Nürnberg:Verfahren gegen Tatjana Gsell wird wieder aufgenommen

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15 Jahre ist es her, dass Tatjana Gsell in Nürnberg vor Gericht stand - nun wird das Verfahren teilweise wieder aufgenommen. (Foto: dpa/dpaweb)

Die Witwe des Nürnberger Schönheitschirurgen Franz Gsell war 2004 unter anderem wegen versuchten Versicherungsmissbrauchs und Vortäuschens einer Straftat verurteilt worden.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

In einem der komplexesten Fälle der bayerischen Rechtshistorie hat das frühere Model Tatjana Gsell einen Erfolg erstritten. Ihr Verfahren wird nach 15 Jahren zum Teil wiederaufgenommen. Das hat das Landgericht Nürnberg-Fürth beschlossen. 2004 war Gsell unter anderem wegen versuchten Versicherungsmissbrauchs und Vortäuschens einer Straftat verurteilt worden. Das Amtsgericht Nürnberg hatte es als erwiesen angesehen, dass Gsell - damals Ehefrau des Schönheitschirurgen Franz Gsell - beabsichtigt hatte, eine Limousine an Autoschieber zu verkaufen und einen Überfall zu inszenieren. Für diese beiden Punkte ordnete das Landgericht nun eine Wiederaufnahme an. Bestehen bleibt dagegen eine Verurteilung wegen versuchten Betrugs. Weil sie diverse Gegenstände als gestohlen gemeldet habe, hatte das Amtsgericht dafür 2004 eine Einzelstrafe von zwölf Monaten verhängt.

Eine spektakuläre Wende erfuhr das Verfahren vor fünf Jahren. 2014 hatte das Nürnberger Landgericht zwei Männer wegen Raubs mit Todesfolge zu je elf Jahren verurteilt. Sie hatten gestanden, 2003 ins Anwesen der Gsells eingestiegen zu sein. Dabei seien sie vom Hausherren erwischt worden und hätten diesen niedergeschlagen. Zuvor hatten genetische Spuren zur Villa in Erlenstegen geführt. Ins Wanken geriet dadurch aber das Urteil von 2004 gegen Tatjana Gsell. Damals war das Gericht davon ausgegangen, dass ein inszenierter Überfall außer Kontrolle geraten sei und zum Tod von Franz Gsell geführt habe.

Aufgrund des Urteils von 2014 stellte Tatjana Gsell einen Wiederaufnahmeantrag. Das Amtsgericht Fürth aber verwarf diesen 2017. Trotz der Verurteilung zweier Männer zu Raub mit Todesfolge seien die Taten, wegen derer Tatjana Gsell verurteilt worden war, nicht ausgeschlossen; auch seien Gsells "Geständniswiderrufe" nicht hinreichend nachvollziehbar, begründete das Gericht. Dagegen legte Gsell Beschwerde ein. Diese hatte nun Erfolg. Es sei ausreichend wahrscheinlich, dass am Abend des 5. Januar 2003 ein Überfall auf Franz Gsell stattgefunden habe, dieser also nicht vorgetäuscht war, erklärt das Landgericht. Die Akten - im Teilbereich Tatjana Gsell allein 6000 Blatt - werden nun ans Amtsgericht Fürth zurückgesandt. Ob ihr Verfahren nochmals in Gänze vor Gericht aufgerollt wird, ist offen.

© SZ vom 03.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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