Urteil am Landgericht Augsburg:Lebenslange Haft für Polizistenmörder

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In Handschellen vor dem Landgericht: Rudi R. ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden (Archivbild). (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Er soll den Polizisten Mathias Vieth bei einer wilden Schießerei förmlich hingerichtet haben, jetzt wurde Rudi R. vom Landgericht Augsburg zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Im Gerichtssaal kommt es zum Eklat.

Lebenslang wegen Mordes, die besondere Schwere der Schuld und Sicherungsverwahrung. Mehr gibt das deutsche Gesetz nicht her. Wegen des Mordes am Augsburger Polizisten Mathias Vieth muss ein 58-Jähriger voraussichtlich für den Rest seines Lebens ins Gefängnis. Das Landgericht Augsburg verhängte am Donnerstagmorgen die Maximalstrafe gegen Rudi R.. Gegen einen der - wie der Richter sagte - "auszog, andere das fürchten zu lehren ".

Bei der Verkündung des Urteils kam es im vollbesetzten Gerichtssaal zum Eklat. Der wenige Minuten zuvor verurteilte Rudi R. sprach von einer Vorverurteilung und beizeichnete das Urteil als "Kloake". "Sie können sich den Dreck sparen, den sie hier daherreden. Lassen sie mich entfernen", sagte er zum Richter. Die Strafkammer verwies den Mann daraufhin wegen seiner "lautstarken und unflätigen Bemerkungen" des Gerichtssaals. Nachdem der Polizistenmörder von den zu seiner Bewachung abgestellten Beamten weggeführt worden war, setzte der Richter die Urteilsbegründung fort.

Nach Überzeugung des Gerichts hat Rudi R. den 41 Jahre alten Polizisten gemeinsam mit seinem Bruder nach einer Verfolgungsjagd bei einer wilden Schießerei im Augsburger Stadtwald förmlich hingerichtet. Der Kammervorsitzende sprach von einer "Exekution" mit einer Salve aus dem Schnellfeuergewehr. Das Verfahren gegen den Bruder wurde vor einigen Wochen abgetrennt, weil der 60-Jährige verhandlungsunfähig wurde.

Rudi R. wurde jetzt auch wegen mehrerer Raubüberfälle und schweren Waffendelikten verurteilt. Ferner wurde er des versuchten Mordes schuldig gesprochen: Die Kollegin von Vieth überlebte die Schießerei nur mit viel Glück. Eine Kugel hätte sie fast ins Rückenmark getroffen. Doch das Geschoss prallte an dem an ihrem Gürtel befestigten Reservemagazin ihrer Dienstpistole ab. Durch eine in dem Magazin explodierte Patrone wurde die Polizistin leicht verletzt.

"Absolut angemessen und nötig"

In dem Prozess trat die Beamtin als Nebenklägerin auf. Der Urteilsverkündung folgte sie mit gesenktem Kopf, am Ende lächelte sie. Der leitende Oberstaatsanwalt von Augsburg sagte nach dem Urteil: Wichtig sei ihm , dass dieser Berufsverbrecher zeitlebens weggesperrt wird, "damit die Verwandten, die Öffentlichkeit und die Polizistin in Ruhe und ohne Furcht leben können".

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnete die Höchststrafe als "absolut angemessen und nötig". Es sei wichtig, dass der Täter "nach dieser unfassbar brutalen Tat" nicht nur die gerechte lebenslange Freiheitsstrafe erhält, sondern dass das Gericht auch die anschließende Sicherungsverwahrung verhängt hat.

Rudi R. hatte bereits im Jahr 1975 einen Polizisten ermordet und deswegen fast zwei Jahrzehnte im Gefängnis gesessen. Fast ein Jahr lang war nun in Augsburg verhandelt worden. Das Gericht hatte in dem Prozess zahlreiche Zeugen und Gutachter gehört, manche sogar mehrfach.

Rudi R. und sein Bruder wurden durch eine Reihe von DNA-Spuren und weitere Indizien belastet. In ihrem Umfeld wurde ein ganzes Waffenarsenal, teils mit Kriegswaffen, sichergestellt. Gutachter des Bundeskriminalamtes konnten nachweisen, dass beschlagnahmte Kalaschnikow-Schnellfeuergewehre mit dem Verbrechen an Vieth in Zusammenhang stehen.

Die Strafkammer folgte mit dem Urteil nun im vollem Umfang dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Anwälte der Nebenkläger hatten am vorletzten Prozesstag von einer regelrechten "Hinrichtung" des Opfers gesprochen und ebenfalls eine lebenslange Haftstrafe plus Sicherungsverwahrung gefordert.

Der Anwalt von Rudi R., Markus Meißner, hatte der Staatsanwaltschaft dagegen eine "mittelalterliche Beweisführung" vorgeworfen und das Vorgehen der Ermittler mit einer Hexenverbrennung verglichen. Die Verteidiger hatten vor dem Landgericht Augsburg einen Freispruch des Angeklagten gefordert. Dabei schoben sie die Schuld an allen angeklagten Straftaten auf den Bruder ihres Mandanten, Raimund M.. Dieser habe mit einem unbekannten weiteren Mann Vieth umgebracht.

Augsburger Polizistenmord
:Zu krank für den Prozess

Der Prozess gegen den mutmaßlichen Polizistenmörder Raimund M. wird wohl platzen, weil sich dessen Gesundheitszustand dramatisch verschlechtert hat. Schuld ist nach Ansicht eines Gutachters die schlechte Behandlung in der Einzelhaft - also die bayerische Justiz.

Von Stefan Mayr

Das Verfahren gegen Raimund M. war im November abgetrennt und ausgesetzt worden, weil ein Sachverständiger den an Parkinson erkrankten 60-Jährigen als vorläufig verhandlungsunfähig eingestuft hatte. Der Prozess gegen M. muss nun komplett neu aufgerollt werden. Ob und wann dies der Fall sein wird, ist völlig offen.

Zudem hatte der Sachverständige ausgeschlossen, dass Raimund M. in der Mordnacht auf dem Fluchtmotorrad gesessen haben könnte. Diese entlastende Einschätzung zweifelten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenkläger-Vertreter massiv an - und kurioserweise auch die Verteidiger seines Bruders Rudi R.

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