Bildung in Bayern:Privatschule am Ammersee kämpft um ihre Zukunft

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In der Sudbury Schule Ammersee wurde nur zwei Jahre lang unterrichtet. Seitdem kämpft die Schule darum, die Genehmigung zurückzuerhalten. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Zwei Jahre Unterricht ohne Noten und ohne Druck, dann war Schluss: Der Sudbury Schule wurde die Schulgenehmigung entzogen, seither will sie diese wiederhaben. Jetzt entscheidet der Verwaltungsgerichtshof.

Von Maximilian Gerl

Eine Schule ohne Zensuren und Zeugnisse, ohne Druck und Lehrplan - und ohne Schulgenehmigung: Über diese streiten der Freistaat und der Verein hinter der Sudbury Schule Ammersee in Reichling (Landkreis Landsberg am Lech) seit Jahren. Nun könnte zumindest der Prozess vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München zu Ende gehen. Der 7. Senat hat in seiner Verhandlung am Dienstag eine schriftliche Entscheidung angekündigt.

Der Prozess um die Privatschule am Ammersee hat beinahe Symbolcharakter, zumindest für viele, die alternative Schulkonzepte in Bayern voranbringen wollen. Nur zwei Jahre lang, von 2014 bis 2016, war die Sudbury Schule Ammersee für Grund- und Mittelschüler geöffnet. Sie selbst nennt sich demokratisch. Vereinfacht lehnt es die aus den USA stammende Sudbery-Bewegung ab, Leistungen mit Noten oder Beurteilungen zu bewerten. Stattdessen bestimmten die Kinder in der Schule am Ammersee selbst, was sie wann lernen wollten. Davon war jedoch die Regierung von Oberbayern nicht überzeugt und verlängerte die befristete Genehmigung nicht. Seitdem streiten beide Seiten darüber, ob es für die Schule nicht doch weitergehen könnte. Und inwiefern die dort vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten gleichwertig sind zu denen an einer öffentlichen Schule.

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Darauf verwies am Dienstag auch die Vorsitzende Richterin Mechthild Klein zu Beginn der Verhandlung: Trotz Privatschulfreiheit müssten die Schülerinnen und Schüler gewisse "Mindeststandards" erfüllen, wie sie der bayerische Lehrplan und die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz vorsähen. Hierzu hatte man ein Gutachten über das pädagogische Konzept der Sudbury Schule in Auftrag gegeben. Doch mit einem Fazit tat sich der Sachverständige nach eigenen Worten schwer. In dem Konzept sei er auf Passagen gestoßen, die in seinen Augen widersprüchlich wirkten, sagte Thomas Eberle, Professor für Schulpädagogik an der Universität Erlangen-Nürnberg.

So heiße es im Konzept, dass die Lernverantwortung allein bei den Schülern liege. Lehrkräfte sollten den Kindern nur auf deren Nachfrage hin Feedback geben. Aber was sei mit jenen Schülern, die sich mit dem Selberlernen schwer täten? Eberle konnte zwar den aufgeführten Ideen nach eigener Aussage viel abgewinnen. Aber aus seiner Sicht würden zum Teil Kompetenzen vorausgesetzt, die eigentlich erst in der Schule erworben werden müssten.

Begleitet wurden die Ausführungen von Gemurmel aus den Zuschauerrängen, Kommentare wie "völliger Unsinn" zählten noch zu den netteren. Das Verhältnis der Prozessbeteiligten darf schon angesichts der langen Vorgeschichte als angespannt gelten.

Die Vertreter der Schule widersprachen dem Gutachten - und zählten unter anderem die positiven Erfahrungen auf, die man in den zwei Jahren Schulbetrieb gesammelt habe. Mehrere Schüler hätten demnach den Quali in der neunten Klasse geschafft. Die Lehrkräfte spielten im Schulalltag eine große Rolle. Zum Beispiel unterstützten sie die Kinder, gäben Anleitung zum selbständigen Lernen, hätten eine Vorbildfunktion und hielten für Praktika den Kontakt zu Unternehmen. Die Devise: "Kein Schüler wird allein gelassen." Insgesamt sei das Konzept durchaus vergleichbar mit dem, wie man es von anderen Privatschulen kenne.

Inwiefern der 7. Senat diese Einwände zählen lassen wird, ist nun die große Frage. Zumindest Richterin Klein konnte sich gegen Ende des Verhandlungstags des Eindrucks nicht erwehren, dass es im Konzept "an der einen Stelle so" stehe und dann in der Praxis ganz anders gehandhabt werde. Die Schulvertreter stellten dennoch den Antrag, der Sudbury Schule Ammersee die Genehmigung zu erteilen. Eine Entscheidung darüber fiel am Dienstag nicht: Sie wird den Beteiligten innerhalb der nächsten Wochen postalisch zugestellt.

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