Sprengstoff, Drohnen, Abhörtechnik - wenn sich die USA für aktuelle und künftige Kriege rüsten, stehen Wissenschaftler an deutschen Hochschulen zu treuen Diensten. Wie die Serie "Der geheime Krieg" der Süddeutschen Zeitung und des Norddeutschen Rundfunks zeigt, hat das Pentagon in Forschungsprojekte an mindestens 22 Einrichtungen investiert. Diese Erkenntnis zeugt von einem Grundsatzproblem, bei dem es zunächst weniger um Krieg und Frieden und mehr um die mangelnde Transparenz beim Umgang mit auswärtigen Geldgebern geht.
Von staatlicher Vollfinanzierung ist das deutsche Forschungssystem weit entfernt. Professoren müssen heute um "Drittmittel" kämpfen, aus Fördertöpfen in Berlin und Brüssel, auch um Aufträge von der Industrie und von Interessensgruppen. Das ist zunächst mal legitim, im Auftrag der Milchwirtschaft wird an Unis Qualitätskontrolle betrieben, die Grünen lassen extern die Pädophilie-Verstrickungen in ihrer Anfangszeit prüfen, und Washington interessiert sich eben für Panzerglas und Munition. Oder gelten hier andere Maßstäbe?
Grundsätzlich birgt Auftragsforschung Konflikte. Ein Professor ist nicht Dienstleister für die Industrie und nicht für konkrete Anliegen einer Regierung. Als Beamter muss er sicherstellen, dass er neben etwaigen Zusatzgeschäften seine Aufgaben in Forschung und Lehre voll erfüllt. Zudem muss er mit seiner Arbeit auf dem ideellen Boden des Staates stehen, dem er dient.
Tut er das, wenn er einen Kriegsapparat stützt? Hier kommen ethische Fragen ins Spiel, die Legalität militärischer Konflikte und ihrer Art der Durchführung, Deutschlands Rolle in der Welt. Kurzum: die Frage nach Krieg und Frieden. Ein weites Feld, zu weit für schnelle, pauschale Antworten.
Geheimniskrämerische Drittmittelforschung
Die Brisanz der Enthüllung liegt in der Geheimniskrämerei beim Umgang mit Drittmitteln, in diesem Fall ganz besonders. Hochschulen haben heute ganze Rudel an Marketingexperten. Alles, vom Forschungsergebnis bis zum neuen Anstrich für die Fassade, wird der Öffentlichkeit verkündet. Um zu erfahren, was eine fremde Macht hierzulande in Auftrag gibt, müssen dagegen Listen aus den USA gesichtet werden. Und danach werden sogar Ausflüchte bemüht, dass es sich ja um Grundlagenforschung handle, deren Ergebnisse überraschenderweise militärisch relevant seien. Aus reiner Nächstenliebe wird das Pentagon aber nicht in die Kasse greifen, ebenso wenig aus wissenschaftlicher Neugier.
Das Grundgesetz gewährt den Wissenschaftlern hohe Unabhängigkeit, zum Wohle der Allgemeinheit. Das unterscheidet Universitäten von Unternehmen und Behörden. Es ist nun aber eine Schattenwissenschaft entstanden, von der offenbar selbst manche Ministerien nichts wissen - deren Nutzen für die Allgemeinheit aber höchst umstritten ist. Rüstungsforschung an öffentlichen Unis ist nicht an sich ein Skandal, sie kann aber durchaus einer sein. Um dies zu vermeiden, muss zwingend transparent gemacht werden, dass es solche Aufträge gibt und unter welchen Umständen sie zustande kommen.