Apple:Ein Chef für die Ewigkeit

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Apple-Chef Steve Jobs ist derzeit präsent wie selten. Doch es tauchen Zweifel auf, ob Jobs das Unternehmen für die Zeit nach ihm adäquat vorbereitet. Die Nachfolgekandidaten bleiben blass.

Thorsten Riedl

Hektische Zeiten sind dies für die Fans von Apple: Gerade erst ist das iPad des kalifornischen Computerherstellers in die Läden gekommen, ein Rechner, der nur aus einem Bildschirm besteht.

Apple-Chef Steve Jobs: Kein adäquater Nachfolger in Sicht. (Foto: ag.ap)

Und schon Montag geht es weiter. Im Moscone West Center in San Francisco wird Apple-Chef Steve Jobs dann auf der Bühne stehen und das neueste Spielzeug vorstellen: eine verbesserte Version des iPhone-Handys. Mit dem Feuerwerk an neuen Produkten hat Jobs den größten Technikkonzern der Welt geschaffen. Jetzt steht er im Zenit.

Doch wie lange kann sich der 55-Jährige an der Spitze halten? Sein Konzern steht wegen des arroganten Gebarens gegenüber Rivalen, Geschäftspartnern und Kunden in der Kritik. Sein Körper ist gezeichnet durch schwere Krankheit. Und geeignete Nachfolger sind nicht in Sicht.

Er überwarf sich und kehrte zurück

Jobs ist nicht der einzige Kopf hinter dem Erfolg von Apple, aber er repräsentiert wie kein Zweiter das Unternehmen. Es ist sein Lebenswerk. In den siebziger Jahren lebte er als Hippie, kam langhaarig und barfuß ins College, experimentierte mit Drogen. Das Studium brach er ab und verdiente seinen Lebensunterhalt in der noch jungen Computerindustrie.

Mit Ronald Wayne und Steve Wozniak gründete er 1977 Apple. Den ersten Computer bauten die drei in der Garage von Jobs' Eltern. Es sollte ein Rechner für jedermann werden in einer Zeit, in der Computer so groß waren wie das Wohnzimmer eines Einfamilienhauses. Die Idee kam an: Mit 23 Jahren war Jobs Millionär. Drei Jahre später ging Apple an die Börse.

Dann überwarf sich der Gründer mit dem damaligen Vorstandschef und ging im Streit. Fehlentscheidungen brachten Apple in den Jahren nach der Trennung an den Rand des Abgrunds. Mitte der neunziger Jahre erst kam Jobs zurück - und rettete den Konzern.

Der Erzrivale rettete Apple

Ausgerechnet eine Beteiligung des Erzrivalen schaffte die finanzielle Basis für den Umschwung: Im August 1997 investierte Microsoft 150 Millionen Dollar in Apple. Mit dem Geld baute Jobs den Konzern um. Er straffte die Produktpalette, lieferte als Erster in der Branche bunte Computer. 2001 stellte er den iPod-Spieler vor, zwei Jahre später den Internetmusikladen iTunes.

Heute produziert kein Unternehmen mehr Abspielgeräte für digitale Musik, niemand verkauft mehr Lieder über das Netz als Apple. Vor drei Jahren zeigte Jobs das iPhone. Inzwischen verdient niemand in der Handybranche so viel wie Apple. Seit Ende Mai gibt es das iPad. Mit Tablet-Computern haben schon andere ihr Glück versucht - doch niemand hat so viel Erfolg wie Apple: Alle drei Sekunden verkauft der Konzern nun ein iPad.

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Es scheint, als würde alles zu Gold, was Jobs anpackt, und die Börse honoriert das: Seit Ende Mai ist Apple der wertvollste Technikkonzern der Welt. Microsoft, über Jahre der ärgste Wettbewerber, ist entthront.

Das kommt einem Paradigmenwechsel in der Industrie gleich: Weg von der Idee des Microsoft-Gründers Bill Gates, einen PC auf jeden Schreibtisch und in jedem Haushalt aufzustellen. Hin zur Vision von Jobs, den Computer in den Alltag zu integrieren, in Form von Alleskönner-Handys oder digitalen Musikspielern. Jobs selbst kann die Entwicklung kaum fassen: "Für die unter uns, die schon eine Weile in der Industrie arbeiten, ist das unwirklich."

Auf einer Konferenz des Wall Street Journal hat der Apple-Chef über das Erreichte öffentlich nachgedacht. Im Vergleich zu früher wirkte er abgemagert, aber der Vater von vier Kindern sprühte wieder vor Ideen. Dabei ist es gerade mal anderthalb Jahre her, dass über seinen Tod spekuliert wurde. Er war schwerstkrank.

"Das Leben ist zerbrechlich"

"Um mich selbst aus dem Rampenlicht zu nehmen und mich auf meine Gesundheit zu konzentrieren, habe ich entschieden, bis Ende Juni eine medizinische Auszeit zu nehmen", schrieb Jobs im Januar 2009 an alle Mitarbeiter. In der Auszeit unterzog er sich einer Lebertransplantation.

Fünf Jahre zuvor musste er schon wegen Bauchspeicheldrüsenkrebs behandelt werden. "Die vergangenen Jahre haben mir gesagt, dass das Leben zerbrechlich ist", sagte Jobs nun.

Wie gut aber hat sich Apple, 33 Jahre nach der Firmengründung, gerüstet, um irgendwann ohne den Gründer auszukommen? Offiziell ist das kein Thema. Drei Namen werden immer wieder als mögliche Erben genannt: Timothy Cook, Philip Schiller und Jonathan Ive.

Den Kandidaten fehlt das Charisma

Cook sitzt im Vorstand von Apple und ist für das Tagesgeschäft zuständig. Seinen Chef hat er während dessen Auszeit vertreten und von Analysten gute Noten bekommen. Ihm fehlt aber das Charisma des Gründers. Schiller ist der Kopf hinter der Marketingstrategie von Apple; stets gelingt es ihm, Neugier zu entfachen.

Bei jeder Präsentation von Jobs ist Schiller dabei. Ive schließlich ist Wunschkandidat der Apple-Fans: Er entwickelt das Design der Geräte. Das liebt er, taugt so aber kaum zum Vorstandschef.

Vorerst bleibt Jobs der starke Mann

Ohne einen Nachfolger in Aussicht wird Jobs der starke Mann bleiben. In den vergangenen Wochen zeigte er sich auch erstaunlich präsent, schrieb Mails an Fans oder verfasste Schreiben, wieso auf Apple-Geräten nicht Technik von Adobe zum Zuge kommt: Mit Behinderung des Wettbewerbs habe das nichts zu tun, wie Kartellwächter vermuten. Apple wolle nur gute Produkte entwickeln, erklärte Jobs, dazu passe die Software von Adobe eben nicht.

Für Montag wird das nächste Produkt erwartet. Dieses Mal weiß die ganze Welt, was kommt: Ein betrunkener Apple-Entwickler hat den Prototypen des neuen iPhones in einer Bar vergessen. In dieser Woche war Steve Jobs noch immer der Ärger anzumerken, dass ihm da jemand die Schau gestohlen hat.

© SZ vom 05.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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