Umweltpolitik:Auch SPD und Freie Wähler gegen Flächenfraß-Gesetz

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Abgeordnete kritisieren Vorstoß der Grünen als Schnellschuss und reihen sich in die Riege der Gegner ein. Unterstützung kommt vom Katholischen Landvolk

Von Christian Sebald, München

Nicht nur die CSU lehnt den Gesetzesentwurf der Grünen und das Volksbegehren gegen den Flächenfraß ab. Auch SPD und Freie Wähler sprechen sich dagegen aus. Die drei Parteien haben am Donnerstag im Wirtschaftsausschuss des Landtags den Gesetzesentwurf zurückgewiesen, mit dem die Grünen den Flächenverbrauch in Bayern auf fünf Hektar am Tag halbieren wollen. Die SPD-Abgeordnete Annette Karl sprach von einem "Schnellschuss" und warf den Grünen vor, "vollendete Tatsachen" schaffen zu wollen. Sie plädierte dafür, die Expertenanhörung abzuwarten, die ihr Fraktionskollege Florian von Brunn zur gleichen Zeit im Umweltausschuss des Landtags einforderte. Erst danach solle sich der Landtag entscheiden, mit welchen Instrumenten man den Flächenfraß verringern könne. Derweil schließen sich weitere Verbände und Organisationen dem Volksbegehren "Betonflut eindämmen: Damit Bayern Heimat bleibt" an. Es verfolgt das gleiche Ziel wie die grüne Gesetzesinitiative.

Die massive Kritik der SPD kommt wenig überraschend. Parteichefin Natascha Kohnen, der Abgeordnete Brunn und der Fürther OB Thomas Jung, der auch Vorsitzender der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik in Bayern ist, hatten die bayerischen SPD-Mitglieder schon vor Wochen per Rundschreiben vor dem Volksbegehren gewarnt. Darin werfen sie den Grünen vor, es gehe ihnen "vor allem um Wahlkampf". Deshalb hätten sie das Volksbegehren "im politischen Alleingang" gestartet. Das Thema sei aber so wichtig, "dass wir ein breites gesellschaftliches Bündnis (...) brauchen". Nun sagte der SPD-Politiker Brunn: "Es genügt nicht, den extrem hohen Flächenverbrauch zu beklagen, wir wollen vor allem wirksame Instrumente dagegen entwickeln und einsetzen." Die Expertenanhörung werde helfen, sie zu bekommen.

Auch der bayerische Städtetag und der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW) halten nichts von dem Volksbegehren und Gesetzesentwurf. "Der Flächenverbrauch ist viel zu hoch, er muss eingedämmt werden", räumte Städtetags-Geschäftsführer Bernd Buckenhofer zwar ein. "Aber das darf auf keinen Fall zu Lasten der kommunalen Selbstverwaltung und Planungshoheit gehen. Beides ist ein hohes Gut." Eine Obergrenze des Flächenverbrauchs, wie sie die Grünen und anderen Initiatoren des Volksbegehrens einfordern, ist aus Buckenhofers deshalb nicht akzeptabel. Gleichwohl kritisierte der Städtetags-Geschäftsführer in dem Zusammenhang die CSU. Die Partei habe bis zuletzt die Vorgaben für Gewerbegebiete gelockert und so den Flächenverbrauch angeheizt. Außerdem kann sich der Städtetag mit schärferen gesetzlichen Vorgaben anfreunden, etwa einem Vorkaufsrecht der Kommunen für innerörtliche Brachflächen oder einer schärferen Besteuerung von Grundstücken, auf denen Baurecht besteht, das aber nicht genutzt wird. Der VdW wies auf den immensen Wohnungsbedarf hin. "Bayernweit müssten 70 000 Wohnungen pro Jahr errichtet werden, um ihn zu decken", sagte Verbandsdirektor Hans Maier. Diese Zahl könne man nicht durch Nachverdichtung erreichen. "Zum Siedlungsbau am Orts- oder Stadtrand gibt es oft keine Alternative", erklärte Maier.

Derweil hat das Volksbegehren einen weiteren Unterstützer gewonnen. Das Katholische Landvolk Bayern (KLB), dem bayernweit 14 000 Familien angehören, bekennt sich nun zu der Initiative der Grünen. "Der immense Druck auf die Natur und die Landschaft machen uns schon seit Langem große Sorgen, letztlich geht es ja um die Schöpfung", sagte KLB-Geschäftsführer Martin Wagner. "Deshalb ist es jetzt an der Zeit, nach außen zu gehen und offen für das Volksbegehren einzutreten." Auch die Katholische Landjugend (KLJB), die Jugendorganisation des KLB, will sich mit ihren 26 000 Mitgliedern dem Volksbegehren anschließen. "Wir bereiten einen entsprechenden Beschluss für unsre Landesversammlung vor", sagte KLJB-Sprecher Heiko Tammena.

Der Grünen-Fraktionschef und Initiator des Volksbegehrens, Ludwig Hartmann, wies die Vorwürfe von SPD, Städtetag und VdW zurück. "Es ist unredlich zu sagen, unser Volksbegehren würde den Kommunen die Entwicklungsmöglichkeiten abschneiden", sagt Hartmann. "Fünf Hektar am Tag reichen völlig aus, um den Bedarf an neuem Bauland zu decken, man muss nur intelligent planen und bauen."All die Instrumente, welche die SPD, der Städtetag und die anderen Gegner des Volksbegehrens wieder präsentierten, seien bisher stets wirkungslos verpufft. "Deshalb brauchen wir die Obergrenze", sagte Hartmann. In Bezug auf das Bekenntnis des Katholischen Landvolks zu dem Volksbegehren betonte er: "Die Bevölkerung hat das verstanden, das zeigt der große Zuspruch zu unserer Initiative."

© SZ vom 09.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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