Bildungsgewerkschaft GEW :GEW: Senat muss mehr gegen „Bildungskatastrophe“ tun

Lesezeit: 2 min

Ein Schüler meldet sich, während die Lehrerin an die Tafel schreibt. (Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild)

Seit ein paar Tagen läuft das neue Schuljahr. Es ist erneut geprägt vom Lehrkräftemangel. Der könnte sich noch verschärfen, warnt die Gewerkschaft GEW. Und sie formuliert konkrete Forderungen.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa/bb) - Die Bildungsgewerkschaft GEW fordert vom Berliner Senat ein entschlosseneres Vorgehen gegen die aus ihrer Sicht bestehende „Bildungskatastrophe“ an den Schulen. Die GEW-Landesvorsitzenden Tom Erdmann und Martina Regulin verlangten am Donnerstag mehr Anstrengungen bei der Lehrkräfteausbildung an Hochschulen und als „Akutmaßnahme“ eine „Einstellungsoffensive“ bei Verwaltungs- und IT-Personal, pädagogischen Assistenten oder etwa Hausmeistern. Dies sei nötig, damit Lehrerinnen und Lehrer von Bürokratie und anderen Tätigkeiten entlastet werden und sich mehr auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren können.

Die Gewerkschaftsfunktionäre verwiesen darauf, dass im gerade begonnenen Schuljahr 1400 Vollzeitlehrerstellen nicht besetzt seien, also etwa 2000 bis 2500 Lehrkräfte an den Schulen fehlten. Der Mangel habe sich damit verschärft - und Besserung sei nicht in Sicht. Die Folgen seien fatal: Allein im vergangenen Schuljahr seien an den allgemeinbildenden Schulen von etwa 600.000 Unterrichtsstunden pro Woche rund 20.000 ausgefallen. „Das ist eine Stunde pro Woche pro Klasse“, rechnete Erdmann vor.

Um Unterrichtsausfall zu vermeiden, reduzieren Schulen nach seinen Worten nicht zuletzt die sonderpädagogische Förderung, was vor allem für Schülerinnen und Schüler mit viel Unterstützungsbedarf große Nachteile mit sich bringe. „Die Schwächsten leiden also am meisten unter dieser Bildungskrise.“ Folge der Fachkräftemangels seien auch immer größere Klassen.

Regulin verwies auf Probleme bei der Ganztagesbetreuung. Zwar seien spätestens seit einer Reform vor gut 20 Jahren alle Berliner Grundschulen Ganztagsschulen. Die Grundlage für den Personalschlüssel stamme aber aus den 1980er Jahren. „Wir brauchen endlich einen besseren Personalschlüssel und für jede Schule eine Fachkraft für Inklusion, damit die Berliner Ganztagsgrundschule funktioniert.“

Sie rief den Senat zudem auf, mehr dafür zu tun, dass endlich mehr Lehrkräfte ausgebildet werden. „Wir wissen schon heute, dass der Bedarf an Lehrkräften und anderen Pädagoginnen und Pädagogen in den nächsten Jahren noch wachsen wird. Die Berliner Universitäten bilden aber weiterhin Lehrkräfte unter Bedarf aus.“

Nach Berechnungen der GEW muss sichergestellt werden, dass 3000 Lehramtsabsolventen pro Jahr von den Universitäten kommen. Zuletzt seien es etwa 1000 jährlich gewesen, obwohl in den bisherigen Hochschulverträgen eine Zahl von 2000 festgelegt sei. In den neuen Verträgen soll laut GEW das Ziel von 2500 Lehramtsabsolventen festgelegt werden. „Das reicht nicht aus“, so Regulin.

Indes fehle es an den Hochschulen nicht nur an Studienplätzen, sondern auch am Personal zur Verbesserung der Studienbedingungen. „Zu viele interessierte Lehramtsstudierende entscheiden sich dagegen, ihr Lehramtsstudium zu beenden“, beklagte Regulin. Nötig sei „ein „Kulturwandel der Universitäten“: Die Lehrkräftebildung müsse dort oberste Priorität haben und strukturell aufgewertet werden. Auch die Plätze für Quereinsteiger müssten ausgebaut und die Bedingungen des Quereinstiegs dringend verbessert werden, sagte Regulin.

Die Linke-Fraktion forderte den Senat auf, dafür zu sorgen, dass neu eingestellte Lehrkräfte gerecht auf die Schulen verteilt werden. Das Gegenteil sei bislang der Fall: „Wir haben Grundschulen, die mit gerade einmal 70 Prozent Personal ausgestattet sind, während einige Gymnasien sogar über eine Personalausstattung von über 100 Prozent verfügen“, erklärte die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Franziska Brychcy. Die neuen, gut ausgebildeten Lehrkräfte müssten an den Schulen mit dem größten Personalmangel eingestellt werden.

„Nach wie vor fehlen zudem circa 25.000 Schulplätze“, so Brychcy. „Vor diesem Hintergrund ist es gut, wenn der Senat im Haushaltsentwurf mehr Geld für den Schulbau bereitstellt.“ Allerdings sei die große Frage, was davon tatsächlich ausgegeben werden könne.

© dpa-infocom, dpa:230831-99-24585/3

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: