Seehofers P1-Party in München:Wenn einer eine Party macht, ...

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... dann kann er was erleben. Zumindest wenn es sich um die erste "Facebook-Feier" von Horst Seehofer in der Münchner Nobel-Disco P1 handelt. Der CSU-Chef hat mit der Einladung zwar seine Facebook-Fans verdoppelt, doch die Christsozialen wirken ein wenig überfordert.

Frank Müller und Mike Szymanski

Es ist erst ein paar Wochen her, da hatte Horst Seehofer auf Facebook gut 5000 Fans. Jetzt sind es knappe 10.000, und der Zuwachs zeigt, dass das alte Prinzip der Freibierpolitik auch in modernen Zeiten funktioniert. Mit einem Gratisgetränk wurden in Bayern schon manches Festzelt gefüllt und manche Veranstaltung gerettet.

CSU-Chef Horst Seehofer lädt zur Facebook-Party in die Münchner Nobeldisco P1. (Foto: picture alliance / dpa)

An diesem Dienstagabend lockt der CSU-Chef seine Online-Anhänger in den Münchner Club P1. Und geboten ist nicht nur ein kostenloser Drink, sondern das Versprechen einer bundesweiten Premiere. Es handele sich um die erste "Facebook-Party" eines deutschen Politikers überhaupt, versichert die CSU. Der schon seit Tagen anhaltende Vorfeldrummel spricht dafür, dass es richtig voll und wirklich turbulent wird. Die Online-Community rennt dem computermäßig noch eher aus der Zeit von DOS und Disketten stammenden Seehofer die Bude ein - das sind die Bilder, welche die CSU im Piratenzeitalter gerne transportieren möchte.

Dabei macht es ihr auch nichts aus, dass es bei einigen Details ein wenig knirscht. Das P1 hat mit den Piraten außer dem Anfangsbuchstaben herzlich wenig gemein, es ist dafür von jeher ein beliebter Treff der Jungen Union. Auch der Begriff "Facebook-Party" ist unscharf. Zuletzt machten unter dieser Bezeichnung aus dem Ruder laufende Feste von Halbwüchsigen Schlagzeilen. Die wollten über das soziale Netzwerk mitunter nur ihre Freunde zum Geburtstag einladen und posteten dann die Ankündigung versehentlich öffentlich, so dass jeder sie sehen konnte. Das Resultat waren uneingeladene Massen an Feierwütigen, Randale und Polizeieinsätze.

Exzesse dieser Art fürchtet die CSU für diesen Dienstag nicht. Selbst der für die Sicherheit verantwortliche Innenminister Joachim Herrmann meldete sich am Montag am Rande einer Sitzung des CSU-Vorstands zu Wort. Er habe keine Sorge, dass die Feier gesprengt werde, sagte Herrmann. "Wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter, wenn sich so viele Menschen versammeln", sagte auch Seehofer.

"Ich will da kein Risiko eingehen." Vorsorglich ließ die CSU schon am Freitagabend die Gästeliste beim Stand von 2561 Zusagen schließen. "Möglichst viele von euch" wolle er "persönlich kennenlernen", hatte es noch im Einladungstext auf Facebook geheißen. Als dann die Fanzahlen und die Anmeldungen in die Höhe schossen, war am Freitag Schluss mit lustig: "Leider müssen wir ab jetzt einen Einlassstopp machen, da die räumlichen Kapazitäten des P1 ausgeschöpft sind." Das Partygelände wurde auf die umliegenden Parkplätze erweitert, dort gibt es alkoholfreie Getränke.

Was dann im P1 von 20 Uhr an genau geschieht, wusste Seehofer am Montag auch noch nicht hundertprozentig. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich morgen eine Rede halte", sagte er nach der CSU-Vorstandssitzung. "Ich nehme mir viel Zeit, die Zeiten sind vorbei, wo man die Leute mit langen Reden berieseln konnte." Die Resonanz sei "überwältigend", sagte der Ministerpräsident. "Das zeigt, wie wichtig es ist, Facebook ernst zu nehmen." Wenn man was aus der Wahlniederlage von 2008 lerne, so Seehofer, dann "dass wir nicht auf der Höhe der Zeit waren".

Das soll jetzt anders werden. Generalstabsmäßig wird im CSU-Hauptquartier am Erscheinungsbild der Partei im Internet gearbeitet. Es ist das große Projekt von Generalsekretär Alexander Dobrindt. Im Raum 317, zweiter Stock der Landesleitung, hat er seine Einsatzzentrale eingerichtet. Ein enger Raum, vollgestellt mit modernsten Rechnern und Großbildschirmen. Wann immer die CSU im Internet auftaucht, auf Nachrichtenportalen oder in sozialen Netzwerken, hier kann Dobrindt sich das anzeigen lassen. Er hat eine Software angeschafft, die ihm sogar verrät, welcher CSU-Politiker gerade wie präsent im Internet ist. "Internet-War-Room" nennen Parteifreunde Dobrindts neues Spielzeug. Dobrindt selbst glaubt, dass die nächsten Wahlen im Internet entschieden werden. Am Montag schaute Seehofer selbst dort vorbei, um die Stimmungslage für seine Party zu erkunden.

Dass über ihn geredet wird, hat Seehofer jetzt schon erreicht, zum Missfallen der Konkurrenz bei SPD und Grünen. Die Piraten dagegen nehmen die Party locker, Landeschef Stefan Körner hat sein Kommen angekündigt. Und inkognito wollen auch Genossen vorbeischauen. Unter den Normaleingeladenen auf Facebook dagegen gibt es eine Flut von Kommentaren, der die Partei erkennbar nicht Herr wird. Immer wieder bitten User um eine Bestätigung ihrer Anmeldung oder äußern Fragen - die offizielle Resonanz fällt spärlich aus. Die meisten allerdings wollen ohnehin nur ihre Meinung loswerden.

Das Spektrum ist breit, Rechtschreibung ist dabei Sekundärtugend: "Ich finde es gut das sie einfach auch nur mal mensch sind", schreibt eine Userin. "Hoffen wir mal, dass die Party von den Diäten dieses Herrn bezahlt werden und ordentlich sufwütige Chaoten dort aufschlagen", formuliert ein anderer. "Wie ist man nur auf das P1 gekommen?", wird gefragt, und die ebenfalls auf Facebook präsente "Oide Wiesn" bietet an: "Lieber Horst Seehofer, verlegens die Party doch einfach auf die Theresienwiese dann koennen alle kommen die wollen. Zudem stehen dort zwei Bierzelte (vom Fuehlingsfest das heute endet)".

Immer wieder gibt es auch Mutmaßungen, der Steuerzahler müsse die Party bezahlen, was so nicht stimmt. Seehofer lädt natürlich nicht als Ministerpräsident ein, sondern als CSU-Chef. Manche haben trotzdem noch Fragen: "Und wer zahlt den polizeieinsatz für die Party??? hoffentlich nicht wir Steuerzahler."

"Wir tun alles, dass sich der Sicherheitsaufwand in überschaubaren Grenzen hält", versprach Seehofer dazu am Montag. Auf Facebook dagegen schwieg er sich aus. Erst im vergangenen Herbst hatte der CSU-Chef sein Profil freigeschaltet, mit einer großen Inszenierung auf einem Parteitag in Nürnberg. Da drückte er symbolisch einen Knopf und war online. Wirklich selbst geschrieben hat er seitdem wohl keinen einzigen Beitrag. Dafür gebe es Mitarbeiter, räumt er ein, und daran gebe es auch nichts auszusetzen. Seine Briefe schreibe er schließlich auch nicht selbst.

© SZ vom 08.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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