Elternmitwirkung in der Schule:"Das Gejammer ist nur eine Marotte"

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Korhan Ekinci, 38, ist Wirtschaftsinformatiker und Unternehmensberater. Der Vorsitzende des hessischen Landeselternbeirats ist Vater von zwei Kindern. Er wurde in Berlin geboren und hat türkische und griechische Wurzeln. (Foto: Korhan Ekinci)

Eltern mit höherem Bildungsgrad haben häufiger den Anspruch, im Schulalltag mitzureden, sagt ein engagierter Vater.

Interview von Larissa Holzki

Korhan Ekinci ist so etwas wie ein Musterpapa: Aus dem Arbeitersohn mit Hauptschulempfehlung wurde ein diplomierter Wirtschaftsinformatiker und der Vorsitzende des Landeselternbeirats in Hessen. Er sagt, Bildung darf nicht vom Elternhaus abhängen. Aber dürfen sich Eltern deshalb ganz aus der Schule raushalten? Oder müssen sie es sogar?

SZ: Herr Ekinci, Ihre Tochter geht auf eine integrierte Gesamtschule. Wie viele Eltern kommen zum Elternabend?

Korhan Ekinci: In der zweiten Klasse fast alle. Wenn die Kinder älter und selbständiger werden, wird das erfahrungsgemäß weniger. Aber das Gejammer, och nee, schon wieder Elternabend, ist doch auch nur so eine Marotte. Die meisten gehen da ganz gerne hin.

Gilt das auch für Eltern mit Migrationsgeschichte?

Die Nationalität spielt beim Elternengagement keine Rolle. Es ist allerdings auffällig, dass Eltern aus einem bildungsfernen Umfeld sich weniger beteiligen. Andersrum gesagt: Eltern mit höherem Bildungsgrad haben häufiger den Anspruch, im Schulalltag mitzureden.

Wie viel Engagement ist denn notwendig?

Solange wir engagierte Eltern brauchen, damit unsere Kinder gut betreut werden und gute Bildung bekommen, werden wir die Schere zwischen denen mit einem bildungsfernen und denen mit einem akademischen Hintergrund niemals schließen. Das geht nur, wenn allein das Kind mit seinen Fähigkeiten für seinen Bildungserfolg verantwortlich ist.

Heißt das: Ganztagsschule bis fünf - und nie wieder Bruchrechnen mit Papa?

Wir müssen ein Umfeld schaffen, in dem unsere Kinder fern von äußeren Einflüssen - und dazu zähle ich auch die Familie - ihr Potenzial entfalten können. Qualifizierte Lehrkräfte und Sozialpädagogen müssen von morgens bis nachmittags ein ordentliches Bildungsangebot geben, sodass die Kinder zu Hause nichts mehr für ihre Bildung tun müssen. Zu Hause ist Freizeit, Familienzeit, Quality time.

Sie erwarten viel. Lehrer klagen, sie müssten mittlerweile auch noch Erzieher sein.

Aus Kindern Erwachsene zu machen, die sich benehmen können, ist ganz klar Aufgabe des Elternhauses. Die Schule kann ihnen nicht beibringen, dass sie mit geschlossenem Mund essen und Menschen respektieren sollen, egal welchen Geschlechts. Das ist eine Grundlage, auf der Bildung erst stattfinden kann.

Also doch Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule?

Ich würde es Choreografie nennen. Der Leiter eines nordhessischen Gymnasiums hat mir erzählt, seine Lehrer hätten im letzten Schuljahr kein einziges Elterngespräch führen müssen, weil ein Kind sich nicht benehmen konnte. Wie geht das? Die Schule macht den Eltern ab der fünften Klasse klar, dass sie die Ursachen für falsches Benehmen bei ihnen suchen wird. Wenn die Kinder auf der Schule bleiben wollen, müssen die Eltern etwas dafür tun.

In Taunusstein machen die Schulen schon den Kindergärten konkrete Vorgaben, was Erstklässler können müssen.

Ja, das ist das Taunussteiner Modell: Im letzten Kindergartenjahr wird Schleifebinden und all so was geübt. In Elterngesprächen werden Checklisten durchgegangen. Und wenn etwas fehlt, heißt es: Eltern, ihr habt Hausaufgaben.

Was machen Sie, falls die Schule wirklich einmal ohne Elternarbeit funktioniert?

In einer idealen Welt organisiere ich nur noch Schulfeste. Aber vorher sammeln wir jetzt erst mal Hinweise, wie viel Unterricht in Hessen ausfällt - anonym, weil einige Schulämter Druck ausüben. Und wir fordern, dass Seiteneinsteiger nach zwei Jahren pädagogische Kenntnisse nachweisen müssen.

© SZ vom 24.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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