Umweltschutz:Nitrat im Grundwasser: Staatsregierung verschärft Vorgaben für Bauern

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Wegen des Dauerregens konnten die Bauern keine Gülle ausfahren. Jetzt wissen sie nicht, wohin damit. (Foto: Patrick Pleul/dpa)
  • Gülle ist der Hauptgrund für zu viel Nitrat im Grundwasser. Von 2019 an sollen deswegen strengere Regeln für Landwirte gelten.
  • Damit setzt die Staatsregierung nicht mehr nur auf freiwillige Kooperation.
  • Der Streit um das Nitrat im Grundwasser währt seit Jahren. In größeren Mengen gilt der Stoff als schädlich für den Menschen.

Von Christian Sebald, München

Die Staatsregierung wird in den Gebieten Bayerns mit Nitrat belastetem Grundwasser die Vorgaben für die Bauern besonders verschärfen. Das haben Umweltministerin Ulrike Scharf und Agrarminister Helmut Brunner (beide CSU) der SZ bestätigt. Experten beider Häuser erarbeiten dazu eine Landesverordnung "Rote Gebiete Nitrat".

Sie wird nicht nur in allen Regionen Bayerns gelten, in denen der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat je Liter Grundwasser überschritten wird. Sondern auch in den Gebieten, in denen der Vorsorgewert von 37,5 Milligramm gerissen wird. Experten zufolge werden je ein Drittel der Landesfläche und der Bauern von der neuen Verordnung betroffen sein - in allererster Linie die Regionen mit besonders intensiver Landwirtschaft. Die Verordnung wird im Jahr 2019 in Kraft treten.

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"Unser Grundwasser ist das Lebensmittel Nummer eins, sein Schutz hat oberste Priorität", sagt Umweltministerin Scharf. "Deshalb werden wir dort, wo Verbesserungen des Grundwasserschutzes nötig sind, die Vorgaben für die Bauern anziehen." Agrarminister Brunner argumentiert genauso.

Zwar betont er, dass sein Haus in der Vergangenheit viel für den Grundwasserschutz getan habe, zuletzt im Rahmen des Wasserpakts mit dem Bauernverband. Aber dann erklärt Brunner: "Wo besondere Belastungen des Grundwassers herrschen, wird es zusätzliche Auflagen für die Bauern geben." Bislang hatte der Freistaat in solchen Gebieten ausschließlich auf freiwillige Kooperationen gesetzt.

Zu den besonders mit Nitrat belasteten Gebieten zählen das südliche Niederbayern und Franken sowie Teile der Oberpfalz und Schwabens. Aber auch in Oberbayern, etwa im Landkreis Erding, steigt die Belastung an. Hauptursache ist die intensive Landwirtschaft mit ihren Massentierhaltungen und dem industriellen Ackerbau. Denn in die Böden und damit ins Grundwasser gelangt Nitrat in der Hauptsache durch die Gülle und anderen Dünger, welche die Bauern massenhaft ausbringen.

Der Streit um das Nitrat im Grundwasser währt seit Jahren. Zwar ist der Stoff wichtig für das Gedeihen der Pflanzen. Aber in größeren Mengen gilt er als schädlich für den Menschen, insbesondere für Kinder und Schwangere. Laut EU müssen die Mitgliedsstaaten deshalb dafür sorgen, dass ihre Grundwasserströme möglichst frei sind von Nitrat.

Auf keinen Fall darf der Grenzwert von 50 Milligramm je Liter Grundwasser überschritten werden. Die EU wirft Deutschland seit Langem vor, den Grundwasserschutz zu vernachlässigen. Deshalb hat die EU-Kommission die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Nun verschärfen Bund und Länder die Vorgaben zum Schutz des Grundwassers für die Bauern.

Die neue Landesverordnung "Rote Gebiete Nitrat" ist Teil dieser Bemühungen. Nach derzeitigem Stand wird sie einen Katalog von 14 Maßnahmen zum Grundwasserschutz enthalten, von denen die Bauern in den roten Gebieten wenigstens drei anwenden müssen.

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Darunter sind Vorgaben für das Fassungsvermögen der Gülletanks auf den Bauernhöfen genauso wie Zeiten, in denen keine Gülle ausgebracht werden darf, aber auch Regularien für das Ausbringen von Gülle und Kunstdünger. Sie gehen alle deutlich über die neuen allgemeinen Bestimmungen hinaus, auf die sich Bund und Länder kürzlich verständigt haben.

Der Verband der Trinkwasserversorger (VBEW) und der Gemeindetag begrüßen die Initiative. Beide Organisationen werfen der Staatsregierung ebenfalls seit Jahren vor, viel zu wenig für den Grundwasserschutz zu tun. "Natürlich ist es richtig, all denen schärfere Auflagen zu machen, die für das Nitrat im Grundwasser verantwortlich sind", sagt ein VBEW-Sprecher. Wie seine Kollegin beim Gemeindetag betont er aber, dass sich erst "erweisen muss, ob die strengeren Auflagen tatsächlich reichen, die Belastung wirklich zu verringern".

Beim Bauernverband gibt man sich bedeckt. "Wir warten den Entwurf der Verordnung ab", sagt ein Sprecher. "Außerdem haben wir die Staatsregierung gebeten, die Vorgaben praxistauglich zu gestalten." Insider erwarten freilich noch harte Auseinandersetzungen. Schließlich erklärt Bauernpräsident Walter Heidl stets, dass die "bayerischen Bauern dank vieler freiwilliger Maßnahmen enorm viel für den Schutz unseres Wassers leisten".

© SZ vom 08.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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