Vorstand der BayernLB:Für zwei wird es eng

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Beim Kauf der Hypo Alpe Adria kommen immer mehr dubiose Vorgänge ans Tageslicht. Morgen tagt der Verwaltungsrat - und die letzten zwei Vorstände aus der Skandalzeit könnten gehen.

K. Ott und B. Kruse

Die Staatsanwälte, die diese Woche bei gleich drei bayerischen Ministerien sowie beim Sparkassenverband und Städtetag wegen der Landesbank-Affäre vorstellig wurden, präsentierten dort lange Listen. Die Ermittler wollten viele Dokumente einsehen und mitnehmen. Den Kaufvertrag beispielsweise, mit dem die BayernLB im Jahr 2007 die österreichische Hypo Alpe Adria erworben hatte, was später in einem Milliardendesaster endete.

Lange Listen in der Landesbank-Affäre: Immer mehr dubiose Vorgänge beim Kauf der Hypo Alpe Adria kommen ans Tageslicht. (Foto: Foto: dpa)

Sie interessierten sich auch für Protokolle des Verwaltungsrats, des Aufsichtsgremiums der Staatsbank, dem üblicherweise die Minister für Finanzen, Wirtschaft und Inneres angehören und der die Übernahme der in Kärnten ansässigen Finanzgruppe genehmigt hatte. Staatsanwälte auf Spurensuche in der Staatsregierung, das kommt in Bayern eher selten vor, und es ist eine neue Dimension in dieser Affäre, die sich zum Dauer-Fiasko für die CSU auswächst. Die jetzt sichergestellten und früher beschlagnahmte Unterlagen bringen zahlreiche Manager und Politiker in Erklärungsnöte.

Aktuell müssen Ralph Schmidt und Stefan Ropers um ihre Jobs bangen, die einzigen Vorstandsmitglieder der Landesbank, die 2007 am Erwerb der Hypo Alpe Adria mitgewirkt hatten und heute noch im Amt sind. Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen alle acht damaligen Vorstandsmitglieder, sechs von ihnen haben seither die Staatsbank vorzeitig verlassen müssen, aus unterschiedlichen Gründen.

Am morgigen Donnerstag befasst sich der von Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) geleitete Verwaltungsrat mit Ropers und Schmidt. "Die zentrale Frage lautet: Kann man den beiden Managern noch das nötige Vertrauen entgegenbringen", sagt der CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch. Er leitet die Parlamentarische Kontrollkommission für die BayernLB.

In CSU-Kreisen wird die Ablösung von Schmidt und Ropers betrieben, bei der FDP und in Teilen des Verwaltungsrats wird vor "Hauruckaktionen" gewarnt. Man könne nicht jedes Vorstandsmitglied, gegen das ermittelt werde, gleich feuern; noch gelte die Unschuldsvermutung.

Beide Vorstände sollen am Donnerstag zu den Vorwürfen gegen sie Stellung nehmen. Aber selbst wenn sie im Amt bleiben sollten, ist das wohl nur eine Gnadenfrist. Im April übernimmt der neue BayernLB-Chef Gerd Häusler das Ruder; spätestens dann werde der Vorstand umgebaut, sagen Insider.

Eine zentrale Rolle spielt der von Vorstand und Verwaltungsrat der Landesbank genehmigte Kaufvertrag für die Hypo Alpe Adria vom 22. Mai 2007.

Die BayernLB übernahm mit diesem Abkommen alle Risiken und Altlasten der damals schon ziemlich maroden und als "Skandalbank" bekannten österreichischen Finanzgruppe, die Kärntner Landesregierung als Verkäufer bejubelte ein aus ihrer Sicht "sensationelles Geschäft". Wie konnte solch ein Vertrag zustande kommen, wer hat welche Schuld, will Weidenbusch wissen. "Ich gehe davon aus, dass der Verwaltungsrat mit Hochdruck daran arbeitet, das bis zur Sitzung am Donnerstag aufzuklären."

Ein damaliger Verwaltungsrat der Landesbank sagt, er könne sich nicht erinnern, "den Kaufvertrag in der Hand gehabt zu haben". Die Übernahme der Hypo Alpe Adria in "Paragraphen" zu regeln, sei Sache des Vorstands gewesen.

Mit solchen Erklärungen dürften sich die früheren Minister Kurt Faltlhauser, Erwin Huber und Günther Beckstein und der heutige CSU-Fraktionschef im Landtag, Georg Schmid, kaum aus der Affäre stehlen können - sie hatten alle 2007 dem Verwaltungsrat angehört. Kontrolleure sollten schließlich wissen, was sie genehmigen - was bei der Landesbank offenbar nicht der Fall war. Und das ist längst nicht der einzige fragwürdige Vorgang.

Kauf der Skandalbank wurde vorgezogen

Außer für den Kaufvertrag vom Mai 2007 interessiert sich die Staatsanwaltschaft auch für den Abschluss des Geschäfts im Oktober 2007. Da waren aus Sicht des seinerzeitigen BayernLB-Vorstandes alle Bedingungen für das Geschäft erfüllt. Am 9. Oktober 2007 floss das Geld nach Kärnten. Doch seltsam: Laut Unterlagen des Landes Kärnten sollte der Kauf Ende Oktober vollzogen werden, das wurde dann aber "überraschenderweise" mehrere Wochen vorverlegt.

Aber von wem und warum? Weil der Vertrag sonst geplatzt wäre? Am 29. Oktober 2007 erhielt der Aufsichtsrat der Hypo Alpe Adria alarmierende Nachrichten vom Bankvorstand. Man werde bestimmte, für 2007 gesetzte Ziele nicht erreichen; bei einzelnen Gesellschaften der Finanzgruppe gebe es "teilweise dramatische Abweichungen"; man sei auf "zahlreiche risikobehaftete Kreditfälle" aus der Vergangenheit, sprich auf Altlasten, gestoßen.

Eine Sondersitzung des Aufsichtsrats der Hypo Alpe Adria wurde anberaumt, und der Vorstand der österreichischen Finanzgruppe teilte mit, man brauche dringend 600 Millionen Euro. So steht es in Kärntner Unterlagen, die von der österreichischen Justiz im Wege der Amtshilfe für die Münchner Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden sind und die nun ausgewertet werden.

Wäre der Kaufvertrag der BayernLB für die Hypo Alpe Adria, wie ursprünglich geplant, erst Ende Oktober 2007 zum Vollzug angestanden, dann hätte das Geschäft noch scheitern können. Ein früherer Verwaltungsrat der Landesbank sagt, dieser Ablauf vom Oktober 2007 sei ihm bislang unbekannt. "Wenn wir rechtzeitig erfahren hätten, es sind neue Risiken in größerem Umfang aufgetaucht, dann hätten wir mit Sicherheit gesagt, stopp, das müssen wir prüfen."

Ständig neue Ungereimtheiten

Doch geprüft wurde offenbar kaum etwas, auch nicht in der Phase zwischen Abschluss und Vollzug des Vertrags. Das wundert die Staatsanwaltschaft. Denn am 9. August 2007 hatte die internationale Bankenkrise einen ersten Höhepunkt erreicht. Der Markt für bestimmte Geldlagen sei weltweit erstmals zusammengebrochen, notierten die Ermittler.

Das hätte den Vorstand der BayernLB veranlassen müssen, die "Werthaltigkeit" der Hypo Alpe Adria und den vereinbarten Kaufpreis in Frage zu stellen und nachzuverhandeln. Mit dem Ziel, den Preis zu drücken und das Geschäft zu stornieren. Doch nichts dergleichen geschah, auch nicht im Verwaltungsrat der Landesbank, der sich im August 2007 bei einer Sondersitzung mit der Finanzkrise und deren Auswirkungen auf die BayernLB befasste. Ständig neue Fragen, ständig neue Ungereimtheiten, die Causa Landesbank bleibt spannend.

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