Naturschutz:Berchtesgadener Bartgeier sollen wieder Zuwachs bekommen

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Die Community wächst: Im Frühsommer sollen wieder junge Bartgeier im Nationalpark Berchtesgaden ausgewildert werden - zum vierten Mal. Ihre Artgenossen ziehen inzwischen quer durch die Alpen. In den winterlichen Bergen helfen ihnen Lawinen beim Überleben.

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Berchtesgaden (dpa/lby) - Die Bartgeier im Nationalpark Berchtesgaden sollen im Frühjahr erneut Zuwachs bekommen. Der Naturschutzverband LBV will auch im nächsten Jahr wieder zwei Bartgeier dort auswildern - zum vierten Mal.

Erst im April werde klar sein, woher die neuen Bartgeier kommen, „aber wir haben die Zusicherung vom Zuchtprogramm, dass wir wieder zwei junge Vögel bekommen“, sagte der LBV-Bartgeier-Experte Toni Wegscheider der Deutschen Presse-Agentur. An 42 Orten in Europa werden im Rahmen des europäischen Projekts Bartgeier gezüchtet, unter anderem in Zoos.

Die „Neuen“ sollen in dieselbe schwer zugängliche Auswilderungsnische gebracht werden wie in den Vorjahren ihre Artgenossen. Dort werden sie gefüttert und müssen erst einmal fliegen lernen. Ende Mai oder Anfang Juni soll das geschehen, wie Ulrich Brendel, stellvertretender Leiter des Nationalparks Berchtesgaden, sagte. „Voraussetzung dafür ist natürlich ein gleichbleibend hoher Zuchterfolg in den mehr als 40 europäischen Zuchtstationen. Wir drücken die Daumen und die ersten Vorbereitungen laufen bereits.“

Die ersten ausgewilderten Geier - Bavaria und Wally - kamen 2021 aus Spanien, ebenso ihre Nachfolgerinnen Dagmar und Recka: Dagmar ist die Cousine von Bavaria und Recka die Schwester von Wally, die als einziges Tier nicht überlebte. Sie wurde von einem Stein erschlagen. Sisi und Nepomuk - das erste Männchen, das ausgewildert wurde - kamen 2023 aus Österreich dazu. „Es läuft sehr gut, die Vögel entwickeln sich prächtig. Wir haben keinen Grund zu Sorge“, sagte Wegscheider.

Im Optimalfall schließen sich nach Brendels Worten die noch jungen Vögel Sisi und Nepomuk in den kommenden Wochen anderen Bartgeiern an, um den Winter in den Alpen leichter zu überstehen. „Ganz nach dem Prinzip: Viele Augen finden mehr Nahrung als nur zwei.“

Während für andere Wildtiere der Spätwinter die schwierigste Zeit ist, weil sie bereits entkräftet sind und wenig Nahrung finden, wird es für Aasfresser wie Bartgeier leichter. Nicht zuletzt Lawinen bringen ihnen Nahrung. In jeder dritten Lawine sei mindestens eine Gams, erläuterte Wegscheider.

Zahlreiche Fans verfolgen die Flüge der Geier im Internet. Im Winter wird das allerdings schwieriger: Bei trübem Wetter und kurzen Tagen sinkt die Akku-Leistung der über Solarzellen gespeisten GPS-Sender.

Im Jahr 2023 besuchten drei unbekannte Bartgeier das Gebiet rund um den Nationalpark, wahrscheinlich allesamt Wildvögel. „Dieser Effekt des Auswilderungsprojekts nennt sich „soziale Attraktion“ und war von uns so erhofft“, sagte Brendel. „Bartgeier wirken wie Magnete auf Artgenossen, sie ziehen sich gegenseitig an.“ So werde das Auswilderungsgebiet interessant auch für andere Bartgeier.

Im Jahr 2023 seien in den Alpen 49 junge Bartgeier in freier Wildbahn geschlüpft. „Das ist ein neuer Rekord“, sagte Brendel. Wenn es bei dieser Entwicklung bleibe, könne das Wiederansiedlungsprojekt im Alpenraum in einigen Jahren abgeschlossen werden.

Bartgeier waren 140 Jahre lang in Deutschland ausgerottet. Seit 2021 werden sie im Nationalpark Berchtesgaden wieder angesiedelt. Auch andernorts in den Alpen gibt es Auswilderungsprojekte. Die Tiere zählen mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt.

© dpa-infocom, dpa:231230-99-445104/2

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