Dresden (dpa/sn) - Der Landesschülerrat (LSR) in Sachsen hat das vom Kultusministerium angeordnete Genderverbot als „falsch und unnötig“ bezeichnet. „Wer geschlechtergerecht sprechen und schreiben will, soll das tun dürfen. Dass Schüler*innen für ein gutes Anliegen Punktabzug oder mehrere Noten schlechter bekommen können, ist der falsche Weg, mit dem Thema umzugehen“, sagte LSR-Vorsitzende Lilly Härtig am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Genau das drohe Schülerinnen und Schülern nun in Sachsen. Lehrkräfte könnten auf Gendern mit Punktabzug reagieren oder es als groben Verstoß gegen Sprachrichtigkeit beziehungsweise Form werten, und mit dieser Begründung dann schlechtere Noten erteilen.
„Dass die Entscheidung falsch ist, galt schon vor knapp zwei Jahren, als das Staatsministerium für Kultus erstmal dieses Verbot erlassen hat. Heute hat sich daran nichts geändert“, sagte Härtig. Das Gendern sei mittlerweile ein bekannter Teil der deutschen Sprache. Wer auf eine verbreitete Art gendere - etwa mit Sternchen, Doppelpunkt oder Binnen-I - tue das nicht willkürlich. „Auch das Gendern folgt bestimmten, allgemein geübten Regeln. Es wäre ein Leichtes, diese zusätzlich zur amtlichen Schreibung als erlaubt anzuerkennen.“
„Darüber hinaus fragen wir uns, ob das Kultusministerium keine wichtigeren Probleme an Sachsens Schulen sieht“, betonte die LSR-Vorsitzende. Man könnte die Schülerinnen und Schüler einfach gendern lassen und sich mit Problemen wie Digitalisierung, Lehrkräftemangel, psychischen Belastungen oder dergleichen befassen. Beim Projekt „Bildungsland Sachsen 2030“ habe das Ministerium genug Vorschläge bekommen, was man im Bildungssystem besser machen kann.
Das Kultusministerium hatte vor zwei Jahren in einem Schreiben an die Schulen verfügt, dass für offizielle Schreiben, Briefe an Eltern und Unterrichtsmaterialien das amtliche Regelwerk gelte und Sonderzeichen für eine geschlechtsneutrale Sprache tabu sind. Sie sollen etwa in Aufsätzen auch als Fehler markiert werden. Dagegen werden Paarformen wie Schülerinnen und Schüler und geschlechtsneutrale Formen wie Lehrkräfte oder Jugendliche empfohlen. Ziel sei eine für alle verständliche Sprache, hieß es. Das Ministerium beruft sich auf das Regelwerk des Rates der deutschen Rechtschreibung.
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