Geo-Blocking:Schluss mit "House of Cards": Netflix sperrt deutsche VPN-Nutzer aus

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Die vierte Staffel der Netflix-Serie House of Cards startet in den USA am 4. März. Doch in Deutschland müssen Kunden warten: Hier hat Sky die Exklusiv-Rechte. (Foto: obs/Sky Deutschland)
  • Netflix blockiert den Zugriff über Proxy-Server und Virtual Private Networks (VPNs).
  • Mit diesen Methoden können Nutzer etwa aus Deutschland die US-Variante des Streamingdienstes nutzen.
  • Als Grund nennt Netflix wachsenden Druck von den Rechteinhabern.
  • Um künftig allen Nutzern dasselbe Programm zu bieten, will sich der Streamingdienst als globales Fernsehunternehmen neu aufstellen.

Von Sara Weber

"Sie verwenden anscheinend einen Unblocker oder einen Proxy. Bitte deaktivieren Sie diese Dienste und versuchen Sie es erneut." Viele deutsche Netflix-Nutzer sehen derzeit diese Fehlermeldung, wenn sie Serien und Filme über den Streamingdienst schauen möchten. Andere Nutzer melden, dass ihnen folgende Meldung angezeigt wird: "Dieser Titel ist in Ihrer derzeitigen Region nicht verfügbar. Bitte wählen Sie einen anderen Titel."

Beide Fehlermeldungen sind das Ergebnis einer neuen Strategie: Netflix geht strikter gegen Nutzer vor, die das Geo-Blocking umgehen wollen. Das hat das Unternehmen bereits Mitte Januar angekündigt, jetzt hat die Umsetzung begonnen. Wer von Deutschland aus das umfangreichere US-Angebot von Netflix nutzen will, konnte bisher mit Proxy-Servern oder Virtual Private Networks (VPNs) seinen Standort verschleiern. So konnte man etwa Serien wie Friends sehen, die in Deutschland nicht verfügbar sind.

Die Rechteinhaber bestimmen die Regeln - und Netflix führt aus

Das ist jetzt nur noch eingeschränkt möglich: Caschys Blog berichtet, dass Nutzer von Diensten wie Zen Mate, HMA und PureVPN in den vergangenen Tagen gemeldet hätten, dass diese nicht mehr funktionieren würden. Allerdings sind noch nicht alle VPN-Dienste gesperrt: Heise Online zufolge haben etwa uFlix, Getflix und Hola Wege gefunden, die Geo-Blockade zu umgehen.

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Reed Hastings will neue Serien weltweit zur selben Zeit zeigen und so einen globalen Internet-Fernsehsender aufbauen - egal zu welchem Preis.

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Wie genau Netflix feststellt, wer ein VPN nutzt und wer nicht, ist nicht klar. Das Unternehmen äußert sich hierzu nicht. Allerdings wurde die Technologie nicht von Netflix selbst entwickelt, sondern von den Rechteinhabern, also den Studios.

Netflix handelt beim Vorgehen gegen Geo-Blocking nicht freiwillig, wie CEO Reid Hastings im SZ-Interview im Januar erklärte: "Wenn wir Inhalte lizensieren, etwa in den USA, gilt das nur für das entsprechende Land." Für Sendungen, für die Netflix nur regionale Rechte hat - etwa für die USA, aber nicht für Deutschland - muss sich das Unternehmen Hastings zufolge an die Regeln halten, die die Rechteinhaber vorgeben, "das ist die Abmachung". Oder anders ausgedrückt: Wenn Netflix keinen Ärger mit den Studios bekommen will, muss es stärker gegen VPN-Seher vorgehen.

Netflix-CEO Reed Hastings sieht die Lösung in einer neuen Strategie: Der Streamingdienst soll zum "globalen Internetfernsehen" werden. (Foto: AFP)

Wie viele Nutzer sich über VPNs einwählen, kann oder will Netflix nicht offenlegen. Doch nicht jeder, der seine Identität online verschleiert, tut das, um eine bessere Netflix-Version nutzen. Viele Nutzer handeln aus Sicherheitsgründen. Sie wollen nicht, dass ihr Standort übermittelt und ihre Aktivitäten im Internet nachvollzogen werden können. Und in Ländern wie China, die eine sehr restriktive Internetpolitik haben, sind Proxy-Server und VPNs für viele Menschen ein wichtiges Mittel, um diese Beschränkungen zu umgehen.

Warum Nutzer ihren Standort verschleiern und wo sie vorgeben zu sein, spielt anscheinend keine Rolle für die Blockade: So melden mehrere Netflix-Abonnenten, dass sie zwar ein VPN vorgeschaltet hätten, sie damit aber nicht vorgäben, im Ausland zu sein. Die deutsche Netflix-Version bleibe ihnen trotzdem verwehrt: Nur wer das VPN ganz ausschalte, könne den Streamingdienst uneingeschränkt nutzen.

Die Lösung: Ein globales Internetfernsehen

Damit Nutzer künftig nicht mehr auf VPN-Dienste angewiesen sind, um Zugriff auf das volle Programm des Streamingdienstes zu haben, arbeitet Netflix an einer globalen Strategie: Das Unternehmen erwirbt verstärkt internationale Rechte. Alle neuen Eigenproduktionen wie "Narcos" oder "Master of None" starten zur gleichen Zeit in allen Ländern, dasselbe gilt für neue lizensierte Serien wie "Gotham".

Anders sieht es bei Inhalten aus, deren Rechte Netflix bereits vor längerer Zeit gekauft hat: "House of Cards" etwa, die erste eigene Netflix-Serie, läuft in den USA am 4. März an, in Deutschland ist sie jedoch zuerst exklusiv auf Sky zu sehen. Deutsche Netflix-Kunden müssen sich gedulden. Auch die Erfolgsserie "Friends" können Nutzer in den USA anschauen, in Deutschland ist sie jedoch nicht verfügbar.

"Bisher gab es immer regionale Erscheinungstermine, und wenn kein deutscher Sender die Rechte für eine bestimmte Serie gekauft hat, konnte man sie in Deutschland auch nicht sehen", sagt Netflix-CEO Hastings im SZ-Interview. "Das ist auf Dauer frustrierend und nicht mehr zeitgemäß in unserer heutigen Welt, in der alles online jederzeit verfügbar ist." Er sehe Netflix als "globales Internetfernsehen", mit dem die Menschen in Dubai neue Serien zur selben Zeit sehen können wie in Kanada oder Deutschland.

Ein Wettlauf zwischen Netflix und den VPN-Diensten

Künftig soll Netflix nach der Vorstellung von Hastings "global verfügbar sein und den Leuten Zugang zu denselben Inhalten zur selben Zeit von überall aus ermöglichen. Das ist etwas, das es so in der Geschichte von Film und Fernsehen noch nicht gab." Doch bis dieses Vorhaben umgesetzt ist, wird es noch eine Weile dauern, schließlich kann Netflix nur bei neuen Verträgen über globale Rechte verhandeln.

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Und solange es kein wirklich globales Angebot gibt, dürfte es einen anhaltenden Wettlauf zwischen Netflix und den VPN-Diensten geben: der Streamingdienst wird versuchen, neue Methoden zu finden, um Geo-Blocking zu ermöglichen - und die Firmen hinter VPN- und Proxy-Diensten werden versuchen, diese mit immer neuen Tricks zu umgehen.

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