Untersuchungsausschuss:Filz bei Ermittlung gegen Ärzte

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Grüne und Freie Wähler beklagen "gesundheitspolitischen Skandal"

Von Stefan Mayr, München

Die Landtagsfraktionen der Grünen und der Freien Wähler werfen der Bayerischen Staatsregierung sowie der Justiz grobe Fehler bei der Aufarbeitung von betrügerischen Machenschaften unter Ärzten vor. In einer gemeinsamen Pressekonferenz sprachen die Abgeordneten Sepp Dürr und Florian Streibl von einem "gesundheitspolitischen Skandal", von einem "Versagen der Politik" und "klassischem Filz". Dürr forderte sogar Ministerin Beate Merk zum Rücktritt auf.

Dürr und Streibl präsentierten am Dienstag im Maximilianeum ihren Abschlussbericht zum Untersuchungsausschuss Labor, der kommende Woche zu Ende geht. Der Ausschuss untersucht seit Sommer 2014, ob Politiker Einfluss auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen tausende Ärzte genommen haben. Zur Vorgeschichte: Der Bundesgerichtshof bestätigte im Januar 2012 zwar eine Haftstrafe gegen einen Arzt wegen betrügerischer Abrechnung von Speziallaborleistungen, doch zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Augsburg etliche ähnliche Verfahren gegen andere Ärzte eingestellt. Dürr und Streibl bezeichnen dies als "unerträglich". "Das Recht muss für alle gleich sein", sagt Streibl, "aber es wurde ein Arzt verurteilt, während alle anderen davonkamen."

Nach 40 Ausschusssitzungen ziehen Dürr und Streibl gemeinsam folgendes Fazit: "Es gab politischen Einfluss auf die Soko Labor und auf die Staatsanwaltschaft." Im Ausschuss habe es zwar keinen direkten Beweis hierfür gegeben - aber dafür jede Menge "Hinweise". Streibl: "Hätte die Soko Labor so weiterermitteln können, wie sie wollte, dann wäre ein ganz anderes Ergebnis herausgekommen." Doch im August 2008 - unmittelbar vor der Landtagswahl - sei der Soko-Leiter versetzt worden und es habe einen "Bruch" in den Ermittlungen gegeben.

Sepp Dürr wirft Finanzminister Markus Söder sowie EU-Ministerin Beate Merk "Versagen" vor. Söder habe es bis heute versäumt, die betrügerische Abrechnungspraxis bei Speziallaborleistungen zu verhindern. "Der Betrugsskandal läuft munter weiter, weil die Beihilfestellen nicht nachprüfen." Und Merk habe damals als Justizministerin die Kontrolle in ihrem Haus "bewusst unterbunden", deshalb müsse sie "jetzt endlich raus aus dem Kabinett".

Der Untersuchungsausschuss wird am Dienstag seinen Abschlussbericht beschließen. Dabei werden die Vertreter von CSU und SPD wohl feststellen, es gebe keinerlei Belege für politische Einflüsse auf die Ermittlungen. Weil Grüne und FW anderer Meinung sind, stellten sie am Dienstag ihre eigene Bewertung vor.

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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