Strengere Gesetze nach Familienaffäre:Freie Wähler stoppen Aiwanger

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Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger im bayerischen Landtag. (Foto: dpa)

Die Verwandtenaffäre hat das Ansehen des Bayerischen Landtags stark beschädigt. Nun soll das Abgeordnetengesetz drastisch verschärft werden, da sind sich ausnahmsweise alle einig. Diskussionen gab es nur bei den Freien Wählern. Medienberichte sorgen jetzt für zusätzlichen Wirbel.

Der Landtag wird das Verbot der Verwandtenbeschäftigung nun doch mit den Stimmen aller fünf Fraktionen verabschieden. Die Freien Wähler (FW) haben am Donnerstagmittag ihren Fraktionschef Hubert Aiwanger gestoppt, der am Vorabend noch mit einem Nein gedroht hatte - während sich die Spitzen von CSU, SPD, Grünen und FDP bereits auf eine Regelung geeinigt hatten.

"Es zeichnet sich ab, dass wir mit Ja stimmen", sagte FW-Generalsekretär Michael Piazolo nach einer erregten fraktionsinternen Aussprache auf dem Landtagsflur. "Für uns ist wichtig, dass es ein gemeinsames Zeichen des Parlaments gibt." Die Abstimmung ist für den Nachmittag geplant.

Mit dem neuen Abgeordnetengesetz will der Landtag die Verwandtenaffäre entschärfen. Aiwanger geht die geplante Verschärfung aber zu weit - der Fraktionschef hatte vor einem "Riesenberufsverbot für Tausende von Leuten" gewarnt. Noch kurz vor dem Kurswechsel seiner Fraktion machte Aiwanger in Fernsehinterviews verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetz geltend.

Künftig sollen Abgeordnete keine Familienmitglieder bis zum vierten Verwandtschaftsgrad auf Staatskosten einstellen können - das sind Cousinen und Vettern. Ursprünglich war nur ein Verbot bis zum dritten Verwandtschaftsgrad geplant. Außerdem sollen Abgeordnete auch keine Familienmitglieder anderer Abgeordneter bis zum dritten Verwandtschaftsgrad einstellen dürfen.

Gibt es doch 34 schwarze Schafe?

Die Politiker hoffen, mit einer gemeinsam Verabschiedung des Gesetzes, das Ansehen des Landtags wieder zu heben. So fanden bereits den ganzen Mittwoch über Debatten und Besprechungen im Maximilianeum statt. Zudem begann der bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) hat mit seiner angekündigten Überprüfung der Ausgaben des Landtags für die 187 Abgeordneten. Insgesamt 79 Landtagsabgeordnete hatten seit dem Jahr 2000 Ehefrauen oder Kinder als Bürohilfen angeheuert. Dies war nach bayerischem Abgeordnetengesetz rechtens, hat aber trotzdem eine Welle der Empörung ausgelöst.

Nach derzeitigem Kenntnisstand waren unter den 79 Abgeordneten nur zwei, die möglicherweise gegen Rechtsvorschriften verstoßen haben: der frühere CSU-Fraktionschef Georg Schmid und Georg Winter, der frühere Vorsitzende des Haushaltsausschusses. Allerdings sorgte die Abendzeitung nun für neuen Wirbel: Einem Bericht zufolge sollen 34 Landtagsabgeordnete im Jahr 2000 noch Familienmitglieder eingestellt haben - als bereits klar war, dass die Beschäftigung von Verwandten Ende 2000 verboten werden würde. Stimmen diese Angaben, so hatten Ende 1999 nur 45 Landtagsabgeordnete Verwandte eingestellt - Ende 2000 waren es dann 79.

Somit steht nun der Verdacht im Raum, dass die 34 Abgeordneten bewusst die Übergangsfrist genutzt haben könnten, obwohl die Beschäftigung von Verwandten damals eingeschränkt werden sollte. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) lehnte eine Veröffentlichung der Namen am Donnerstag mit dem Argument ab, dies sei relevant für die derzeitige Überprüfung des Landtagsamts durch den ORH.

Ebenfalls nicht veröffentlicht werden soll, wie viel Geld die fünf Kabinettsmitglieder an die Staats- beziehungsweise Landtagskasse zurückgezahlt haben, die nach ihrer Berufung ins Kabinett noch ihre Ehefrauen beziehungsweise Schwester beschäftigt hatten. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte in den vergangenen Wochen mehrfach Transparenz zugesagt. "Ich halte es für plausibel, dass der Rechnungshof zuerst prüft", sagte Seehofer. Er sei nicht das Landtagsamt. "Ich bin nicht im Besitz der Akten, der Informationen."

An diesem Nachmittag geht es im Landtag auch um die künftigen Regeln für die Veröffentlichung von Nebeneinkünften. Einigkeit besteht darin, dass Verstöße gegen die Veröffentlichungspflicht künftig hart bestraft werden können. Wenn ein Abgeordneter falsche Angaben über die Höhe seiner Einkünfte macht, kann ihm die Hälfte seiner jährlichen Diäten gestrichen werden. Diskutiert wird noch, wie genau das Einkommen künftig offen gelegt werden muss.

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