Unter Bayern:Alles neu und schon mal da

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Was für die einen eine bislang unbekannte Lebenserfahrung ist, haben andere bereits hinter sich. Und da kann es schon passieren, dass man in einer neuen Rolle noch ein bisschen durcheinander ist

Kolumne von Franz Kotteder

Wenn ein Jahr beginnt, glaubt man erst, nun würde ein völlig neuer Abschnitt im Leben beginnen. Ein paar Tage nach dem Ersten stellt man aber ernüchtert fest: Alles schon mal dagewesen. Wie sich das bei der CSU so kurz vor dem Parteitag entwickeln wird, ist allerdings noch nicht ganz klar. Derzeit lobt Ministerpräsident Markus Söder seinen Vorgänger und Bundesinnenminister Horst Seehofer gerade derart über den Schellenkönig, dass man fast befürchten muss, er werde gleich seinen Rücktritt einreichen und Seehofer als Nachfolger vorschlagen. Das wäre nun wirklich neu, denn eigentlich ist der ja für den Austrag vorgesehen.

Ganz vertraut erscheint einem dagegen eine Partei, die momentan vor Kraft kaum laufen kann und deren Spitzenleuten gelegentlich herausrutscht, dass sie Demokratie und Liberalität überhaupt erst möglich machen müssen. Erinnert ein bisschen an Franz Josef Strauß, Anfang der Achtzigerjahre. Man könnte so etwas als erstes Anzeichen einer Arroganz der Macht werten. Was erstaunlich wäre, denn schließlich sind die Grünen ja noch gar nicht an der Macht. Aber das kann man im Umfragehoch leicht einmal vergessen. Wenigstens dieses Problem hat die bayerische SPD nicht. Von ihr kann man Gelassenheit und Gleichmut lernen. "Neun Prozent im Bayerntrend sind doch super", sagt sie sich wahrscheinlich, "davon werden wir noch träumen, wenn wir demnächst an der Fünfprozenthürde scheitern."

Auch Horst Seehofer hat dieser Tage übrigens etwas durcheinandergebracht. Er twittere ja nicht so oft, sagte er, aber im Internet sei er schon lange unterwegs, so seit den Achtzigerjahren etwa. Womit er seiner Zeit erheblich voraus gewesen sein muss, vielleicht hat er das Internet aber auch nur mit dem Teletext oder dem Fax verwechselt. Als Spitzenpolitiker hat man mit solchen Dingen normalerweise ja nur über das Sekretariat zu tun. Gerade in der Heimat von Laptop und Lederhose sollte man sich darüber aber nicht lustig machen. Hier nimmt man's dem Austragbauern niemals übel, wenn er ab und zu ein paar Jahreszahlen durcheinanderbringt, das ist nun mal ein Vorrecht des Alters. Dessen Würde weiß man in Bayern immer noch zu wahren. Und zwar ganz besonders in der CSU.

© SZ vom 12.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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