Promotion:Bringt der Doktortitel Vorteile im Job?

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Ein Stipendium gewährt die Möglichkeit, sich ganz auf seine Dissertation konzentrieren zu können. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Für viele Studierende spricht der Zeitverlust gegen eine Promotion. Dabei lohnt diese sich in einer lukrativen Branche ganz besonders.

Von Bärbel Brockmann

Früher erwarb man einen Doktortitel, wenn man Arzt werden wollte oder eine wissenschaftliche Karriere an der Universität anstrebte. Heute ist die Mehrheit der promovierten Akademiker woanders zu finden: in der Wirtschaft, der Politik, im Kulturbetrieb. Eine Promotion gilt als Schlüssel für das berufliche Vorankommen, ganz gleich wo. Nach jüngsten Daten des Statistischen Bundesamts haben 2014 insgesamt 28 147 Hochschulabsolventen anschließend promoviert - so viele wie nie zuvor.

Ein wichtiger Grund dafür, sich die zusätzliche Arbeit einer Dissertation zu machen, ist die Erwartung eines höheren Einstiegseinkommens. Tatsächlich ist das auch so. Je höher der akademische Abschluss, desto höher meist das Einstiegsgehalt. Die Personalberatung Kienbaum hat in ihrer Studie "Absolventenvergütung 2015" für promovierte Akademiker ein Anfangsgehalt von durchschnittlich 60 500 Euro pro Jahr ermittelt. Absolventen mit Masterabschluss bekommen circa 46 300 Euro, Kollegen mit Bachelorabschluss gut 3000 Euro weniger. Der Namenszusatz "Dr." erhöht in den ersten Jahren meist auch die Chance, in der Unternehmenshierarchie schneller aufzusteigen.

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Ein hohes Einstiegsgehalt ist in der Karriereplanung aber nicht alles. Schließlich braucht man in der Regel einige Jahre für eine Dissertation. In dieser Zeit kann man nicht viel Geld verdienen. Stipendien sind vergleichsweise selten. Viele hält ein Job als akademische Hilfskraft über Wasser, aber hier besteht nicht selten die Gefahr, dass die eigene Arbeit zugunsten von Arbeiten, die für den Lehrstuhl erledigt werden müssen, in den Hintergrund gerät oder schlimmstenfalls nach vielen Jahren abgebrochen wird.

Eine Möglichkeit, diesen langen Prozess zu verkürzen, geht über Graduiertenkollegs. Das sind Einrichtungen der Hochschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Rahmen von fest umrissenen Forschungsprogrammen. Sie werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Die Doktoranden bekommen hier nicht nur gute Arbeitsbedingungen. Die Stipendien ermöglichen es auch, sich ganz auf die Arbeit zu konzentrieren.

Ein Weg, während der Dissertation vergleichsweise auskömmlich zu leben, geht über die Promotion in der Industrie. Viele Konzerne schreiben Forschungsprojekte für junge Wissenschaftler aus. Damit geben sie zwar das Thema einer Dissertation vor, aber sie sorgen auch für die finanzielle Unabhängigkeit ihrer Doktoranden. Ein weiterer Vorteil ist, quasi nebenbei Praxiserfahrung zu sammeln.

Ob die Promotion sehr lange gedauert hat oder innerhalb von einigermaßen kurzer Zeit erledigt wurde: Auf jeden Fall braucht der frisch promovierte Akademiker erst einmal einige Zeit, um den Gehaltsrückstand zu Kollegen abzubauen, die mit ihrem Master oder Diplom schon seit Längerem Geld verdienen. "Richtig lohnend ist der Doktortitel frühestens mittelfristig. Das Gesamtlebenseinkommen liegt beim Doktor dann allerdings fast immer über dem von Menschen ohne diesen Titel", berichtet Matthias Neis, Bildungsexperte bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Das beurteilt Ulrich Goldschmidt, Geschäftsführer des Verbands "Die Führungskräfte" skeptisch, zumindest wenn man von den Einstiegsgehältern absieht. Sein Verband analysiert jedes Jahr aufgrund von Befragungen die Gehälter seiner 25 000 Mitglieder. "Früher gab es in vielen Unternehmen feste Regelungen, die vorschrieben, dass auf einer bestimmten Position ein Bewerber mit Doktortitel eine festgelegte Summe mehr bekommt. Da war der Titel oft tatsächlich mit einem Gehaltszuwachs verbunden. So ein Automatismus kommt heute so gut wir gar nicht mehr vor", sagt er.

Grund ist das veränderte Personalmanagement. Heute wird nicht mehr in erster Linie eine Person bewertet. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Frage, inwieweit ein Bewerber auf eine vorher fest definierte Position passt, wie gut er oder sie eine bestimmte Funktion erfüllen kann.

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In zahlreichen Unternehmen gilt eine höhere Bezahlung wegen eines Doktortitels inzwischen sogar als unpassend und problematisch. Das trifft vor allem auf internationale Konzerne oder auf Unternehmen mit vielen Standorten auf der Welt zu. "In Deutschland sind Doktortitel sehr verbreitet. In anderen Ländern ist das aber nicht so. Die Unternehmen bekämen ein Problem, wenn sie einem Doktor in Deutschland ein höheres Gehalt bezahlten als einem Kollegen aus den USA oder Brasilien, der dieselbe Funktion in seinem jeweiligen Land bekleidet", erläutert Goldschmidt. Von einem Doktortitel per se eine Besserstellung zu erwarten, passe einfach nicht mehr in eine Arbeitswelt, in welcher der Trend zunehmend weg von starren Hierarchien geht.

Gerne gesehen ist ein Doktortitel dagegen in Unternehmensberatungen. Viele dieser Firmen schickten oft noch sehr junge Mitarbeiter zu Kunden. Damit diese nicht den Eindruck bekämen, da wolle ihnen ein unerfahrener Grünschnabel erzählen, wie sie ihren Betrieb zu ändern hätten, legten viele Wert auf einen Doktortitel, meint Goldschmidt.

Einige Beratungsunternehmen ermöglichen es jungen Einsteigern deshalb auch, die Promotion im Job nachzuholen. Bei der Boston Consulting Group (BCG) nimmt mehr als ein Drittel der jungen Berater ein solches Weiterbildungsangebot an. "Consultants bei BCG haben die Wahl, ob sie schnell die nächste Karrierestufe erklimmen oder im Rahmen unseres Bildungsprogramms zunächst einen höheren akademischen Grad erlangen wollen. Das kann eine Promotion sein ebenso wie ein MBA oder PhD", sagt Carsten Baumgärtner, der bei BCG Deutschland für das Recruiting zuständige Partner. BCG suche immer Berater, die den Ehrgeiz mitbrächten, sich persönlich und fachlich schnell weiterzuentwickeln.

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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