Unlängst war er eine Woche lang in Prag beim Weltkongress der Gästeführer. Und er konnte sein neues Glück kaum fassen. "Das war einzigartig", erzählt Sebastian Frankenberger. "Vom ersten Tag an herrschte da eine friedliche und freundschaftliche Stimmung, die Amerikaner haben neben den Iranern auf den Tischen getanzt und gemeinsam ,New York, New York' gesungen." Diese rauschende Abschluss-Party, "das ist schon was ganz anderes, als vor einer Handvoll Menschen in irgendeinem Hinterzimmer eine Rede zu halten."
Das sagt ausgerechnet einer, der zuletzt nach eigenen Angaben 80 Stunden pro Woche als Politiker aktiv war? Ja, Sebastian Frankenberger, der ehemalige Bundesvorsitzende der Ökologisch-Demokratischen Partei und Initiator des bayerischen Rauchverbots, will ab sofort mit Parteipolitik nichts mehr zu tun haben. Diese Woche hat er schriftlich seinen Austritt aus der ÖDP erklärt - und auch seinen Rückzug aus dem Landesvorstand des Vereins "Mehr Demokratie". "Ich will mich künftig auf mein Unternehmen konzentrieren", sagt der 33-Jährige. Zudem plant er die Gründung einer weiteren Firma, und Ende Februar kandidiert er für einen Sitz in der Wirtschaftskammer Oberösterreich.
Sebastian Frankenberger:"Ich gönne mir jetzt eine Auszeit"
Die Scheidung ist besiegelt: Sebastian Frankenberger war der Mann, der 2010 das Volksbegehren zum Nichtraucherschutz in Bayern initiierte. Nun zieht er sich aus der Politik zurück - und begründet das damit, wie in der ÖDP mit ihm umgegangen wird.
"Mobbing auf unmöglichem Niveau"
Ein Mann erfindet sich neu. Diese Umorientierung vollzieht er nicht still und leise. Sondern, wie es nun mal seine Art ist, mit einigem Getöse: In einem zweiseitigen offenen Brief rechnet er in deutlichen Worten mit der ÖDP ab. Er schreibt von "Mobbing auf unmöglichem Niveau" und kündigt an, rechtliche Schritte gegen eine Person zu prüfen, "die behauptet, ich sei psychisch krank". Die letzten Jahre seiner vierjährigen Amtszeit waren wohl nicht immer ein Spaß. Frankenberger: "Ich habe den Kopf hingehalten, viel runtergeschluckt und eine große Last auf den Schultern getragen." Seit seiner überraschenden und für ihn enttäuschenden Abwahl als Bundesvorsitzender Ende 2014 gehe es ihm "gesundheitlich viel besser", sagt er. "Ich genieße mein neues Leben, mir geht es so gut wie noch nie."
Dieses neue Leben wird sich künftig verstärkt außerhalb Deutschlands abspielen: Demnächst tritt er bei der Wahl zur Wirtschaftskammer Oberösterreich auf der ÖVP-nahen Wirtschaftsbund-Liste an. Auf Platz vier ist ihm der Sprung in das Gremium kaum zu nehmen. "Ich werde dann der Obmann der oberösterreichischen Fremdenführer sein." Frankenberger ist seit 2006 staatlich anerkannter "Austria Guide". 2010 gründete er seine Firma Stadt-Lux, die interaktive und pädagogische Führungen anbietet. Dabei tritt er mitunter selbst in historischen Kostümen auf. Die Firma mit vier Mitarbeitern sitzt in Passau, doch die meisten Führungen finden in Österreich statt. Manchmal ist er sogar in Tschechien oder der Slowakei unterwegs.
Er will Schülern das Reflektieren beibringen
Mittelfristig will er auf der Donau sogar bis nach Budapest oder noch weiter reisen. Unter dem Arbeitstitel "Donau-Guide" entwickelt er derzeit speziell für Kreuzfahrt-Passagiere Angebote. Zudem plant er, Führungen mit Smartphones und Tablets anzubieten. "Als Stadtrallye für Schüler oder auch, um älteren Menschen den Umgang mit der Technik beizubringen."
Er überlegt kurz, dann sagt er: "Bislang habe ich versucht, die Gesellschaft von oben zu ändern, künftig werde ich es von unten probieren." Er wolle versuchen, Schülern das Reflektieren beizubringen. "Der Gast ist der größte Friedensbotschafter." In diesen Momenten wird deutlich, dass Frankenberger noch immer ein politisch denkender Mensch ist, mit Idealen und großem Sendungsbewusstsein. Damit eckte er oft an. Nicht nur als das Gesicht des "Volksbegehrens Nichtraucherschutz" bei Rauchern und Wirten, sondern auch in der eigenen Partei. Und jetzt geht der langhaarige Raucher-Schreck aus dem Piefke-Land also nach Österreich - kann das überhaupt gut gehen? "Ich wurde gefragt, ob ich kandidieren will", berichtet Frankenberger lachend, "Da habe ich sofort zugesagt. Für einen Deutschen ist das ja eine große Ehre."
Für die Wirtschaftskammer tritt er als Parteifreier an
Derzeit wird in Österreich das Rauchverbot diskutiert, und so manches Medium brachte den Mister Rauchverbot damit sogleich in Verbindung. Frankenberger kann darüber nur lachen: "Diese Gesetzesinitiative kommt aus dem Ministerium, da braucht's mich gar nicht." Er betont, er wolle auch in Österreich keiner Partei beitreten. Für die Wirtschaftskammer tritt er als Parteifreier an. Der Sitz in dem Gremium ist ein Ehrenamt, auch deshalb steht Frankenberger derzeit vier bis fünf Tage pro Woche auf den Beinen. "Ab Mai bin ich dann jeden Tag unterwegs", kündigt er an. "Dafür ist es Januar und Februar ruhiger." Er ist fest entschlossen, mit seiner Partnerin, zwei Hunden und zwei Katzen jene gewonnene Lebenszeit zu genießen, die er als Vollzeit-Politiker nicht hatte. "Ich gehe komplett raus aus der deutschen Politik und werde sie nicht mehr verfolgen. Ich brauche den Abstand, momentan reicht's mir mit Parteipolitik."
Dagegen freut er sich schon jetzt auf den nächsten Weltkongress der Gästeführer, der in zwei Jahren in Teheran stattfinden wird. "Beim Gala-Abend vor einer Woche in Prag haben sich alle Teilnehmer bei der Hand genommen und gesungen ,We are the world'", berichtet Frankenberger. "Von diesem Spirit könnte sich die Politik einiges abschauen."