Neue Software für Android-Smartphones:Zuckerberg präsentiert Facebook Home

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Handy mit Facebook statt Facebook-Handy: Mark Zuckerberg stellt eine Erweiterung für das Smartphone-Betriebssystem Android vor, die das soziale Netzwerk auf dem Handy allgegenwärtig macht.

Von Benjamin Romberg

Mark Zuckerbergs erste Worte ließen die Medienvertreter aufhorchen, die sich am Donnerstag in Facebooks Firmenzentrale im Menlo Park versammelt hatten. "Heute reden wir endlich über das Facebook-Phone", sagte der Firmengründer und hielt kurz inne, um die Reaktion der Anwesenden abzuwarten. Seit Jahren wird über ein solches Gerät spekuliert, nicht wenige Experten waren sich sicher, dass es dieses Mal soweit sein würde, als das Unternehmen vor einigen Wochen zur Präsentation geladen hatte.

Doch dann ergänzte Zuckerberg: "Genauer: Wir werden darüber reden, wie Sie Ihr Handy in ein Facebook-Phone verwandeln können." Damit war klar, dass Facebook nicht unter die Handyhersteller geht. "Come and see our New Home on Android" war das Motto der Veranstaltung - und genau das präsentierte das Unternehmen auch: ein neues "Zuhause" für das soziale Netzwerk.

Facebook Home heißt die Erweiterung für das Smartphone-Betriebssystem Android, ein sogenannter Launcher, also eine App, die sich nach der Installation als neue Nutzeroberfläche einrichtet. Auf dem Start- wie auf dem Sperrbildschirm erscheinen Neuigkeiten aus dem Facebook-Newsfeed, wie Fotos oder Statusmeldungen von Freunden. Coverfeed heißt diese Neuerung, die das gesamte Display einnimmt. Die Facebook-Basisfunktionen können auf dem Startbildschirm genutzt werden - um Beiträge zu liken oder zu teilen, müssen die User also keine App öffnen.

Kooperation mit HTC und Samsung

Facebook Home stelle Menschen in den Vordergrund anstelle von Apps, erklärte Zuckerberg. Um vom Coverfeed zu anderen Apps zu gelangen, muss der Nutzer auf sein eigenes Profilbild unten auf dem Bildschirm drücken, dann erst öffnet sich ein Launcher mit weiteren Anwendungen wie Whatsapp, Kamera oder Instagram. Das Technikblog Techcrunch hat Facebook Home bereits getestet.

Als zweite entscheidende Neuerung neben dem Coverfeed präsentierte Zuckerberg Chatheads: Diese Anwendung rückt den Facebook-Messagingdienst in den Vordergrund. Wenn sich etwas in einem Chat mit einem Facebook-Freund tut, erscheint dessen Profilbild am rechten Bildschirmrand - egal, welche App gerade geöffnet ist. Per Fingertipp kann der Nutzer mit der Person in Kontakt treten und danach zur vorher genutzten App zurückkehren.

Facebook Home wird zunächst auf ausgewählten Android-Geräten von HTC und Samsung verfügbar sein, darunter das Galaxy S3. In Googles Play Store steht die Software vom 12. April an zum Download bereit. Am gleichen Tag soll mit dem HTC First in den USA das erste Smartphone auf den Markt kommen, auf dem Facebook Home schon beim Verkauf installiert ist. Zuckerberg hat es sich zum Ziel gemacht, möglichst viele Menschen mit der neuen Software zu erreichen, deshalb ist das Mittelklasse-Gerät des taiwanesischen Herstellers mit 99,99 Dollar sehr günstig.

HTC-Chef Peter Chou stellt das HTC First vor. (Foto: REUTERS)

Tablet-Version geplant

Das HTC First bietet ein 4,3 Zoll großes Display. Das Gerät, das vom Snapdragon S400 Dual-Core-Prozessor der Firma Qualcomm angetrieben wird, unterstützt den neuen Mobilfunkstandard LTE. Weitere Angaben zur Austattung machte HTC-Chef Peter Chou bei der Vorstellung des Handys nicht.

Es ist nicht das erste Mal, dass HTC und Facebook auf diesem Gebiet zusammenarbeiten: Im Februar 2011 hatte das Unternehmen aus Taiwan Salsa und ChaCha vorgestellt, zwei Smartphones mit eigenem Facebook-Button, über den User die wichtigsten Funktionen des Netzwerks nutzen konnten. Die Geräte waren aber nicht erfolgreich.

Auch in Europa sollen bald Smartphones mit Facebook Home auf den Markt kommen, sagte Zuckerberg. Allerdings zunächst nur bei den Netzbetreibern Orange und EE, die in Deutschland nicht aktiv sind. Zudem soll Facebook Home nicht nur auf Smartphones beschränkt bleiben, in einigen Monaten soll eine Tablet-Version folgen.

Noch im Januar hatte Zuckerberg bei einer Telefonkonferenz vorgerechnet, man könne mit einem eigenen Smartphone maximal ein Prozent der Nutzer erreichen. "Das bringt es nicht für uns", sagte er. Stattdessen wolle sein Unternehmen "auf möglichst allen mobilen Geräten vertreten und dort möglichst tief integriert sein". Genau das erreicht Facebook nun mit der Android-Erweiterung.

Zwar sagte Zuckerberg selbst nichts dazu, wie tief das Netzwerk mit der Installation auf dem Handy integriert wird. Vorab war aber bereits bekanntgeworden, dass Facebook viele Zugriffsrechte erhält: So könne es beispielsweise die W-Lan-Anbindung steuern, Systemeinstellungen ändern und sich selbst bei jedem Neustart des Handys aktivieren, schrieb Android Police, ein Technikblog, dem die Software angeblich vorab zugespielt worden war.

Android hat Apple abgehängt

Für Facebook hat die neue Anwendung im Vergleich zu einem eigenen Smartphone einen entscheidenden Vorteil: Potentiell kann nun jedes Android-Smartphone zum Facebook-Handy werden. Der Marktanteil des Betriebssystems, das 2005 von Google übernommen wurde, stieg im vergangenen Jahr laut der Marktforschungsfirma IDC auf 70 Prozent. Rivale Apple stagnierte mit seinem iPhone bei 20 Prozent.

Facebook will mit der Neuerung wohl auf dem mobilen Werbemarkt vorpreschen. Mehr als 20 Prozent der Zeit würden Smartphone-Nutzer mit Facebook verbringen, sagte Zuckerberg zu Beginn der Präsentation. Das Unternehmen schafft es jedoch bislang nicht, daraus Kapital zu schlagen. Ein Viertel der Werbeeinnahmen werde schon über mobile Geräte generiert, teilte Finanzchef David Ebersman bei der Präsentation der Daten für das Schlussquartal 2012 stolz mit. Nicht viel, wenn man bedenkt, dass zwei Drittel aller Facebook-Nutzer inzwischen mobil auf das Netzwerk zugreift.

Zuckerberg sprach bei der Präsentation von dem Startbildschirm als "Seele des Telefons". Diese Seele will Facebook mit seiner neuen Software nun einnehmen.

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