Unterrichtsausfall:Nachsitzen nicht nötig

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So lange schneefrei gab es zuletzt 2006, dennoch sind Schulrektoren und der Kultusminister gelassen

Von Jacqueline Lang, München

Eine Woche fällt der Unterricht in manchen Schulen wegen des starken Schneefalls nun schon aus und nächste Woche könnte es so weitergehen. Im Landkreis Traunstein etwa bleiben die Schulen mindestens bis einschließlich Mittwoch zu. Das ist ungewöhnlich, mehr als ein, zwei Tage fiel der Unterricht zuletzt im schneereichen Winter 2006 aus.

In 19 der 71 bayerischen Landkreise blieben die Schulen am Freitag erneut geschlossen, alle in Oberbayern und Schwaben. Die Landkreise Berchtesgadener Land, Augsburg und Unterallgäu waren nur teilweise betroffen. In den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach haben die Schüler bereits seit Montag schneefrei, im Landkreis Oberallgäu fand zwischenzeitlich der Unterricht statt, am Freitag wiederum nicht. Wie es am Montag weitergeht, darüber will die zuständige Kommission am Sonntagnachmittag entscheiden. In den einzelnen Landkreisen gibt es Gremien mit Vertretern von Schulen, Behörden und Rettungskräften, die festlegen, ob der Unterricht stattfindet oder nicht.

Zuletzt waren die Schulen solange am Stück im Winter 2006 geschlossen, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums. In mehreren Landkreise sogar ganze Wochen, sagte Daniel Otto. Wegen der Schneelast stürzte damals in Bad Reichenhall das Dach der Eishalle ein. 15 Menschen starben bei dem Unglück, die meisten davon Kinder. Seitdem ist man noch vorsichtiger geworden: Dächer werden schnell geräumt und vorsorglich gesichert. Vor allem bei öffentlichen Gebäuden wie Schulen will niemand ein unnötiges Risiko eingehen. Auch auf dem Dach der Bürgermeister-Schütt-Grund- und Mittelschule in Garmisch-Partenkirchen ist die Feuerwehr deshalb unermüdlich im Einsatz. In den fünf Landkreisen, für die der Katastrophenfall gilt, räumt auch die Bundeswehr Dächer ab.

Trotz schulfrei ist die Schule in Garmisch nicht gänzlich leer. Von den insgesamt 600 Schülern seien aktuell etwa zehn im Gebäude, sagte Rektorin Stefanie Schmidt am Freitag. Das Lehrerkollegium sei ebenfalls in der Schule. Winterfrei für Lehrer, das gebe es nicht. "Bis auf die Mittenwalder, die sind eingeschneit", sagte Schmidt. Die anwesenden Lehrer betreuten die wenigen Schüler und nutzten die Zeit für eine Lehrerfortbildung.

Viele Kinder freuten sich, dass der Unterricht ein paar Tage ausfällt. Doch auch für die Eltern scheine der Ausfall kein übermäßiges Problem darzustellen. Es hätten sich zwar einige Eltern telefonisch erkundigt, bis wann denn nun mit einer Schließung zu rechnen sei, aber beschwert habe sich niemand, sagte Schmidt. Im Gegenteil: Viele Eltern seien froh, dass ihre Kinder nicht auf den vereisten Wegen zur Schule müssten. Die Angst, dass dem Nachwuchs etwas zustoßen könnte, überwiege offenbar bei den meisten. Diesen Eindruck bestätigt der Ministeriumssprecher. "Beschwerden von Eltern haben uns bislang nicht erreicht, eher im Gegenteil."

Für den Fall, dass die Kinder nicht alleine zuhause oder bei Verwandten bleiben können, stehe außerdem die Notbetreuung an allen Schulen zur Verfügung. "Selbstverständlich werden die Schülerinnen und Schüler in der Schule betreut, wenn Eltern arbeiten müssen und der Schulweg der Kinder als sicher angesehen werden kann", heißt es beispielsweise auf der Homepage der Mittelschule Berchtesgaden. Ein ähnlicher Hinweis findet sich auf der Seite der Grund- und Mittelschule in Garmisch-Partenkirchen. Dass nur sehr wenige Eltern dieses Angebot bislang genutzt haben, deutet Rektorin Schmidt so, dass die Nachfrage in den meisten Fällen nicht bestehe. Auch der Konrektor an der Erzbischöflichen Maria-Ward-Mädchenrealschule in Traunstein-Sparz weiß nichts von genervten Eltern und zur Betreuung sei bislang keine Schülerin erschienen.

Selbst das Kultusministerium gibt sich gelassen. "Im Lehrplan ist immer Luft drin, gerade für solche Verhältnisse", sagte Minister Michael Piazolo (FW) am Freitag im Bayerischen Rundfunk. "Es gibt jedes Schuljahr einige Wochen Puffer, in denen für gewöhnlich Stoff wiederholt wird", sagte Sprecher Daniel Otto. Diese Wochen könnten dazu verwendet werden, den verpassten Schulstoff nachzuholen. Auch Rektorin Schmidt sorgt sich nicht, dass die Schüler etwas versäumen könnten. Ein gewisser pädagogischer Freiraum ermögliche es den Lehrern, einzelne Inhalte sinnvoll zusammenzufassen.

Kultusminister Piazolo schloss zudem Unterricht über digitale Medien nicht aus. "Solche Möglichkeiten sind zu überlegen. Da ist immer die Frage, was die Schule kann." Es sieht also so aus, als ob die Schüler wegen des Schneefalls nicht nachsitzen müssten. Manche Lehrer lassen ihnen allerdings bereits Arbeitsblätter zukommen.

© SZ vom 12.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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