Würzburg:Das unterfränkische Eiermonster

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Ganz schön gefährlich: das Huhn vor dem Friseursalon. (Foto: dpa)

Die Würzburger Polizei meldet die Festnahme einer "aufgebrachten Henne", die die Kunden eines Friseursalons in Angst versetzt habe. Eine Heldentat und ihre Geschichte.

Glosse von Olaf Przybilla

Normalerweise läuft das ja so. Irgendein Medium verbreitet eine Super-Super-Super-Geschichte, wie das im Presseraum des FC Bayern heißen würde. Das bekommen andere Journalisten mit und weil das eben dazugehört, jedenfalls dazugehören sollte, versichert man sich lieber noch mal rück. Bei einer Behörde, am besten bei der Polizei. Klingt ja klasse, aber stimmt die G'schicht überhaupt? Es ist hart, aber die Wahrheit: Gerade die kuriosesten Geschichten sind verdammt leicht totrecherchiert. Und nicht selten ist das mit einem galligen Behördenlachen verbunden: "Wie? Haben Sie das etwa geglaubt? Okay, erzählen wir Ihnen halt mal, wie's wirklich war." Hm.

In der Woche aber war alles anders. Was da genau Sache war in Unterfranken, sollen irgendwann mal Medienwissenschaftler rekonstruieren. Jedenfalls meldete die Polizei am Mittwoch mit heiligem Ernst, eine "aufgebrachte Henne" sei "vorübergehend in Gewahrsam genommen worden". Das Vieh habe gar den Betrieb eines Friseursalons im Ort Etwashausen zum Erliegen gebracht. Die Henne habe sich so vor der Eingangstüre positioniert, dass sich "die Kundschaft weder aus dem Laden heraus, noch hinein" getraut habe. Streifenbeamten hätten sich auf den Weg machen und das Viech in Gewahrsam nehmen müssen. Ha, Helden!

Wer wurde da wovor geschützt?

Es lief dann das allgemeine Kopfkino an, die aggressive Kampfhenne von Etwashausen, dieses unterfränkische Eiermonster, Schrecken aller Friseurinnen. Und dann fragte der Bayerische Rundfunk im Friseurladen nach und der Zuhörer vernimmt ein sympathisches, Verzeihung, Gegacker von einer der vermeintlich gerade aus perfider Hennenhaft befreiten Dienstleisterinnen. Und die fragt den BR-Reporter, als sie sich wieder eingekriegt hat vor Lachen: "Wer hat denn heute Angst vor einem Huhn?"

Ganz im Gegenteil sei es so gewesen: Angefüttert habe man das Huhn sogar, weil man Angst gehabt habe, dass es überfahren wird. Und als es nicht wegging, da habe man eben bei der Polizei angerufen. Um das Huhn zu schützen. Das Huhn!

Karl Kraus, dieses schreibende Ekel, hat mal den Satz in die Maschine gehackt: Friseurgespräche sind der unwiderlegliche Beweis dafür, dass die Köpfe der Haare wegen da sind. Muss das nun umgeschrieben werden? Neu gemünzt auf durchgeknallte Polizeimitteilungen?

Im Würzburger Präsidium wehren sie sich mit aller Macht dagegen: Genau so, dass sich da niemand mehr aus dem Laden heraus traue, sei das "in der Erstmeldung" aus dem Friseurgeschäft verbreitet worden. Na ja. Wie auch immer.

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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