im Internet größeres Aufsehen erregt haben als die jährliche Ansprache des US-Präsidenten.

Das neue iPad von Apple. (Foto: Foto: AP)

Richard Kalgaard, Herausgeber von Forbes schreibt im Wall Street Journal: "Gestern hat Apple-Chef Steve Jobs die Welt wieder in Atem gehalten und gezeigt, was möglich ist, wenn man seinem Publikum Substanz und Ideen serviert." Steve Jobs sei ein besserer Verkäufer von Ideen als Obama, meint Kalgaard. Der Präsident solle doch bei ihm mal ein paar Unterrichtsstunden nehmen.

Soweit zur Show um den neuen Tablet-Computer. Über das, was das Gerät, angepriesen als Lesegerät für E-Books und Zeitungen, als Helferlein für E-Mail-Anwendungen, Musik, Fotos, Videos und Spiele wirklich kann, gehen die Meinungen auseinander - falls die Kommentatoren denn überhaupt schon eine Meinung haben.

"Die Zukunft in der Hand"

MC Siegler postet auf dem IT-Blog Techcrunch "Das iPad ist, als hielte man die Zukunft in der Hand. Aber nur, weil ich aus der iPhone-Schule komme." Das Gadget sei für Apple allerdings "der größte Schritt bisher".

Technologie-Papst Robert Scoble dagegen zeigt sich offen enttäuscht über das Familiengerät, dessen Design und Spiele vor allem Jugendliche Ansprechen soll: "Apples iPad hat die Erwartungen nicht erfüllt - weder meine, noch die der Leute, mit denen ich auf Twitter geredet habe."

Über den Kurznachrichten-Dienst Twitter erzählt eine Nutzerin von einem ganz unerwarteteten Problem mit dem iPad: "Meine Tochter Emma (fast zwölf) kapiert den Namen nicht."

Konkurrenz für Kindle?

Auch über den Markterfolg des Gerätes sind sich die Kenner der Szene alles andere als einig: Der eigentlich beigeisterte Kalgaard stellt den Erfolg des iPads in Frage, wenn auch nicht aus technischen Gründen: "Niemand weiß, ob das iPad ein Erfolg in der Größenordnung von Macintosh, iPod und iPhone wird", schreibt er. "Ich wäre nicht dagegen, auch wenn es offensichtliche Gegenargumente gibt: Das kleinste Modell kostet nur 499 Dollar (ohne UMTS-Verbindung und Mobilfunkvertrag), aber die Geldbeutel der Konsumenten sind zugenäht und Business-Kunden werden möglicherweise zunächst abwartend reagieren."

Auf nytimes.com diskutieren Nick Bilton und Brad Stone, ob das iPad das Lesegerät Kindle von Amazon übertrumpfen kann. Bilton glaubt, dass der Kindle zukünftig keine Chance haben wird. Sein erstes Argument ist die schnelle Veränderung der Inhalte: "Wenn man sich die Art ansieht, wie wir heute digitale Inhalte nutzen, dann geht das weg vom reinen Lesen von Worten hin zum Konsum multimedialer Angebote."

Seiner Einschätzung nach kann der Kindle diese Veränderung technisch nicht schnell genug abbilden. Auch der Preis des Kindle DX (489 Dollar) ist seines Erachtens gegenüber dem iPad und anderen Tablet-PCs nicht mehr wettbewerbsfähig. Außerdem weist Bilton darauf hin, dass es ja bereits eine sehr gute iPhone-App für Amazon-Inhalte gibt. So rechnet er damit, dass sehr viele Menschen das Kindle-Angebot nutzen werden. Nur eben über den iPad.

Gates meint gar nichts

Stone dagegen ist überzeugt davon, dass sich die Fans von E-Book-Readern in zwei Lager aufteilen werden: in echte Buchliebhaber, die weiter auf den Kindle setzen und in die anderen, die nicht wirklich am Lesen interessiert sind. Seiner Ansicht nach ist die beim Kindle verwandte E-Ink-Technologie für echte Leser besser geeignet. Gerade die Abwesenheit von E-Mail, Twitter und TV ist seines Erachtens eines der nachhaltigen Kaufargumente für den Kindle. Außerdem hält Stone Amazon für weitaus besser in der Lage, Inhalte zu attraktiven Konditionen anzubieten. Seine Prognose: "Amazon wird voraussichtlich die Preise von Apples neuem Buchladen unterbieten."

Ganz einfach hat es sich Microsoft-Gründer Bill Gates mit seinem Urteil gemacht: Er behauptet, gar keine Zeit zu haben, sich die Präsentation neuer Apple-Produkte anzusehen. Er wolle für den Rest seines Lebens mit seiner Stiftung das Elend in der Welt bekämpfen. "Ich wünschte mir, dass die Entwicklung von Impfstoffen einmal so viel Aufmerksamkeit erregte wie Computer."

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