Bildung:Ethikunterricht für Grundschüler gefordert: Finanzprobleme

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Ein Stuhl steht in einem Klassenzimmer auf dem Tisch. (Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild)

In manchen großen Städten ist die Mehrzahl der Grundschüler weder evangelisch noch katholisch. Auch für sie muss es eine Vermittlung von Werten geben, meint die SPD. Dem Land fehlt das Geld dafür.

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Stuttgart (dpa /lsw) - Grün-Schwarz darf aus Sicht der SPD im Landtag die Einführung des Ethikunterrichts an den Grundschulen nicht mehr auf die lange Bank schieben. Immer mehr Menschen kehrten der Kirche den Rücken zu, doch das spiegele sich nicht im Unterrichtsangebot der Südwestschulen wider, sagte SPD-Bildungsexperte Daniel Born mit Blick auf die wachsende Zahl von Kirchenaustritten. „Auf den steigenden Bedarf an Ethikunterricht ist das Land schlecht vorbereitet.“

Die Regierung müsse den bislang nur an weiterführenden Schulen angebotenen weltanschaulich und religiös neutralen Unterricht auf die Grundschulen ausdehnen, forderte der SPD-Abgeordnete, auch als Reaktion auf eine Antwort des Kultusministeriums auf eine Anfrage seiner Fraktion. Das Ministerium lehnt dies aus finanziellen Gründen ab. Der Grundschulverband verlangt zumindest einen Einstieg im Grundschulbereich. Ethik- und Religionsunterricht sind Pflichtfächer, getaufte Schüler haben bisher keine freie Wahl.

Appell für gleiche Bildungschancen

Der SPD-Abgeordnete Born betonte: „Es ist kein Zustand, dass täglich zahlreiche Kinder in unseren Grundschulen während des evangelischen oder katholischen Unterrichts auf den Fluren sitzen, weil für sie kein Ethikunterricht angeboten wird.“ Das sei weder zeitgemäß noch werde es dem Anspruch an gleiche Bildungschancen gerecht. „Auch die Kinder, die keinen Religionsunterricht besuchen, haben ein Anrecht auf einen hochwertigen Unterricht zu den großen Fragen nach Frieden, Gerechtigkeit und Zusammenleben.“ Im Ethikunterricht werden Wissen über Religionen und Weltanschauungen vermittelt und philosophische Fragen diskutiert.

An den Grundschulen steigt die Zahl der Schüler ohne christliche Konfession kontinuierlich. Waren es 2013/14 noch fast 128 000, lag der Wert im vergangenen Schuljahr bei rund 187 000. Gut 70 Prozent der Grundschüler besuchten im Schuljahr 2022/23 den Religionsunterricht. Zum Vergleich: 2013/14 waren es noch etwa 80 Prozent aller Schüler.

Nach Beobachtung des Landeschefs des Grundschulverbands, Edgar Bohn, bringt die derzeitige Situation massive Betreuungsprobleme mit sich. Und auch für die Bearbeitung vielfacher Krisen in der Welt sei Ethikunterricht der geeignete Ort. Auch wenn das Fach Ethik zunächst nur im vierten Schuljahr eingeführt würde, wäre ein Signal für eine Besserung der Misere.

Millionen-Kosten für Ausbau des Ethikunterrichts

Aus Sicht des Ressorts von Theresa Schopper (Grüne) ist der Ausbau des Faches Ethik wichtig, um auch den nicht am Religionsunterricht teilnehmenden Schülerinnen und Schülern ein entsprechendes weltanschaulich neutrales Bildungsangebot machen zu können. Daher wolle das Land dieses Fach in allen Schularten und Klassenstufen schrittweise einführen. Es seien Konzepte wie ein Bildungsplan erarbeitet worden. Die Umsetzung in den Klassen eins bis vier koste 460 Vollzeitstellen; das wären Ausgaben von mehr als 35 Millionen Euro im Jahr.

Ethik übergeordnetes Ziel

Eine Entscheidung über den Zeitpunkt der Einführung hänge jedoch von der Finanzsituation ab. Der staatliche Auftrag zur ethisch-moralischen Erziehung beschränkt sich jedoch nicht auf einzelne Schulfächer wie den Ethik- oder den Religionsunterricht, wie das Ministerium erläuterte. Er sei vielmehr eine Querschnittsaufgabe von Schule und Unterricht.

© dpa-infocom, dpa:240303-99-201384/2

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