Schwarz-Grün wird nichts:Vergebliche Mühe

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Hätte gern weiterverhandelt: Ludwig Hartmann von den Grünen. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Grüne hätten gerne mit der CSU weiterverhandelt und kritisieren vergebene Chancen für Bayern

Von Lisa Schnell, München

Die Herbstferien hatte sich Ludwig Hartmann schon mal freigehalten für Verhandlungen mit der CSU, vielleicht auch für die bei ihrem TV-Duell vereinbarte gemeinsame Wanderung mit Ministerpräsident Markus Söder. Ins Ammergebirge wollte der Spitzenkandidat der Grünen im Wahlkampf mit ihm, jetzt wird es eine Wanderung ohne den Ministerpräsidenten. Die CSU will den Weg, den sie mit den Grünen in der ersten Sondierungsrunde betreten hatte, nicht weitergehen. Hartmann dagegen hätte schon noch einen Schritt gewagt.

"Ich wäre bereit gewesen, in eine nächste Runde zu gehen", sagt Hartmann am Donnerstag: "Ein starkes Land kann auch einen schwierigen Weg gehen." Dafür aber brauche es Mut. Mut, das plakatierten die Grünen im Wahlkampf, von Mut sprechen sie jetzt in fast jedem Satz. Sie hätten ihn gehabt, Söder nicht. "Dem Land hat man eine Chance geraubt", sagt Hartmann und redet von der Spaltung der Gesellschaft, einem ökologischen Aufbruch und dem Gegensatz zwischen Stadt und Land, den ein Bündnis aus der auf dem Land starken CSU und den in den Städten erfolgreichen Grünen hätte zusammenführen können.

Gemeinsamkeiten hätte es durchaus gegeben, etwa bei der Mobilität oder der Kinderbetreuung. Selbst in der ideologisch aufgeheizten Debatte um eine Gemeinschaftsschule konnte Hartmann in den Verhandlungen einen gemeinsamen Weg erkennen, sagt er. Im Ziel, Schulen auf dem Dorf zu erhalten, seien sich Grüne und CSU ja einig. Die Grünen plädierten für eine Öffnungsklausel für Kommunen, um ihnen den Weg für eine Gemeinschaftsschule zu ermöglichen. Auch wenn sich in der CSU vielen alleine bei dem Wort "Gemeinschaftsschule" die Haare aufstellen, meint Hartmann: "Das wäre kein No-Go gewesen."

Der Wille bei den Grünen, nach Gemeinsamkeiten zu suchen, war hoch, natürlich nicht, um der Macht willen, sondern wegen des Wählerwillens. "1,2 Millionen Menschen haben einen Veränderungswunsch", sagt Katharina Schulze, die mit Hartmann zusammen den Wahlkampf anführte. "Deshalb haben wir hart gefightet", sagt sie, übersetzt: hart gekämpft. Nicht nur ihre Sprechweise ist für einige in der CSU gewöhnungsbedürftig, auch ihre Ansichten in der inneren Sicherheit. Die Grünen wollen die gerade erst von Söder eingeführte Grenzpolizei abschaffen, genau wie die Änderungen im umstrittenen Polizeiaufgabengesetz. "Nachbessern", sagt Hartmann vorsichtig, da schaltet sich Schulze ein: "Das Gesetz ist verfassungswidrig!" Große Differenzen habe es auch in der Umweltpolitik gegeben. Die CSU etwa sei nicht bereit gewesen, die 10-H-Abstandsregelung für Windräder aufzuweichen, hätte beim Umweltschutz nur auf Freiwilligkeit gesetzt.

Große Differenzen, aber auch eine große Freundlichkeit, so fasst es Hartmann zusammen. Für den zukünftigen Umgang im Landtag sei so ein Kennenlernen positiv, sagt der Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig, bisher sei die Auseinandersetzung eher so gelaufen: Er ballt die Hände zur Faust, lässt sie aufeinanderkrachen. Freundlich vielleicht, aber auch "knallhart". So kündigt es Hartmann an. "Wir sind die zweitstärkste Kraft. Wir werden eine laute Stimme sein im Landtag", sagt Katharina Schulze, deren "laute Stimme" in diesem Moment von dem Getöse eines Hubschraubers übertönt wird. Gut zu hören ist ihr Jubel, mit dem sie die neuen grünen Abgeordneten begrüßt, die gerade ihre Schnuppertour im Landtag bekommen.

So eine Koalition hätte ja auch Risiken gehabt, sagt die neue Abgeordnete Gülseren Demirel. Die Zerreißprobe, die manche befürchteten, bleibt den Grünen jetzt erspart. Und Hartmann kann in den Urlaub fahren, ob Berge oder Toskana, das entscheidet er am Abend mit seinem Sohn. Er hat ja jetzt Zeit.

© SZ vom 19.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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