Datenschutz:Quizfrage: Wer gewinnt bei Facebook-Gewinnspielen?

Facebook

Viele Nutzer geben bei Gewinnspielen bereitwillig ihre Daten Preis - Facebook sagt danke.

(Foto: AFP)
  • Immer mehr Unternehmen veranstalten Gewinnspiele und Verlosungen auf Facebook. Dabei sammeln sie die Daten und Vorlieben der Beteiligten.
  • Auch Facebook selbst profitiert: Es erhält noch mehr Informationen über seine Nutzer.
  • Auch Betrüger nutzen die Begeisterung für Gewinnspiele und starten Fake-Verlosungen.

Von Katharina Kutsche

Gewinnspiele gibt es schon ewig, in Zeitschriften und Kreuzworträtseln etwa, bei Messen, am Tag der offenen Tür. Wo hoffnungsvolle Menschen früher noch eine Postkarte zu 50 Pfennig mit der Lösung verschicken mussten, tippen sie heute ihre Daten online ein. Oder sie durchforsten Facebook nach aktuellen Aktionen, klicken, kommentieren und stimmen ab - je nach dem, was der Veranstalter gern hätte.

Die Nutzer geben Informationen über sich preis, um etwa ein Gewürzset für 13,90 Euro zu gewinnen, das sie auch online bestellen oder in einem Laden kaufen könnten. Und die Unternehmen bezahlen Social Media-Manager, die ein Gewinnspiel ins Netz stellen und im Blick behalten. Warum der Aufwand?

Christine Steffen von der Verbraucherschutzzentrale Nordrhein-Westfalen sagt: "Aus Sicht des Datenschutzes kann man allgemein sagen, dass Gewinnspiele dazu dienen, an Kundendaten zu kommen." Wer das Gewinnspiel verknüpft mit seinen Produkten, die Nutzer abstimmen lässt über das beste oder schönste Modell, bekommt nicht nur Likes, sondern auch Kunden-Feedback.

Dazu kommt: Preisausschreiben werben für einen Marke und sorgen gerade im Netzdschungel für Aufmerksamkeit. Ein großer Elektronik-Händler etwa zeigt auf Facebook eine Live-Kochshow. Während der Sendung stellt die Moderatorin eine Frage, die im Kommentarbereich der Seite zu beantworten ist. Die Gewinner dürfen sich dann über einen Messerschärfer, einen Allesschneider oder einen Dörrautomaten freuen. Der doppelte Vorteil: Die Marke ist präsent und genügend Menschen sehen die Show. Das Video wird mehr als 64 000 Mal aufgerufen, rund 1000 Nutzer kommentieren.

Wer ein Gewinnspiel veranstaltet, egal ob analog oder digital, muss Regeln beachten. Das Spiel muss als solches erkennbar sein, dazu gehören Informationen wie Veranstalter, Zeitraum, Gewinn, Teilnehmerkreis, rechtliche Hinweise. Facebook ergänzt das um eigene Regeln. Gewinnspiele dürfen nur auf den Seiten von Unternehmen veranstaltet werden, nicht in persönlichen Chroniken. Die Veranstalter dürfen keine Chroniken nutzen, um ihre Aktion zu organisieren. Texte wie "Teile diesen Beitrag, um teilzunehmen" oder "markiere Deine Freunde in diesem Beitrag, um teilzunehmen" verbietet das Netzwerk.

Auch Facebook gewinnt mit jedem Klick

Was genau das Unternehmen von seinen kommerziellen Nutzern verlangt, findet sich in den "Nutzungsbedingungen für Facebook-Seiten". Wichtig ist etwa der Pflicht-Hinweis, dass Facebook in keiner Verbindung zum Gewinnspiel steht, es nicht unterstützt. Ein verständlicher Hinweis, denn wenn der Veranstalter betrügt oder den Gewinn zurückbehält, ist das Netzwerk nicht verantwortlich. Zugleich empfiehlt das Unternehmen von Gründer Mark Zuckerberg die Aktionen an sich: "Eine weitere Möglichkeit, mehr 'Gefällt mir'-Angaben, Kommentare oder Beitragsteilungen zu erhalten, ist ein Gewinnspiel oder eine Verlosung", hießt es auf der Facebook-Business-Seite.

Das Perfide: Nicht nur Firmen profitieren von mehr Reichweite im Netz. Auch Facebook gewinnt mit jedem Klick - genauere und weitere Informationen über persönliche Vorlieben und Interessen seiner Nutzer nämlich. Nimmt jemand per Postkarte an einem Gewinnspiel teil, ist das nicht öffentlich. Wer auf Facebook etwas unter einen Beitrag schreibt, zeigt seine Wünsche offen und hinterlässt zudem eine Datenspur.

Und das nicht nur mit den eigenen Informationen, sondern unter Umständen auch mit denen der Freunde. Etwa bei der Würzburger Brauerei Sternla, die ihr Bier vermarktet und ein Gewinnspiel unter dem Motto "Julikinder" veranstaltet. Wer in diesem Monat Geburtstag hat und zwei Kästen Bier gewinnen will, soll den Beitrag mit "Daumen hoch" markieren und in die Kommentarspalte schreiben, wer sich über den Gewinn freuen würde. Kommentare: rund 720, mehr als 800 Menschen "gefällt das".

Betrüger nutzen das Gewinnspiel-Fieber vieler Nutzer aus

Die Gewinnchancen sind meist genauso groß oder klein wie bei anderen Verlosungen auch. Dazu kommt das Risiko, an Datendiebe zu geraten. Derzeit etwa weist der Heide Park Soltau darauf hin, dass eine betrügerische Seite im Namen des Freizeitparks angebliche Freikarten anbietet. Und: Wer einmal sein Interesse an einem Unternehmen bekundet hat, wird weiter "beworben". Erst folgt die Einladung, die Unternehmensseite mit 'Gefällt mir' zu markieren, dann erscheinen jeder neue Firmen-Beitrag, Produktpräsentation, Angebote, Aktionen, im eigenen Feed.

Ob er Werbung, die darüber hinaus geht, bekommt, bestimmt der Nutzer, so schreibt es die neue Datenschutz-Grundverordnung vor. "Für Werbeeinwilligungen gelten strenge Regeln, da ist üblicherweise eine aktive Zustimmung erforderlich", sagt Verbraucherschützerin Steffen. "Wenn man personenbezogene Daten erhebt, muss man die Nutzer informieren." In Teilnahmebedingungen findet sich daher oft der Hinweis, dass Daten nur erhoben und genutzt werden, um das Gewinnspiel durchzuführen.

Das betrifft aber nur die Veranstalter, nicht das Zuckerberg-Unternehmen. Nach dem Datenskandal um Cambridge Analytica, bei dem ein Drittanbieter Zugriff auf die Facebook-Profile von 87 Millionen hatte, darf man bezweifeln, dass es mit der Einhaltung des Datenschutzes so weit her ist. So gilt für Teilnehmer von Gewinnspielen bei Facebook letztlich das Gleiche wie für alle Nutzer des sozialen Netzwerks: Je weniger Daten man hinterlässt, desto besser. Auch wenn man Dörrautomat und Bier dann selbst kaufen muss.

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