Dieses Jahr soll es endlich klappen: Konrad Dippel, 50, will als parteiloser Einzelkandidat für seinen Wahlkreis Weiden in den Bundestag einziehen. Es ist der fünfte Anlauf für den Oberpfälzer.
SZ: Herr Dippel, wie läuft der Wahlkampf?
Konrad Dippel: Gerade stecke ich mitten in den Vorbereitungen. Das heißt Plakate gestalten, Anzeigen schalten, ein Vorstellungsvideo drehen, Wahlkampfveranstaltungen besuchen. Heuer habe ich wieder ein gutes Gefühl, ich hänge mich voll rein. Das alles macht mir großen Spaß, in den Bundestag einzuziehen ist meine Lebensaufgabe.
Sie wollen als Einzelkandidat in den Bundestag einziehen. Wieso?
Mein Schlüsselerlebnis hatte ich im Jahr 2004. Der Direktkandidat der CSU war mir, gelinde gesagt, unsympathisch. Dass er das Direktmandat sicher hat, nur, weil er in der Partei ist, hat mich geärgert. Das empfand ich als krasses demokratisches Defizit. Ich habe mich informiert und herausgefunden, dass ich als parteiloser Einzelbewerber antreten kann, wenn ich 200 Unterschriften beim Wahlleiter vorweise. Das habe ich dann gemacht. Seitdem habe ich vier Wahlkämpfe bestritten.
Was motiviert Sie, wieder anzutreten, obwohl Sie bereits vier Mal gescheitert sind?
Es ist meine Vision, den Knoten im Denken der Wähler platzen zu lassen, dass Einzelbewerber es sowieso nicht schaffen können. Ich kann gar nicht genug betonen, wie stark die Erststimme ist. Wenn ich dieses Wunder schaffe, wird das Auswirkungen auf alle Wahlen haben, die danach kommen. Ich will aufklären über unser Wahlsystem, das explizit parteilose Einzelbewerber vorsieht. Schon die Väter des Grundgesetzes haben das als sinnvolle Bereicherung für den Bundestag gesehen.
Wieso kandidieren sie parteifrei?
Eigentlich wurde ich in einer tiefschwarzen Familie sozialisiert. In der Schule soll-ten wir mal was aus Papierschnipseln gestalten - da habe ich Franz Josef Strauß gebastelt. Später erkannte ich, dass man als Parteimitglied nie rein aus eigenen Gewissen handeln kann, man hat immer Verantwortung für die Partei. Ich will als Mensch gewählt werden, für meine Werte und mein Handeln, nicht als Parteisoldat.
Wie reagieren die anderen Bewerber auf Sie?
Ich habe die anderen mit meiner Erfolglosigkeit der letzten beiden Wahlen eingelullt. In den Wahlkämpfen damals hatte ich aus beruflichen Gründen nicht so viel Zeit, entsprechend schlecht waren meine Ergebnisse. Ich komme aber mit allen Mitbewerbern gut klar, ich will keine offene Feindschaft, das liegt mir fern. Nur die schlechte Presse bereitet mir Sorge.
Wie meinen Sie das?
Es geht nicht fair zu. Die anderen Kandidaten kriegen allein durch ihre Parteien schon mehr Aufmerksamkeit und dadurch mehr Platz in den Medien. Und es wird oft geschrieben, dass meine Kandidatur aussichtslos ist. Das stimmt einfach nicht.
Bei der letzten Wahl hatten Sie rund 12 000 Stimmen, der Gewinner fast 60 000. Sind die Stimmen für Sie denn nicht verschwendete Stimmen?
Nein. Das ist ein Standardargument der Gegner. In einem Wahlkreis, wo der CSU-Kandidat so gut wie immer über 50 Prozent der Erststimmen kriegt und alle anderen Kandidaten zwischen zwei und 15 Prozent - da sind ja all diese Stimmen weggeworfen, wenn man nach dieser Argumentation geht. Außerdem muss doch der CSU-Mann nicht mit 30 Prozent Vorsprung im Vergleich zu den anderen gewinnen.
Wie finanzieren Sie Ihren Wahlkampf?
Ich habe meine Firma verkauft und bin deshalb ein wohlhabender Mensch. Außerdem bekommt jeder Bewerber eine Erstattung für die Wahlkampfkosten, wenn er mindestens zehn Prozent der Erststimmen gewonnen hat. 2017 hatte ich unter zehn Prozent, deshalb habe ich keine Erstattung bekommen.
Wie schätzen Sie Ihre Chancen heuer ein?
Ich brauche ja nur eine Stimme mehr als die anderen Kandidaten. Nach meinen Berechnungen sind dafür mindestens 35 000 Stimmen nötig. Das heißt, ich muss mein Ergebnis von 2017 verdreifachen. Vielleicht kann ich dieses Jahr einen Teil der Protestwähler gewinnen, die unzufrieden sind mit den Streitereien der Parteien. Aus den Wahlstatistiken weiß ich, dass ich von ganz unterschiedlichen Menschen gewählt werde.