Schmuggel mit Alkohol:Kreative Umwege

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Lange ermittelt: Die Menge der sichergestellten Alkoholika ist beträchtlich. (Foto: dpa)

7000 Liter Wodka, 24.000 Flaschen Wein und Prosecco: Eine internationale Bande schmuggelte Alkohol zwischen Deutschland und Italien - jetzt hat der Zoll sie ausgehoben.

Von Florian Fuchs

Die bayerischen und italienischen Zollfahnder verfolgten Lastwagen per Satellitenüberwachung, hörten Telefone ab und kontrollierte E-Mail-Konten, sie observierten Lager und kamen schließlich auch durch fehlende Reifenspuren im Schnee auf die richtige Fährte.

Nun, mehr als ein Jahr nach Beginn der Untersuchungen, haben die Ermittler eine internationale Bande ausgehoben, die Alkohol zwischen Italien und Deutschland schmuggelte: Der Steuerschaden in beiden Ländern beträgt knapp zehn Millionen Euro, mehr als eine Million Liter Spirituosen verkaufte die Bande in Bayern und anderen Bundesländern - 21 Italiener und Deutsche im Alter zwischen 21 und 62 Jahren sitzen nun in Haft. Beschuldigt sind auch italienische Zollbeamte, die Ware gegen Bestechungsgeld falsch abgestempelt haben sollen.

"Die Täter sind sehr kreativ vorgegangen", sagt Martin Villgrater, der für den italienischen Zoll arbeitet und zur Vorstellung der Ermittlungsergebnisse zusammen mit zwei Kolleginnen am Dienstag extra nach München gereist war. Demnach fuhren die Schmuggler den Alkohol mit Lastwagen aus Italien nach Deutschland - ganz legal, mit korrekten Frachtpapieren.

Eigentlich, schildert Christine Seibert, die für das Zollfahndungsamt München die Ermittlungen leitete, hätte die Ware dann in Bayern in sogenannte Steuerlager eingeliefert werden sollen. Erst wenn die Ware von dort an Händler verkauft wird, fallen Steuern an. Die Bande aber umging diesen Schritt und verkaufte den Alkohol - Wodka, Rum, Grappa und andere Sorten - direkt an Zwischenhändler, 60 Cent billiger je Flasche als die Konkurrenz. Die Täter tauschten dafür die Frachtpapiere aus und gaukelten den Händlern so vor, steuerfreie deutsche Ware zu verkaufen.

7000 Liter Wodka

Die deutschen Zöllner kamen der Bande im Juni 2011 auf die Spur, weil Kollegen aus Großbritannien Unstimmigkeiten bei einer Firma im mittelfränkischen Georgensgmünd meldeten. Ein Lastwagen des Unternehmens hatte hinter einer Tarnladung Teigwaren mehrere Paletten Wein nach Großbritannien gefahren. Die Untersuchungen ergaben, dass die Firma zwar auf dem Papier einen regen Warenverkehr mit Italien haben sollte. Im Lager aber kamen so gut wie nie Lastwagen an, was die Fahnder unter anderem an nicht vorhandenen Reifenspuren im Schnee bemerkten.

In Absprache mit der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hörten die Ermittler 60 Telefonanschlüsse ab. So kamen sie darauf, wie die Täter das Problem mit ihrem dem Papier nach vollen Steuerlager lösten: Unter anderem fuhren sie den fiktiv gelagerten Alkohol nach Albanien aus. Tatsächlich hatten sie Zöllner in Bari bestochen, die nur entsprechende Papiere ausstellten.

Bei Durchsuchungen von mehr als 30 Wohn- und Geschäftsadressen im vergangenen Oktober stellten mehr als 200 Zöllner allein in Deutschland 7000 Liter Wodka, 24.000 Flaschen Wein und Prosecco sowie Bargeld und Schecks im Wert von 70.000 Euro sicher. In Italien beschlagnahmten die Behörden Bankkonten und Firmen im Wert von knapp fünf Millionen Euro. "Die Täter", sagt die Zoll-Ermittlerin Christine Seibert, "konnten sich ein angenehmes Leben leisten." Nun müssen sie mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren rechnen.

© SZ vom 19.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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