Apple war erst der Anfang. Besonders das freie Betriebssystem Android, das von Google gefördert wird, und an dem jeder mitentwickeln darf, zieht auf dem Mobile World Congress in Barcelona die Besucher in diesem Jahr in Scharen an. Android-Market heißt der Marktplatz auf den Handys mit Android. Über 200.000 Mini-Programme soll es laut inoffiziellen Statistiken für das Google-System schon geben.
Geld verdienen ist mit Android aber ungleich schwerer. Es gibt viele Android-Handys unterschiedlicher Hersteller, die verschiedene Bildschirmauflösungen haben, mal Tastatur, mal keine, mal einen schnellen Prozessor, mal einen lahmen. Solche Besonderheiten müssen die Entwickler beachten, damit ihre Apps laufen.
Dazu kommen Beschwerden über das Abrechnungssystem von Google. Wer über den Android-Market verkaufen will, muss Google Check-out nutzen, doch das läuft nicht in allen Ländern. Und selbst dort, wo es Check-out offiziell gibt, bieten es nicht alle Telefongesellschaften an.
So sind die Angry Birds auf Google-Handys kostenlos zu haben. Bei Geräten von Apple kostet die günstigste Version 0,79 Euro. "Der Standardpreis wird in Zukunft kostenlos sein - der Premiumpreis 0,79 Euro", so Rovio-Chef Hed. Geschenkt gibt es trotzdem nichts. Werbeeinblendungen sollen die ausgefallenen Verkaufserlöse ersetzen. "Anzeigen sind ein ausgezeichnetes Geschäftsmodell für erfolgreiche Apps", erklärt er weiter.
Einige Millionen Dollar bringen die Angry Birds jeden Monat durch Werbung ein, heißt es. Die Spieler würden ohnehin fast so viel Zeit wie vor dem Fernseher mit der App verbringen, sagt Hed. "Die größte Herausforderung lautet: Masse."
Die Welt, ein Spielplatz
Die schiere Masse steht auch hinter dem Erfolg von Foursquare. Vor zwei Jahren wurde das soziale Netz gegründet. Die Nutzer checken sich über ihr Alleskönner-Handy und die Foursquare-App an realen Orten ein: in der Schule, im Restaurant, am Flughafen.
Für das Einloggen in der echten Welt gibt es virtuelle Abzeichen: einen Newbie-Badge für das erste Nutzen von Foursquare, das Superuser-Abzeichen für 30 mal Einloggen an einem Ort in einem Monat oder das Fitness-Logo für zehn Besuche im Fitness-Studio. "Wir machen die Welt zum Spielplatz", sagt Foursquare-Mitgründer Dennis Crowley.
Außerdem schafft es Foursquare die Gewohnheiten seiner Nutzer zu ändern. Wer wäre schon zehnmal im Monat ins Studio gelaufen, wenn er nicht das tolle Abzeichen dafür bekommen hätte? Geschäfte bieten Kunden inzwischen Rabatt, wenn sie sich per Foursquare einloggen - und auf diese Weise bei ihren Freunden für den Laden werben.
Foursquare hat eine Fülle an Daten über seine inzwischen sechs Millionen Mitglieder, die es zu Geld machen will. Das junge Unternehmen weiß, wer sich wann wie lange mit wem wo aufgehalten hat. Das sind nützliche Informationen beispielsweise für Händler oder Restaurant-Besitzer, die sich das einiges kosten lassen.
Auch wenn Geschichten wie die von Angry Birds und Foursquare die Runde machen: Auf eine erfolgreiche App kommen Tausende Programme, die bei den Handy-Besitzern durchfallen - selbst umsonst greift niemand zu. Weil sie den Geschmack nicht treffen, das Marketing nicht stimmt - oder sie in der Menge von hunderttausend Konkurrenzangeboten nicht wahrgenommen werden. "Der App-Store ist ein brutaler Ort", sagt selbst Hed, der es ja geschafft hat. Im App-Goldrausch schaffen es die Meisten nicht bis zum Klondike-River.
Ökonomie der Fehlschläge
Ivan Farneti kennt eine Menge solcher Fehlschläge. Er ist Partner beim Wagniskapitalgeber Doughty Hanson. Mehrere tausend Unternehmen stellen ihm jedes Jahr ihren Geschäftsplan vor, zuletzt viele mit mobilen Ideen "inspiriert von Firmen wie Rovio". Er plädiert dafür, die eigene App zunächst einmal kostenlos anzubieten.
"Das erleichtert die Verbreitung." Wenn die Kunden daran Gefallen finden, lassen sich einfacher Zusatzdienste verkaufen, ein Benachrichtigungsdienst für die Lieblingsfilme bei einer TV-App beispielsweise oder bessere Waffen in einem Spiel. "Das ist den Kunden viel Geld wert", sagt Farneti.
Bei Angry Birds gibt es deshalb den Mighty Eagle gegen Geld, den allmächtigen Adler. Mit ihm wird es möglich, eine Schwierigkeitsstufe weiterzukommen, wenn das Abschießen der Schweine in einem Level partout nicht klappen will. Auf den Erfolg seines Spiels angesprochen, zeigt sich Rovio-Chef Hed noch immer überrascht. Das Unternehmen hat seinen Sitz im finnischen Espoo, in der selben Stadt wie Nokia.
Für den weltweit größten Handyhersteller hatte Rovio früher auch einige Spiele entwickelt. Mit der App für Apple wollte Rovio eigentlich nur die eigene Marke bekannt machen - "und als Nebenprodukt haben wir eine Menge Umsatz erwirtschaftet". Nicht einmal 100.000 Euro hat die Entwicklung der Angry Birds gekostet.
Von den niedlichen Vögeln gibt es nun Spielfiguren in echt, Comics und bald einen abendfüllenden Spielfilm in Kooperation mit einem Hollywood-Studio. Der Traum eines jeden App-Entwicklers.