Studium:Wider den allmächtigen Prof

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Erstsemester-Studenten sitzen bei einer Begrüßungsveranstaltung im Audimax der Leibniz Universität Hannover. (Foto: dpa)

Nirgends haben Professoren im Hochschulbetrieb so viel Macht wie in Deutschland. Dagegen regt sich Widerstand.

Von Paul Munzinger

Der Professor ist der Fixstern des deutschen Wissenschaftskosmos. Um ihn, oder weit seltener um sie, dreht sich an den Universitäten alles. Er kann über Einstellungen und Beförderungen entscheiden, kann Karrieren sprießen und verkümmern lassen, ist für seine Mitarbeiter häufig Chef und Gutachter in einem. Kaum ein anderes Land teilt die Wissenschaftswelt so gründlich in ein Oben und ein Unten.

Doch der Widerstand gegen den "deutschen Sonderweg" in der Wissenschaft wächst. Von Feudalismus ist die Rede, von Willkürherrschaft, von einem antidemokratischen System, das Abhängigkeiten schafft. Sei es der Doktorand, dessen Arbeit nur auf das Konto seines Professors einzahlt, sei es die wissenschaftliche Mitarbeiterin, die es nicht wagt, sich über Schikanen und Ausbeutung zu beschweren. Solche Geschichten gibt es viele an deutschen Universitäten, nur selten kommen sie an die Öffentlichkeit - anders als jüngst der Fall einer Professorin in der Schweiz, die ihre Doktoranden über Jahre gedemütigt haben soll und von der ETH Zürich deshalb in ein Sabbatical geschickt wurde.

"Ein Konflikt mit dem Professor ist wie ein Rechtsstreit mit dem Vermieter", sagt der Berliner Soziologe Peter Ullrich. "Das vermeidet man lieber, wenn man nichts auf der hohen Kante hat, aber Angst, bald auf der Straße zu sitzen." Ullrich ist einer der Mitinitiatoren des Netzwerkes für gute Arbeit in der Wissenschaft, das sich im Januar gegründet hat. Das Netzwerk kritisiert ein "System der uferlosen Befristung", das "verkrustete Lehrstuhlprinzip". Seine Forderung: Mehr Demokratie an den Universitäten.

Wie eine Reform konkret aussehen könnte, darüber haben sich fünf Wissenschaftler der Jungen Akademie in Berlin Gedanken gemacht. An die Stelle der Lehrstühle, so ihr Vorschlag, sollen sogenannte Departments treten, wie sie in den USA, Großbritannien oder Skandinavien verbreitet sind. Der Mittelbau soll weitgehend abgeschafft, die Zahl der Professoren verdoppelt werden. Etablierte und jüngere Kollegen sollen sich Räume und Forschungsgeräte teilen, Mitarbeiter in Verwaltung und Technik sind dem Department, nicht einem Professor zugeordnet. Karrieren in der Wissenschaft sollen so attraktiver, Hierarchien flacher werden. Kann das funktionieren? In Bremen soll das Modell bald Wirklichkeit werden.

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